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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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einen halb fertigen Brief an Green. Darin teilte Baker Green seinen Entschluss mit, Havisham die Kandidatur zu überlassen und mit sofortiger Wirkung von allen seinen Ämtern zurückzutreten, wenn Green ihm dafür glaubhaft versichern könne, dass sein Kontrahent von dem Plan abließe, seinen Sohn Rupert wegen dessen Lebenswandels vor Gericht zu bringen. Er sei sich der prekären Lage durchaus bewusst und hoffe, dass sich die Angelegenheit noch rechtzeitig abbiegen ließe. Havisham faltete das Schreiben kurzerhand zusammen und steckte es ein. So hatte er nun wirklich umfassend erreicht, was er wollte, doch seltsam: Die Befriedigung darüber schmeckte ausgesprochen schal. Er wandte sich wieder der Schwiegertochter Bakers zu, die langsam zu sich kam.
    »Geht es Ihnen besser?«, fragte er und bemühte sich ehrlich darum, sie sanft anzusprechen, um sie nicht noch mehr zu ängstigen.
    »Was …?«, stammelte sie verwirrt. Doch dann schien ihre Erinnerung zurückzukehren. Furchtsam starrte sie ihn an. »Mr Havisham …«, sie begann zu weinen, »bitte, tun Sie das nicht. Ich könnte es nicht ertragen … bitte!« Sie umklammerte seine Hand und schickte sich an, vor ihm auf die Knie zu fallen. Havisham umfasste kurzerhand ihren schlanken Körper und setzte sie mit Nachdruck wieder zurück auf den Sessel. Die ganze Sache war ihm mehr als unangenehm. »Madam, ich werde nichts dergleichen unternehmen. Ja, es stimmt, ich habe Mr Armindale beauftragt, Erkundigungen über die Umtriebe Ihres Gatten einzuziehen – eine Information, die Mr Armindale aufgebracht hat, nicht ich! Aber wie ich Ihnen bereits sagte: Ich hoffte doch sehr, Ihren Schwiegervater mit Mitteln der Vernunft zum Einlenken zu bewegen!« Das stimmte zwar nicht ganz, schließlich war es Green gewesen, der ihn davon abgehalten hatte, aber er scheute sich plötzlich, das zuzugeben.
    Wieder griff Mrs Baker flehentlich nach seiner Hand. Sie war immer noch sehr aufgeregt, geradezu außer sich. Angesichts der Konsequenzen, die ein solches Vorgehen auch für sie haben würde, auch nur zu verständlich, dachte Havisham. »Sie müssen es mir versprechen, Mr Havisham. Bitte … Sie dürfen Rupert nicht anzeigen. Die Dinge sind nicht, wie sie scheinen. Sie kennen Rupert nicht.«
    Havisham wunderte sich ein wenig darüber, dass ihr das Schicksal ihres Gatten, der ihr doch kein rechter Ehemann sein konnte, so am Herzen lag, aber dann sagte er mit Nachdruck: »Madam, ich versichere Ihnen, das wird nicht notwendig sein und ich werde es auch nicht tun. Die ganze Angelegenheit wird unser Geheimnis bleiben, versprochen!«
    »Oh … gut … Sie versprechen es, ja?«
    »Ich verspreche es!«
    Seine Worte schienen sie endlich zu beruhigen. Sie lehnte sich erschöpft im Sessel zurück und schloss die Augen. Ihre schmale weiße Hand, mit der sie nach der seinen gegriffen hatte, lag auf der dunklen Lehne des Sessels … zart wie ein abgefallenes Blütenblatt. Havisham schluckte trocken. Ein ungewohntes, überaus zärtliches Gefühl stieg in ihm auf. Er wusste nicht, was er tun, was er sagen sollte. Da betrat zum Glück Tom endlich wieder das Zimmer, ein Wasserglas und Riechsalz in der Hand. »Ich habe noch einmal nach dem Arzt schicken lassen«, japste er außer Atem, »wie geht es der Herrin?«
    »Oh, ich denke, schon besser«, meinte Havisham, sich krampfhaft um seine gewohnte Festigkeit in der Stimme bemühend. »Ich denke, es ist wohl besser, wenn ich ein andermal wiederkomme. Meine Angelegenheit hat sich ohnehin erledigt. Bestellen Sie Mr Baker die besten Genesungswünsche von mir und dass ich seine Erkrankung sehr bedaure. Sollte er Hilfe benötigen, kann er sich an mich wenden.« Dann verließ er leise den Raum.
    ****
    Isobel musterte ihren Gatten mit scharfem Blick. Er war gerade noch rechtzeitig zu ihrem gemeinsamen Frühstück heimgekehrt, auf das er nach wie vor großen Wert legte. Offenbar war dieses obligatorische Frühstück für ihn der Inbegriff eines geordneten Ehelebens. Was hatte er so früh schon zu tun gehabt? Nun, sie würde es wohl nicht erfahren, wie meistens. Er pflegte ihr in der Regel keine Auskünfte über seine Vorhaben zu erteilen, mit Ausnahme von Mitteilungen über Gesellschaften, die er geben wollte oder zu denen sie ihn zu begleiten hatte. Inzwischen war es ihr gleichgültig. Er gab ihr genügend Handgeld, um sich ihren Aufenthalt in London mit dem Besuch der exquisiteren Geschäftsstraßen angenehm zu gestalten, ansonsten kümmerte er sich nur noch wenig

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