Die dritte Ebene
hatte, den Sicherheitsmann in ein Gespräch zu verwickeln, dann wäre sie schon wieder herausgekommen. Beinahe zwei Minuten wartete er im Schatten der Pappel. Dann schwang er sich behände auf den unteren Ast des Baums. Gekonnt kletterte er dem Baumgipfel entgegen, bis er mit den Füßen Halt auf dem kleinen Balkonvorsprung fand, den er sich von unten als Ziel auserkoren hatte. Mit einem letzten Kraftakt, der ihm den Schweiß aus den Poren trieb, schwang er sich über das Geländer. Rasch tauchte er hinter der Balkonumrandung ab. Vorsichtig spähte er durch die Glastür in die Wohnung.
Das Zimmer war leer, keine Bewegung war zu erkennen. Wenn er zuvor den Plan bei den Aufzügen richtig entschlüsselt hatte, dann musste er sich auf dem Balkon befinden, der zu Waynes Wohnung gehörte. Er drückte gegen die Tür, doch sie gab nicht nach. Er wandte sich dem Fenster zu. Es war ein Schiebefenster mit einer einfachen Verriegelung. Mit einem Griff in die Hosentasche holte er sein Taschenmesser hervor. Dann schob er die Klinge unter dem Fenster hindurch; zweimal verfehlte er den Sicherungsriegel, doch beim dritten Mal klappte der metallene Bolzen zurück und gab das Fenster frei. Brian richtete sich auf und schob den Fensterrahmen in die Höhe. Abgestandene Luft, durchzogen von einem süßlichen Aroma, schlug ihm entgegen, als er sich über das Sims ins Innere des Raums stemmte. Brian sog noch einmal frische Luft ein, ehe er weiterging. Das geschmackvoll eingerichtete Wohnzimmer war in einem unordentlichen Zustand. Papiere lagen auf dem Boden, und am Schrank waren einige Schubladen geöffnet. Sie waren offenbar durchwühlt worden. Brian betrat den Flur. Je weiter er in die Wohnung eindrang, desto aufdringlicher wurde der Geruch. Brian hielt sich die Nase zu, warf einen Blick ins Schlafzimmer.
Dort traf er auf die gleiche Unordnung wie im Wohnzimmer. Was war hier geschehen? Hatte ein Einbrecher die Wohnung heimgesucht?
Als er sich dem Badezimmer näherte, stockte ihm der Atem. Eine Hand war in der halb geöffneten Tür zu erkennen. Der Gestank steigerte sich ins Unerträgliche. Brian stürzte zur Tür und schob sie auf. Vor ihm lag der Körper eines Mannes. Brian schluckte. Angewidert wandte er den Blick ab. Doch dann riss er sich zusammen, zwang sich, in das Gesicht des Mannes zu blicken, an dem bereits deutliche Spuren der beginnenden Verwesung zu erkennen waren.
»Wayne!«, stieß Brian hervor und strich sich mit der Hand über das Gesicht. »Um Gottes willen!«
»Und wenn wir über die Delaware Avenue fahren?«, fragte Suzannah und warf einen nervösen Blick auf ihre Armbanduhr.
»Miss, Sie können auch über die Delaware fahren, aber die 120 bringt Sie direkt hinüber nach Brookmont, und von dort aus ist es nur noch ein Katzensprung bis nach Rockville.«
»Ich habe aber gehört, dass es um diese Zeit dort viel Verkehr geben soll?« Suzannah gingen allmählich die Fragen aus, und der massige Kerl vor ihr wurde zunehmend ungeduldiger.
»Wo gibt es in dieser Stadt keinen Verkehr«, antwortete der uniformierte Sicherheitsmann seufzend.
»Also gut«, sagte Suzannah. »Die 120 bis nach Brokmount und dann nach Nordosten abbiegen.«
»Der Ort heißt Brookmont, und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe noch zu tun«, erwiderte der Sicherheitsmann grimmig. Er wandte sich um, doch Suzannah hielt ihn am Ärmel fest. »Was denn noch?«
»Und wie fahren wir am besten von hier aus nach Camp Springs?«
Der Wachmann riss sich los. »Mit dem Bus.« Er wandte sich um.
Suzannah biss sich auf die Lippen. Sieben Minuten waren vergangen, sie hoffte, dass die Zeit für Brian ausreichend war.
»Danke vielmals!«, rief Suzannah dem bulligen Mann nach. »Und entschuldigen Sie meine penetrante Art, aber ich habe einen miserablen Orientierungssinn und kann mir Wegbeschreibungen einfach schlecht merken. Da frage ich lieber noch mal nach.«
»Schon gut, Missie«, knurrte der Uniformierte und nahm hinter dem Empfangstresen Platz. Im nächsten Moment fuhr er auf. »Verdammtes Pack!«, fluchte er.
Suzannah machte auf dem Absatz kehrt und schoss wie ein Pfeil durch die Tür nach draußen. Das laute Fluchen des Wachmannes folgte ihr hinaus in den Sonnenschein.
National Hurricane Center, Miami
Cliff Sebastian war nach seiner Verabschiedung aus dem Krisenstab des Innenministeriums nicht zurück nach Boulder geflogen, sondern hatte die Maschine nach Miami bestiegen. Er wollte sich vor Ort überzeugen, wie groß das Ausmaß der
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