Die dritte Ebene
lassen. Wagner war zufrieden. In einer Ansprache sagte er den Geschädigten des Wirbelsturms finanzielle Hilfe zu und verteufelte öffentlich die zögerlichen Warnmeldungen der Wetterdienste und die viel zu spät eingeleiteten Evakuierungsmaßnahmen in der Stadt. Er persönlich werde die Untersuchung in dieser Sache leiten und jeden zur Verantwortung ziehen, der diese Katastrophe mit zu verantworten hatte. Markige Worte und große Gesten. Wagner freute sich über die Entschlossenheit, die der Präsident bei seinen öffentlichen Auftritten an den Tag legte. Mit diesen Auftritten wäre der Prestigeverlust, der sich zuletzt in den Umfragen gezeigt hatte, bestimmt auszugleichen, wenn nicht sogar in das Gegenteil zu verkehren.
Doch egal, wo der Präsident auftrat, egal, wie er sich darstellte und mit wem er sich präsentierte, The Big Easy blieb für die nächsten Monate eine tote Stadt. Eine Stadt, die sich zu nahe an das Wasser gewagt hatte. Und die Menschen hatten ihren Preis dafür bezahlt. Über die Hälfte der Bewohner hatte ihr Leben eingebüßt.
Normandale, Ontario, Kanada
Homer hatte die Hände vor die Augen geschlagen und saß stumm auf seinem Stuhl in der Küche. Eine solch haarsträubende Geschichte, wie sie ihm Brian gerade aufgetischt hatte, war ihm noch nie untergekommen.
»Jetzt weißt du alles«, sagte Brian. »Wenn du mir nicht glaubst, dann werden wir einfach wieder verschwinden. Gib uns eine Viertelstunde, dann ruf die Polizei. Das ist alles, was ich von dir verlange.«
Homer nahm die Hände herab, erhob sich und ging zum Fenster. Er schaute hinaus. Hinter den grünen Wiesen glitzerte das Wasser des Eriesees. »Ich glaube dir«, sagte er. »Ihr könnt oben schlafen. Aber früher oder später werden sie auch zu mir kommen und nach euch suchen.«
Brian seufzte. »Ich weiß.«
»Was habt ihr vor?«
Brian zuckte mit den Schultern. »Ich habe keinen blassen Schimmer. Aber wir haben nur eine Chance, wenn wir den wahren Mörder finden.«
»Und wie willst du das anstellen?«
»Wayne Chang muss bei seinen Nachforschungen etwas entdeckt haben, das jemandem so gefährlich werden könnte, dass er ihn dafür töten würde.«
Homer wandte sich um. »Aber wie konnte derjenige von Changs Entdeckung etwas wissen?«
»Er muss es von Wayne selbst erfahren haben«, antwortete Brian. »Oder …«
»Oder?«
»Oder er hat Wayne längst schon überwacht.«
Homer setzte sich wieder auf seinen Stuhl. »Ich bin zwar nur ein altmodischer Farmer, der sich mit Viehzucht über Wasser hält, aber mittlerweile geht es auch in unserem Gewerbe nicht mehr ganz ohne Technik. Ich habe einen Computer mit Internetanschluss und trage ständig ein Mobiltelefon mit mir herum. Die Viehmärkte sind weit entfernt, und die Schlachtviehauktion findet auch nicht mehr jeden Monat in Brantford statt. Mittlerweile verkaufen wir über Internet, deswegen musste auch ich dazulernen. Ich habe in der Anfangsphase mein Lehrgeld gezahlt, das kannst du mir glauben. Es ist offenbar nicht besonders schwer, jemanden auszuspähen. Das tun inzwischen sogar die Kids in der Grundschule. Vielleicht ist sein System überwacht worden?«
Brian starrte auf den Küchenboden und überlegte.
Suzannah betrat die Küche und lächelte Homer unsicher an.
»Ich hoffe, das Kabel passt!«, meinte Homer.
»Es funktioniert, vielen Dank«, sagte Suzannah.
»Sie können natürlich auch gern mein Telefon benutzen, wenn Sie Ihre Schwester anrufen wollen.«
Brian schüttelte den Kopf. »Das ist nicht besonders klug. Erinnere dich an deine Kreditkarte. Wenn Peggys Telefon überwacht wird, dann dauert es keine Minute, bis sie diesen Anschluss geortet haben.«
Homer nickte. »Brian hat recht, war keine gute Idee.«
»Mal angenommen, Waynes Telefon und E-Mail-Account wurden überwacht, und sie haben die Mails an mich gelesen, warum sind die Kerle dann nicht auch bei mir aufgetaucht!«, überlegte Brian.
»Weil in seinen Nachrichten keine detaillierten Ergebnisse standen und sie wussten, dass du nicht viel damit anfangen kannst?«
Brian schüttelte den Kopf. »Das wäre eine Möglichkeit. Es wäre aber auch möglich, dass sie meine E-Mail-Adresse nicht sofort entschlüsseln konnten. Ich benutze nur Buchstabenkürzel und habe außerdem einen französischen Provider.«
Die beiden spekulierten noch lange, wer hinter dem Schlamassel steckte, in das Brian und Suzannah geraten waren. Als es dämmerte, setzte sich Homer in den Wagen. Er hatte versprochen, hinüber nach Long
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