Die dritte Sünde (German Edition)
Winter gebracht hatten. Die Jungschweine entwickelten sich prächtig und Aaron wollte sie bald, zusammen mit einigen Lämmern, auf dem Markt in Salisbury verkaufen. Er versprach sich sicher zu Recht einen guten Gewinn davon. Überhaupt blühte Aaron als Pachtfarmer regelrecht auf. Sie sah es in seinen Augen, in der Spannkraft, mit der er seine Vorhaben anging. Er war inzwischen sehr beliebt in der Gemeinde, hatte sich die Anerkennung der alteingesessenen Farmer erarbeitet und schien sich wohlzufühlen. Und hatten sie nicht auch allen Grund dazu? Es war alles so viel besser geworden. Vor allem die Aussöhnung mit ihrer Familie hatte auch ihr selbst den Frieden zurückgegeben, den sie so viele Jahre vermisst hatte. Erst jetzt, da ihr Vater durch die Zuwendung und das Interesse, das er ihnen beiden entgegenbrachte, die Jahre des Schweigens wieder gutzumachen versuchte, fühlte sie, wie sehr ihr seine Liebe gefehlt hatte. Mit Ruby und dem kleinen Wycliff, die sie ebenfalls hin und wieder besuchten, verstand sie sich ohnehin gut. Mary war zwar immer noch zurückhaltend, aber kürzlich hatte sie ihr im Vertrauen erzählt, dass sie und ein junger Farmerssohn Gefallen aneinander gefunden hätten. Der würde wohl in einigen Jahren den Pachthof bei den drei Eichen westlich von Whitefell von seinem Vater übernehmen können – und so schien sich auch hier alles zum Guten zu wenden. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Vater etwas gegen eine Heirat Marys mit einem angehenden Pachtfarmer einzuwenden hätte.
Nur ein einziger Schmerz war ihr geblieben: Billie hasste sie nach wie vor, vielleicht stärker noch als früher. In seine verstockte Ablehnung hatte er nun auch Aaron mit eingeschlossen, den er dafür verantwortlich machte, dass der Vater ihn gezwungen hatte, das Schmuckstück der Herrin herauszugeben. Der hatte wieder und wieder versucht ihm das auszureden, aber Billie blieb stur. Er weigerte sich nach wie vor, mit ihr zu reden und rannte jedes Mal davon, wenn Aaron und sie einen Besuch auf dem Hof ihres Vaters machten. Es schnitt ihr ins Herz, aber es war nicht zu ändern. Was hatte Isobel ihm nur erzählt, dass er dieser so unverbrüchlich die Treue hielt? Die Frage bewegte sie erneut, aber sie wusste, dass es sinnlos war, weiter darüber nachzugrübeln. Er würde ihr keine Antwort geben und so war sie gezwungen, die Dinge so zu belassen, wie sie waren. Es war eben nicht zu ändern.
Mit raschem Schritt ging sie über den aufgeweichten Boden des Hofs hinüber zum Schweinepferch. Jetzt im Frühjahr waren die Tiere tagsüber draußen. Nachts achtete Aaron sorgfältig darauf, sie in den Stall zu sperren. Er hatte Angst, dass ihnen womöglich sonst eines davon abhanden kam. Auch in der Gegend um Little Langford nahmen die Diebstähle zu, seit immer mehr Menschen ihre Lebensgrundlage verloren. Die Not war allgegenwärtig. Im Vergleich dazu ging es ihnen wirklich gut. Sie hatten genug zu essen, ein Dach über dem Kopf und sie hatte sogar noch etwas von den zwanzig Pfund übrig, die ihr Isobel für den Winter und Aarons Versorgung gegeben hatte. Ohnehin hatte Aaron wütend darauf bestanden, das Geld – wenn überhaupt – dann für ihren gemeinsamen Bedarf und Neuanschaffungen für die Farm einzusetzen. Doch sie waren sparsam damit umgegangen. Es war gut, ein wenig Geld auf der Seite zu haben. Man konnte nie wissen …
Die Schweine drängten sich grunzend und quiekend um sie, ungeduldig die Schnauzen in den Eimer steckend, als sie das Gatter des Pferchs öffnete. Der Lärm war ohrenbetäubend. So bemerkte sie erst, als sie wieder aufsah, dass eine Reiterin in den Hof eingeritten war und sich eben von ihrem Reittier schwang. Es war Isobel.
Cathy fuhr der Schreck in die Glieder, lähmte sie fast. Doch dann gab sie sich einen Ruck. Die Zeiten, da ihr Isobel Havisham eine namenlose Furcht einflößte, sollten ein für alle Mal der Vergangenheit angehören. Das hatte sie sich geschworen, als Isobel damals an jenem denkwürdigen Nachmittag gehetzt und voller Angst vor Mr Havishams Zorn die Pennywood Farm verlassen hatte. Dieses Bild rief Cathy sich nun wieder in Erinnerung. Es gab ihr den Mut, der Herrin Whitefells entgegenzutreten. Sie verließ den Schweinepferch und verschloss das Gatter sorgfältig hinter sich. Isobel hatte sie ohnehin längst dort entdeckt. Doch als Cathy sich umwandte und auf sie zukam, erkannte Isobel ihren Zustand. Augenblicklich verzerrte sich die hochmütige Miene, die sie aufgesetzt hatte, zu
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