Die dritte Sünde (German Edition)
um sie. Inzwischen hatten sie auch getrennte Schlafzimmer, obwohl sie – eingedenk der sinnreichen Ermahnungen Jeminas – sorgfältig darauf achtete, dass er wenigstens alle zwei bis drei Wochen einmal seinen ehelichen Pflichten nachkam. Zu ihrem Erstaunen bemerkte sie an diesem Morgen eine ungewohnte Rastlosigkeit an ihrem Gatten. Seltsam … sonst war er die abgeklärte Selbstsicherheit in Person. Ob die geplante Kandidatur sich zerschlagen hatte? Green hatte am Vorabend, nachdem die beiden Herren wieder zur Gesellschaft zurückgekehrt waren, recht blass und beunruhigt gewirkt. Sie beschloss, ihren Ehemann nun doch zu fragen.
»Havisham, mein Lieber, du wirkst heute Morgen etwas unkonzentriert«, sagte sie in beiläufigem Ton. Der Angesprochene schrak buchstäblich zusammen, fing sich dann aber bemerkenswert schnell wieder. »Wie …?« Dann langte er, wie üblich, nach der morgendlichen Wirtschaftszeitung, der er sich wie jeden Tag ausgiebig widmete, und schlug diese demonstrativ auf. Offenbar war ihm nicht an einem Gespräch gelegen. Sonst störte sie das nicht, sie hatten sich ohnehin nicht viel zu sagen, doch heute ließ sie nicht locker. »Ich habe den Eindruck, dass dich irgendetwas beunruhigt. Sollte ich als dein Eheweib nicht Anteil nehmen an dem, was dich bewegt?«
Er sah sie erstaunt an. »Ich dachte nicht, dass dich das interessiert, meine Liebe«, bemerkte er spöttisch.
»Oh, Havisham, du tust mir unrecht!« Sie sah ihn mit gekränkter Unschuld an. »Selbstverständlich interessiere ich mich dafür. Was macht zum Beispiel deine Kandidatur?«
»Gut, dass du es ansprichst!« Havisham räusperte sich, faltete die Zeitung entschlossen wieder zusammen und wandte ihr nun seine ganze Aufmerksamkeit zu. »Mr Baker ist schwer erkrankt und ist im Zuge dessen von all seinen Ämtern zurückgetreten. Ich werde mich im Laufe des Vormittags deshalb noch mit Green treffen. Meiner Kandidatur steht nun nichts mehr im Wege. Das bedeutet, dass wir in ungefähr vier Wochen wieder nach Whitefell übersiedeln werden. Das Haus hier in London werden wir natürlich weiter behalten. Wir werden wegen der notwendigen Wahlveranstaltungen in Wiltshire den Sommer über unseren Hauptsitz wieder in Whitefell zu nehmen. Ich werde dann vermutlich sehr oft unterwegs sein. Von Zeit zu Zeit wirst du mich auch begleiten. Wie du sicher weißt, muss ich versuchen, die wahlberechtigten Bürger für mich zu gewinnen. Das wird nicht einfach werden. Sie sind an Baker gewöhnt. Außerdem ist in letzter Zeit eine gewisse Tendenz hin zu den Tories zu bemerken. Die Whigs bangen ein wenig um ihre Wiederwahl im Herbst.«
»So? Dann hast du dein Ziel ja erreicht. Meinen Glückwunsch!«
»Vorläufig ja, meine Liebe! Ich hoffe, du wirst auch deinen Teil dazu beitragen, dass meine Kandidatur von Erfolg gekrönt wird. Ich erwarte, dass du dich für die Zeit des Wahlkampfes ohne Wenn und Aber an meine Seite stellst. Keine Eskapaden und vor allem keine Alleingänge mit dieser Lady Craven mehr! Ich wünsche nicht – ausdrücklich nicht! – dass du dich weiterhin mit dieser Person abgibst. Haben wir uns verstanden?«
»Das sagtest du bereits!«, giftete Isobel. »Hast du sonst noch irgendwelche Anweisungen für mich?«
Havisham sah sie kühl an. »Ich denke, eine Schwangerschaft stünde dir gut zu Gesicht. Es macht sich gut im Wahlkampf, wenn der Kandidat junges Familienglück für sich reklamieren kann.«
Isobel ließ spöttisch ein wenig Luft aus ihrem verächtlich verzogenen Mund entweichen. »Zweifellos bin ja nicht nur ich an dem Zustandekommen einer Schwangerschaft beteiligt. Du solltest dich vielleicht ein wenig konsequenter darum bemühen. Immerhin bist du nicht mehr der Jüngste. Möglicherweise fällt dir das Zeugen schwer.«
Befriedigt bemerkte sie, wie Ärger in ihm hochschoss. Es war ihr gelungen, ihn zu treffen. Kein Wunder – jeder Mann reagierte ungehalten, wenn man seine Zeugungskraft in Zweifel zog. Lächerlich!
Havisham schlug mit der Zeitung, die er gerade wieder aufgenommen hatte, erbost auf die Tischplatte. »Ich verbitte mir, dass du in diesem Ton mit mir sprichst, Isobel. Das hat hier und jetzt ein für alle Mal ein Ende. Ich denke, ich werde dich in Zukunft mehr disziplinieren müssen. Du tust gut daran, mich nicht mehr zu reizen. Das ist etwas, das ich keinesfalls schätze. Bisher habe ich, mit Rücksicht auf deine Jugend und Unerfahrenheit, noch Nachsicht walten lassen. Aber damit ist jetzt wirklich Schluss!«
»Was
Weitere Kostenlose Bücher