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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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fürchte ich, mit diesem unbedarften Lämmchen an der Spitze wird die Londoner Gesellschaft einen herben Rückschritt hinsichtlich Esprit und kulturellem Leben erfahren. Man sollte am besten auswandern! Wie die Damen bei der Krönung hinter ihren Fächern höchst empört erörterten, ziehen die Berater des Königshauses jetzt auch noch einen deutschen Prinzen als Gefährten der Königin in Erwägung. Einen gewissen Albert von Sachsen-Coburg. Er soll alles andere als ein lebenslustiger, weltoffener Mann sein, sondern vielmehr ein prinzipienergebener Langweiler, ein typischer Deutscher eben. Möge der Himmel so etwas verhüten, es wäre nicht auszudenken! Man kann nur auf Victorias Durchsetzungswillen in dieser Sache hoffen (sie scheint ihn nicht zu mögen – Gott sei Dank!). Immerhin hat sie ja bereits starken Willen gegenüber ihrer Mutter und diesem Conroy bewiesen bei dieser hinterhältigen Intrige, was ich ihr trotz aller Mängel ihre Person betreffend zu Gute halten mag.
    Überhaupt musst Du nicht allzu traurig sein, dass Du nicht dabei sein konntest. Alles in allem waren die fünf Stunden, die die Krönungszeremonie andauerte, doch recht ermüdend. Lediglich unsere Peers und Angehörigen des House of Lords hatten wieder einmal Gelegenheit, ihre Wichtigkeit mit todernster Miene zu demonstrieren. Wenn diese Männer wüssten, wie lächerlich sie in ihrer Gockelhaftigkeit sind! Allerdings mussten sie die bittere Medizin schlucken, dass sie diesmal durch die Angehörigen des Unterhauses bei der Vorführung ihrer Prächtigkeit gestört wurden. Die Abgeordneten konnten kaum stolzer sein  über ihr neu errungenes Privileg, der Krönung beiwohnen zu dürfen. Man stelle es sich nur vor, es waren gewöhnliche Kaufleute und einfache Bürger darunter! Es hat den Lords nicht behagt, das war unverkennbar.
    Auch Dein Onkel, der Earl of Branford, war wohl wenig erfreut. Deine Tante hat sich des Langen und Breiten darüber ausgelassen. (Ich war leider gezwungen, mir das unerträgliche Geschwätz Lady Branfords die meiste Zeit über anhören zu müssen, da sie in meiner Nähe auf der Empore saß.) Nun, vermutlich war sie so geschwätzig, um mögliche Fragen über das Fehlen ihrer älteren Tochter gar nicht erst aufkommen zu lassen. Diese sei plötzlich erkrankt, teilte sie auf Nachfragen ungewöhnlich einsilbig mit. Ich musste mir das Lachen verbeißen, da ich doch – dank Dir – wusste, dass eine »plötzliche Hanfunverträglichkeit« die Ursache war.
    Aber ich will Dich nicht mit weiteren Schilderungen der Feierlichkeiten ermüden oder gar enttäuschen. Tatsächlich waren die Tage der nachfolgenden Festivitäten sehr ausgelassen, zumindest diejenigen, bei denen die junge Königin nicht zugegen war. Sie achtet wohl übermäßig auf Moral und Anstand und ist durch jede noch so kleine Unschicklichkeit über die Maßen schockiert, wurde mir berichtet. Die armen Hofdamen können einem jetzt schon leidtun. [23]
    Ich selber habe mich dagegen sehr vergnügt. Lord Farnham war auch einige Male zugegen … Schade, dass Du nicht dabei sein konntest, aber vielleicht hätte das auch Mr Havisham weniger erfreut.
    Ich hoffe aber sehr, dass Du nach Deiner Eheschließung bald einmal wieder nach London kommst. Du wirst sehen, dass Du als verheiratete Frau weit mehr Möglichkeiten hast, zu tun und zu lassen, was Du willst. Nur widrige Umstände können eine verheiratete Frau von Stand davon abhalten, Gesellschaften und Feierlichkeiten zu besuchen, und dabei ist nicht einmal unbedingt die Begleitung ihres Gatten vonnöten. Ein solcher widriger Umstand hält mich nun von Deiner Hochzeit auf Whitefell fern. Es scheint wohl eine Art Fieber zu sein. Vielleicht habe ich mich in der letzten Zeit etwas übernommen. Ich kann es mir nicht recht erklären, aber es wird mir sicher bald wieder bessergehen und dann freue ich mich schon sehr auf Deinen Besuch hier in London.
    Meine liebe Isobel, nun bleibt mir nur noch, Dir für den wichtigen Schritt in den Stand der Ehe alles nur erdenklich Gute zu wünschen. Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass Du die Vorteile, die Dir aus dieser Verbindung – und auch aus Deinem neuen gesellschaftlichen Stand – erwachsen, ausgezeichnet zu nutzen wissen wirst. Schließlich bist Du die Tochter Deiner Mutter! Grüße bitte Deinen künftigen Gatten und auch Deinen Vater auf das Herzlichste von mir.

    Deine Dich liebende Freundin
    Jemina

    Etwas besänftigter legte Isobel das Schreiben wieder zurück. Das waren immerhin

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