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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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Vater sprechen und wenn er mir nicht zuhören will, werde ich ihn dazu zwingen. Lass das nur meine Sorge sein! Ich werde schon herausfinden, was sie Billie zugesteckt hat, um ihn falsch anklagen zu können. Und dann werde ich es zurückgeben. Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten, Cathy!« Wieder nahm er sie in den Arm, zog sie an sich und streichelte sie sanft. Aaron seufzte. Das war in der Tat eine abscheuliche Sache, doch heute würde er sich auch nicht mehr zu Wycliff Thomson aufmachen können. Es war schon zu spät und der Regen rauschte nun in Strömen herunter, das Vieh musste auch noch versorgt werden. Die Angelegenheit musste wenigstens bis zum nächsten Tag warten. Und leider musste er sich vorher auch noch einmal Isobel, dieser Teufelin, widmen, alles andere wäre zu gefährlich. Er musste sie noch einmal in Sicherheit wiegen, bevor er endlich handeln und damit ihr perfide gedrechseltes Joch abwerfen konnte.

Trowbridge, 27. November 1838

Kapitel 58

    »Wen darf ich melden, Sir?« Der Butler nahm Mantel und Hut des frühen Besuchers mit gemessener, distanzierter Höflichkeit entgegen.
    Gewiss, es war noch etwas früh für einen Geschäftsbesuch, aber Havisham hatte nicht die Absicht, seine Zeit mit nutzlosem Auf- und Abgehen in den nicht eben inspirierenden Straßen von Trowbridge zu vertändeln. Die Stadt hatte wenig Anziehendes. Trotz ihrer herausgehobenen Stellung in Wiltshire sah man ihr an, dass sie durch die Industrieansiedlung zu schnell und in ungesundem Maße gewachsen war. Der ältere Stadtkern mit ansehnlichen, aber nicht zu reichen Häusern wurde verschandelt durch den herüberwehenden Schmutz der Industrieviertel, die sich wie ein wucherndes Geschwür an die westliche Flanke der Stadt drängten. Selbst hier waren die Fassaden geschwärzt vom Ruß der Fabriken. Auch Bakers Haus lag in der Nähe seines Fabrikgeländes, wie es bei den Industriellen üblich geworden war, außer sie waren so erfolgreich, dass sie den Betrieb einem Geschäftsführer überlassen und sich selbst ein größeres Haus auf dem Land oder aber in London leisten konnten. Wer lebte schon gern freiwillig in dieser rußgeschwängerten Luft, die den Atem reizte und die Augen beleidigte? Immerhin, die Arbeitersiedlung Bakers, durch die Havisham sich mit der Kutsche hatte fahren lassen, war neu und geräumiger, als es gemeinhin üblich war. Kein Vergleich zu den menschenunwürdigen Rattenlöchern, in denen die Arbeiter in den großen Industriezentren des Nordens hausten. Auch war man von der üblichen Anordnung der Arbeiterunterkünfte abgewichen und hatte die Häuser zwar nebeneinander gebaut, aber doch jedes mit ausreichend Platz um wenigstens etwas Tageslicht einzufangen. Eine Maßnahme, die, wie inzwischen von manchen Ärzten gemutmaßt wurde, der Gesundheit der Arbeiter förderlich war. Das wäre eine tatsächlich vernünftige Maßnahme, wenn der Wert eines Arbeiters insgesamt höher einzuschätzen wäre, sinnierte Havisham. Aber genau das war der offensichtliche Fehler in Bakers geschäftlicher Kalkulation, wie es den Anschein hatte. Wie konnte er sein Kapital in Arbeiterunterkünfte investieren und nicht in modernere Maschinen? Was für ein Narr! Der Wert eines Arbeiters war doch als eher marginal zu beziffern. Wuchsen nicht jeden Tag neue Anwärter auf die Arbeitsplätze in der Industrie nach, weil sie sich davon ein besseres Leben erhofften und vermehrten sich die einfachen Menschen nicht ohnehin wie die Kaninchen? An Arbeitern würde es nie mangeln! Außerdem versprachen die neuen Raum- und Kohle sparenden Dampfmaschinen, deren Leistung gegenüber der alten Niederdrucktechnik immerhin um zweihundert bis dreihundert Prozent gesteigert worden war [32] , zusammen mit den besser mechanisierten Webstühlen weiteren Profit. Nicht zuletzt deshalb, da das den Einsatz von teurer menschlicher Arbeitskraft reduzierte. Havisham straffte seine Schultern und lächelte selbstgefällig. Es würde ihm sicher ein Leichtes sein, Baker von der Notwendigkeit einer Investition in diesem Sinne zu überzeugen.
    Der Butler führte den Gast, nachdem Havisham ihm seine Karte gegeben und den ungefähren Grund seines Besuches genannt hatte, in einen gediegen eingerichteten Salon im hinteren Teil des Hauses. An diesen Salon schloss sich ein eisengefügtes Gebilde mit viel Glas an, das etliche Pflanzen und sogar einige Vögel in großen Volieren beherbergte und damit dem ungesunden Klima des Industrieviertels Hohn sprach. Eine blasse unscheinbare

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