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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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ihre Lippen. »Ich bin mir eigentlich fast sicher, dass er eine Deportation in die Kolonien nicht überleben würde. Allein die Gefängnisschiffe [29] in den Marschen müssen die Hölle sein. Wir wollen doch beide nicht, dass Billie solchen Unbilden ausgesetzt wird, nicht wahr?« Sie lächelte Cathy gewinnend zu. »Ich bin froh, dass wir das jetzt geklärt haben. Und nun solltest du mir flugs zur Hand gehen. Ich denke, das rote Seidenkleid wird die richtige Wahl sein für heute Abend, meinst du nicht?«
    ****
    Isobel hatte schon seit einiger Zeit das Zimmer verlassen, beeindruckend zurechtgemacht in ihrem schulterfreien roten Seidenkleid, das sie bevorzugte, wenn es galt, Eindruck zu machen, doch Cathy stand immer noch im Halbdämmer des Raumes. Sie konnte sich nicht rühren. Es war ihr, als hätte ihr jemand einen Dolch in die Brust gerammt. Nein, nicht jemand: Isobel war es gewesen. Cathy spürte vage, wie ihre Beine zu zittern begannen und sie nicht mehr tragen wollten. Bis eben hatte sie noch funktioniert und ihre Pflicht getan, weil sie keine andere Wahl hatte. Im nächsten Moment brach sie zusammen, vor Entsetzen am ganzen Körper bebend, unfähig sich dagegen zu wehren. Sie wusste nicht, was schlimmer war: die Drohung Isobels, Billie einem grausamen Schicksal zu überantworten, oder aber die Tatsache, dass Aaron und Isobel …
    Sie hatte es ja gewusst. Sie hatte die verräterischen Spuren an Isobels Kleidung bemerkt und eins und eins zusammengezählt, aber sie hatte die Wahrheit einfach von sich fortgeschoben. Es hatte ihr zu wehgetan. Doch nun konnte sie der Tatsache nicht mehr ausweichen: Aaron und Isobel schliefen miteinander – schon seit Monaten!
    Plötzlich breitete sich eine seltsame, fremde Taubheit unaufhaltsam in ihr aus und ließ nur noch einen Gedanken übrig: Sie musste Billie warnen. Das war das Einzige, was sie tun konnte. Es blieb ihr, wenn sie sich sehr beeilte, gerade genügend Zeit, schnell zum Hof ihrer Familie hinüberzulaufen, bevor Isobel wieder nach ihren Diensten verlangte. Mühsam rappelte sie sich auf und stürzte aus dem Zimmer.
    ****
    Draußen tobte ein kalter Herbststurm, riss an den Fensterläden und brachte die ersten Boten des Winters in Form von Regen durchmischt mit Schnee. Aaron lauschte unruhig auf die Geräusche draußen, auf jeden Laut, jeden Schritt im Haus, doch die Tür zur Küche öffnete sich nicht. Cathy war nicht zum Abendessen der Bediensteten in der Gesindeküche erschienen. Keiner wusste, wo sie war. Sie hatte sich nicht abgemeldet.
    Mrs Branagh zog in der für sie typischen Art ungehalten die Augenbrauen zusammen. »So geht das nicht weiter«, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Mrs Reed, die aber bestätigend nickte, und fuhr fort: »Nun ist es soweit, Cathy verletzt ihre Pflichten. Das war ja abzusehen! Ich werde morgen mit dem Herrn sprechen und darauf beharren, dass die Herrschaft Cathy aus ihren Diensten entlässt. Ich habe morgen früh ohnehin etwas Wichtiges mit ihm zu bereden. Vielleicht nimmt ihre Familie sie ja wieder auf oder aber sie kann anderswo als Magd unterkommen. Ich könnte vielleicht in Wilton House für sie um eine Stelle anfragen. Alles scheint mir besser, als wenn sie weiterhin unserer Mrs Havisham dient. Das Ganze war von Anfang an eine absurde Idee der jungen Herrin. Das konnte ja nicht gut gehen.«
    Aaron rutschte nervös auf der Bank am vollbesetzten Gesindetisch hin und her und zerbröselte sein Brot zwischen den Fingern, kaum darauf achtend, was er tat. Irgendetwas musste geschehen sein, da war er sich sicher. Schließlich hielt er es nicht mehr aus. »Mrs Branagh, ich glaube, wir sollten Cathy suchen gehen. Da stimmt etwas nicht, ich weiß es.«
    Mrs Branagh wandte sich erstaunt zu ihm um. »Wie kommst du darauf, Aaron? Hat sie dir etwa irgendetwas gesagt? Wo sie hinwollte, zum Beispiel?«
    »Nein!«, Aaron schüttelte den Kopf. »Aber ich habe so ein ungutes Gefühl.« Er biss sich beunruhigt auf die Lippen. »Sie war ohnehin so seltsam und verschlossen in letzter Zeit. Ich mache mir wirklich Sorgen.«
    »Uuh! Er macht sich Sorgen, unser Herr Stallmeister!«, tönte Emily, vorlaut und frech wie immer. Er hätte ihr am liebsten einen Hieb verpasst. »Die Heulsuse sitzt sicher wieder irgendwo herum und kritzelt in ihr geheimes Büchlein. Sie redet ja nicht mehr mit den gewöhnlichen Leuten!«, spottete sie abschätzig und erntete damit bei den anderen Mägden zustimmendes Gemurmel. Das Mitleid, das man für Cathy nach dem Angriff

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