Die dritte Sünde (German Edition)
ausgezeichnete Anlagen.« Wie er es vermutet hatte, leuchteten Greens Augen auf vor Begeisterung. Der Mann schien ein Pferdenarr zu sein. Armindale, braun, fast dunkel und von bis zur Zierlichkeit drahtiger Statur, trat, nachdem er als Letzter der Kutsche entstiegen war, dicht hinzu. »Dann wäre es doch eine gute Idee, vielleicht schon gleich einen Blick in die Stallungen zu werfen, bevor wir ins Haus gehen … meinen Sie nicht?«
»Tatsächlich! Eine ausgezeichnete Idee!«, trompetete Green und stürmte, kaum dass er das natürlich nur zu gern gegebene Einverständnis des Hausherrn in dessen Augen abgelesen hatte, in Richtung des Stalltors davon. Havisham und Armindale folgten ihm.
Begeistert blickte Green sich um. »Wahrhaftig, schöne Tiere haben Sie hier stehen! Der Braune da hinten ist ja ein prächtiges Reitpferd.« Havisham blickte etwas irritiert in die Richtung, in die Green wies. Für ihn waren Pferde ein Fortbewegungsmittel und allenfalls ein Spekulationsobjekt. Er hatte sich nie für die Vierbeiner in dem Maße erwärmen können, wie es so manche Gentlemen taten, bei denen es sich fast zur Manie auswuchs. Bei dem Braunen handelte es sich um den zugegebenermaßen äußerst edlen Herzog, das bevorzugte Reitpferd von Francis de Burgh, das dieser nicht ganz freiwillig – ebenso wie vieles andere – auf Whitefell zurückgelassen hatte.
»Wenn Sie möchten, können Sie gerne, wenn ich mich morgen mit Mr Armindale bespreche, einen Ausritt auf Herzog unternehmen, vorausgesetzt, die schlechte Witterung hält Sie nicht davon ab. Mein Stallmeister wird Sie begleiten.« Havisham sah sich suchend um. »Wo ist der Kerl überhaupt? Stutter!« Havishams kräftige Stimme schallte laut durch die Stallung.
»Verdammt!« Aaron hatte die Kutsche längst gehört und mühte sich, sich in fliegender Hast wieder anzuziehen. Isobel Havisham hatte es sich ausgerechnet heute in den Kopf gesetzt, ihre Gelüste in den Stallungen zu befriedigen. Dazu hatte sie das Heulager im hinteren Bereich der Scheune auserwählt, das über einen Durchgang mit den Pferdeställen verbunden war. Ungern hatte er sich darauf eingelassen, zu groß war die Gefahr einer unfreiwilligen Entdeckung durch einen anderen Knecht. Doch wie immer hatte sie sich durchgesetzt. Was hätte er ihr auch entgegenhalten sollen? Dass allerdings der Hausherr selbst nun unerwartet und viel zu früh im Stall stand und nach ihm verlangte, trieb Aaron den Angstschweiß auf die Stirn. Ungeduldig zerrte er an seiner Hose, fuhr in sein Hemd und warf sich seine warme Lammfelljoppe über. Isobel, nackt wie Gott sie schuf, schien keineswegs so beunruhigt wie er. Ganz im Gegenteil, sie genoss die plötzliche Gefahr geradezu, räkelte sich aufreizend im Heu und störte, indem sie ihm immer wieder mit ihrer Fußspitze dazwischenfuhr, Aarons hastige Bemühungen, seine Kleidung in einen annehmbaren Zustand zu bringen. »Lass das, Isobel!«, zischte er, »Jetzt hör’ endlich auf damit! Soll dein Mann uns etwa hier entdecken?« Isobel kicherte albern. »Na und?«, meinte sie leichthin und sah ihn mit einem übermütigen Funkeln in den Augen an. Verärgert wandte Aaron sich ab. Sie schien den Ernst der Situation nicht wirklich zu erfassen. Oder doch? Er war sich nicht sicher. Er wusste kaum zu sagen, was im Kopf der Herrin von Whitefell vor sich ging. Vielleicht reizte sie die Gefahr sogar.
»Stutter, zum Donnerwetter!« Wieder erschallte Havishams Ruf, diesmal schon erheblich ungeduldiger. Kurz erwog Aaron zu antworten, entschied sich dann aber dagegen. Das hätte womöglich auch Isobels Versteck verraten – und sie hatte noch nicht einmal etwas an! Eilends stürzte er nun, die Schnalle seines Gürtels im Laufen schließend, aus der Scheune in die Stallungen hinüber.
Mr Havisham war nicht allein. Zwei Gentlemen standen bei ihm und schauten dem herbeihastenden Gesuchten interessiert entgegen. Das süffisante Grinsen auf ihren Gesichtern verriet Aaron augenblicklich, dass es ihm nicht glücken würde, eine plausible Ausrede für sein Ausbleiben zu finden. Das Heu in seinen zerzausten Haaren und die unordentliche Kleidung sprachen leider unmissverständlich für sich. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er Havishams höchst erbosten Gesichtsausdruck bemerkte.
»Ich schätze es nicht, wenn mein Personal seinen Pflichten nicht nachkommt«, fuhr dieser Aaron an, bevor er noch den Mund aufmachen konnte. Aaron schoss es blitzartig durch den Kopf, dass Havishams Gattin ihrem
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