Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
ich werde es euch erklären. Der König – möge er allzeit leben – hat einen brillanten Plan ersonnen, um den Nadirüberfällen Einhalt zu gebieten, jetzt und in Zukunft. Ihr seid als Geiseln hier, um sicherzustellen, daß eure Väter sich benehmen. Darüber hinaus werdet ihr in den Jahren bei uns lernen, euch zivilisiert zu betragen, was gute Manieren und korrektes Verhalten ausmacht. Ihr werdet lesen lernen, debattieren, denken. Ihr werdet Dichtkunst und Literatur studieren, Mathematik und Kartographie. Ihr werdet auch in den Kriegskünsten unterrichtet, lernt das Wesen von Strategie, Logistik und Befehlshaberei. Kurz gesagt, ihr werdet Kadetten und dann Offiziere in der großen Gothir-Armee.« Er wandte sich an die beiden Offiziere, die die Jungen hergebracht hatten. »Ihr könnt jetzt gehen und euch den Reisestaub abwaschen. Ich habe diesen … Kadetten noch ein paar Worte zu sagen.«
Als die Offiziere gegangen waren und die Tür hinter ihnen ins Schloß gefallen war, baute sich der Krieger direkt vor den Jungen auf. Er überragte Okai hünenhaft. »Was ihr gerade gehört habt, ihr mistfressenden Affen, ist die
offizielle
Begrüßung in der Akademie von Bodacas. Ich bin Gargan, Graf von Larness, und die meisten meiner Narben stammen aus Kämpfen mit eurer elenden Rasse. Ich habe die meiste Zeit meines Lebens damit verbracht, Nadir-Abschaum zu töten. Man kann euch nichts beibringen, weil ihr nicht menschlich seid, genauso gut könnte man versuchen, einem Hund das Flötespielen beizubringen. Diese Torheit entspringt dem wirren Hirn eines senilen alten Mannes, aber wenn er stirbt, wird diese Dummheit mit ihm sterben. Bis zu diesem gesegneten Tag arbeitet hart, denn die Peitsche wartet auf jeden, der träge oder dumm ist. Jetzt geht runter, ein Kadett erwartet euch. Er bringt euch zum Quartiermeister, der euch mit Tunika und Stiefeln ausrüstet.«
Talisman wurde in die Gegenwart zurückgerissen, als er Zhusai hinter sich hörte. Er öffnete die Augen und lächelte. »Heute müssen wir vorsichtig sein. Dein Großvater sagt, dieses Gebiet wird von einer Gruppe Keistas kontrolliert, die sich Knochenbrecher nennen. Wenn möglich, möchte ich ihnen nicht begegnen.«
»Weißt du, warum sie Knochenbrecher heißen?« fragte sie.
»Ich zweifle, daß es etwas mit philanthropischen Studien zu tun hat«, antwortete er und ging an ihr vorbei zu den Ponys.
»Philanthropischen Studien?« wiederholte Zhusai. »Was für eine Sorte Nadir bist du eigentlich?«
»Ich bin der Hund, der Flöte spielt«, erklärte er, während er den Sattelgurt straff zog und sich auf den Rücken seines Ponys schwang.
Den größten Teil des Vormittags ritten sie und hielten gegen Mittag an einem Wasserlauf, um zu rasten und ein Mahl aus kaltem Fleisch und Käse zu sich zu nehmen. Sie hatten keine Reiter gesehen, aber Talisman hatte frische Spuren entdeckt, und einmal waren sie auf Pferdeäpfel gestoßen, die noch feucht waren. »Drei Krieger«, sagte Talisman. »Sie sind vor uns.«
»Das ist äußerst beunruhigend. Ist es nicht möglich, daß es einfache Reisende sind?«
»Möglich – aber nicht wahrscheinlich. Sie haben keinen Proviant dabei, und sie machen sich nicht die Mühe, ihre Spuren zu verbergen. Wir werden sie umgehen, wenn wir können.«
»Ich habe zwei Wurfmesser – eins in jedem Stiefel, Herr«, sagte sie mit einer Neigung des Kopfes. »Ich kann gut mit ihnen umgehen. Obwohl ich natürlich«, setzte sie eilig hinzu, »keinen Zweifel daran hege, daß ein Krieger wie du mühelos drei Keistas töten kann.«
Talisman verdaute die Information. »Ich werde über das, was du gesagt hast, nachdenken, aber ich hoffe, Blutvergießen wird nicht nötig sein. Ich will es mit Reden versuchen. Ich möchte keinen Nadir töten.«
Zhusai verneigte sich erneut. »Ich bin sicher, Herr, daß du dir einen guten Plan ausdenkst.«
Talisman zog den Korken aus der Wasserflasche und nippte, dann ließ er die warme Flüssigkeit im Mund kreisen. Nach Chorin-Tsus Karte lag die nächste Wasserstelle einen halben Tagesritt im Osten, dort wollte er ihr Lager aufschlagen, wenn ihm auch der Gedanke kam, daß die Keistas wahrscheinlich ähnlich dachten. Er reichte Zhusai die Wasserflasche und wartete, während sie trank. Dann nahm er die Flasche mit zu den angepflockten Ponys und rieb ihnen mit einem angefeuchteten Tuch Staub und Sand von den Nüstern. Er kehrte zu Zhusai zurück und hockte sich vor ihr hin. »Ich nehme dein Angebot an«, sagte er. »Aber
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