Die dritte Sünde (German Edition)
denke, wir werden bald voneinander hören.« Green lächelte noch breiter und lud ihn dann ein, sich zu den anderen in die Runde zu setzen.
»Ach, Mr Green«, Havisham hielt seinen Gesprächspartner noch einmal zurück. Es war ihm wichtig, den Mann – nun, da er ihn einmal interessiert hatte – nicht vom Haken zu lassen. »Ich denke, es wäre sinnvoll, wenn wir die Planung der Dinge am besten noch einmal in Ruhe besprechen könnten. Ich fahre übermorgen zurück nach Whitefell, meinem Landsitz. Hätten Sie Interesse, mich zu begleiten? Ich könnte Ihnen bei dieser Gelegenheit auch meine reizende junge Gattin vorstellen, die eine Verwandte des Earls of Branford ist.«
»Tatsächlich? Sie sind mit einer Verwandten des Earls of Branford verheiratet? Hat seine jüngere Tochter nicht kürzlich Mr Fountley, den angehenden Baron of Tounton, geheiratet? Er gehört zwar nicht zu uns, steht aber den Ideen des Freihandels offenbar sehr aufgeschlossen gegenüber. Ein interessanter junger Mann, von dem man meines Erachtens noch hören wird. Nun, das ist ein überaus positiver Aspekt, gibt es doch seit einiger Zeit von beiden politischen Lagern Bestrebungen, einander näherzukommen. Selbstverständlich würde ich Ihre Gattin sehr gerne kennenlernen. Außerdem scheint es mir sinnvoll, vielleicht auch einen guten Bekannten von mir, Mr Armindale, dazuzubitten. Er könnte dann auch bald mit seinen Nachforschungen bezüglich Mr Bakers beginnen.«
Whitefell House, Wiltshire, 30. Oktober 1838
Kapitel 46
Es war empfindlich kalt geworden, die Nächte zeigten regelmäßig Temperaturen um den Gefrierpunkt und das Wetter verschlechterte sich zusehends. Zum Glück war die späte Ernte vollständig eingebracht und man beschäftigte sich auch auf Whitefell bereits mit dem Einlagern von Früchten, Gemüse und weiteren Vorräten für den Winter. Es wurde geschlachtet, Pökel- und Rauchfleisch für den Winter zubereitet und jede Menge Würste warteten darauf, gefüllt zu werden. Die Männer hatten inzwischen unter Finleys sachkundiger Anleitung auch im Waldgebiet im Westen Holz geschlagen. Es bestand erhöhter Bedarf, da die gelagerten Holzreserven Whitefells, besonders des Bauholzes, restlos erschöpft waren. Man hatte in letzter Zeit sogar noch von den Nachbargütern zukaufen müssen, da die Umbauarbeiten im Haus sich nun doch recht umfangreich gestaltet hatten. Über Wochen hatte man zusätzlich auch Handwerker und Künstler aus London beherbergen müssen. Auch Mr MacInroy, der Architekt, weilte wenigstens jede zweite Woche für einige Tage im Herrenhaus. Nun aber waren die Arbeiten endlich und zur allergrößten Erleichterung der Angestellten und Arbeiter auf dem Gut abgeschlossen. Es war doch sehr mühsam geworden, aber jetzt waren die ihnen von Mr Havisham wie selbstverständlich auferlegten zusätzlichen Arbeitsverpflichtungen, die allen letztlich recht schwergefallen waren, endlich Vergangenheit. Dieser Anlass sollte demnächst mit einem kleinen Fest unter den Angestellten in der dem Pferdestall angeschlossenen Scheune gefeiert werden, die mit dem Heu der weitflächigen Wiesen um Whitefell herum wohlgefüllt war. Die Herrschaften würden dem Fest allerdings nicht beiwohnen. Mrs Havisham plante stattdessen, Anfang Dezember einen Ball abzuhalten zur Feier der Renovierung und auch, um die Eheleute Havisham endlich der gehobenen Gesellschaft der Grafschaft als die neuen Herren Whitefells vorzustellen.
Isobel war mit dem Ergebnis der Umbauarbeiten, vor allem mit deren Umfang, sehr zufrieden. Sie hatte ihr privates großes Schlafzimmer mit eigenem Bade- und Ankleideraum, abgeteilt von den entsprechenden Räumen ihres Gatten, neue Möbel und sogar einen persönlichen Salon, in den sie sich zurückziehen konnte. Zudem war das meiste des Mobiliars ausgetauscht und die Decken waren – wie von Mr MacInroy vorgeschlagen – abgesenkt worden. Die Räume waren nun hell und modern gestaltet, und sie fühlte sich weit mehr als rechtmäßige Herrin des Hauses als noch vor einigen Wochen. Der Geist ihres Vaters war vollständig aus Whitefell getilgt. Sie weinte ihm keine Träne nach, wie sie auch kaum noch etwas von ihm hörte. Auch Havisham weilte immer öfter anderswo, kümmerte sich um die florierenden Geschäfte und neuerdings auch um seine politische Karriere, die er mit Verbissenheit verfolgte. Er ließ ihr mehr und mehr freie Hand. So war es ihr gelungen, ihm, da er nicht mehr so viel Interesse zu haben schien – weder an ihr noch an
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