Die dritte Sünde (German Edition)
unerfahrenen Schimmel und dem jungen Stutter würde er zu verhindern wissen. Doch seine Besorgnis war unbegründet. Miss de Burgh verlangte von sich aus nach dem Braunen, ihrem braven und an seine Reiterin gewöhnten Wallach. Frederick wies Aaron mit einer entsprechenden Geste an, das Pferd für die junge Miss zu satteln und ging dann selbst davon, um den mehrstufigen Tritt zu holen, der es Isobel ermöglichte, ohne Schwierigkeiten bequem in den Sattel zu steigen.
Aaron hatte den Auftritt Miss de Burghs längst erwartet und war gespannt, wie sie nach dem pikanten und für sie wenig erfolgreichen Erlebnis im Wald agieren würde. Die junge Dame war offensichtlich fest entschlossen, ihn zu erobern und er würde ihr den Gefallen sicher auch irgendwann tun, aber eben noch nicht jetzt. Er würde noch ein wenig mit ihr spielen, das erhöhte den Reiz. Er kannte diese Spiele in allen Varianten. Sie war, weiß Gott, nicht die erste Frau, die es nach ihm verlangte, jedoch die erste aus derart vornehmen Verhältnissen.
Da sah er, dass Isobel de Burgh nicht allein war. Das Mädchen, dem er vor Kurzem in der Küche von Whitefell begegnet war, hatte sich wie ein Schatten hinter ihrer Herrin in die Stallungen geschoben und stand nun sichtlich verunsichert und mit großem Unbehagen an die Wandung der Pferdeställe gedrückt. Im Dämmer des Stalles wirkte ihre milchweiße Haut noch durchscheinender, als es neulich der Fall gewesen war. Sie war wirklich etwas Besonderes, obwohl sie sich alle Mühe gab, regelrecht unsichtbar zu werden.
Aaron hatte, nachdem das Mädchen neulich so plötzlich vor ihm weggelaufen war, versucht, Frederick nach ihr auszufragen, doch der hatte ihm nicht allzu viele Auskünfte geben können.
Die Tochter des Feldpflegers auf Whitefell sei sie, hatte Frederick ihm erklärt. Cathy Thomson sei ihr Name und sie sei schon seit gut fünf Jahren auf Whitefell, aber man sähe sie eigentlich nie außer Haus. Selbst die Mahlzeiten würde sie nicht mit dem Gesinde einnehmen. Eigentlich wüsste niemand in Whitefell so recht etwas mit ihr anzufangen. Sie sei, obwohl ja ein ausgesprochen hübsches Ding, übermäßig still und schüchtern. Die Mägde jedenfalls hielten sie für hochnäsig, vielleicht auch deshalb, weil Miss de Burgh einen Narren an ihr gefressen habe und sie ständig in ihrer Nähe haben wolle.
Allerdings, so hatte Frederick nach einer Weile sinnend angefügt, für hochnäsig halte er sie nun eigentlich nicht. Nein, das sei sie nicht! Irgendwie gebe es da wohl eine dunkle Geschichte mit ihrer Familie, denn ihr Vater habe seit fünf Jahren, obwohl er auf dem Grund Whitefells lebe, kein Wort mit ihr gewechselt, auch niemand von ihrer Verwandtschaft. Er habe das oft genug beobachtet und das Mädchen sei jedes Mal davongeschlichen wie ein geprügelter Hund. Es habe ihn recht gedauert.
Dann aber hatte er abschließend mit den Schultern gezuckt und sich wieder seinen Aufgaben zugewendet. Aarons Neugier war geweckt, vielleicht auch, weil das Mädchen einen größeren Eindruck auf ihn gemacht hatte, als er sich selbst eingestehen wollte. Nur unzureichend zufriedengestellt mit den dürftigen Informationen Fredericks, die jedoch vermuten ließen, dass Cathy Thomson weder gewöhnlich war noch eine gewöhnliche Stellung auf Whitefell bekleidete, hatte er sich daraufhin vorgenommen, mehr über sie herauszufinden. Nun bot sich ihm eine willkommene Gelegenheit dazu und sogar schneller, als er gedacht hatte. Er beobachtete sie verstohlen, während er sich der Aufgabe zuwandte, die ihm von Frederick aufgetragen worden war.
Isobel de Burgh, beeindruckend zurechtgemacht, um nicht zu sagen aufgezäumt, sah derweil, nachdem der Stallmeister ihr den dreistufigen Holztritt bereitgestellt hatte, Aaron mit hochmütigem Blick dabei zu, wie er ihr Reittier sattelte und dann zu ihr herausbrachte. Dann bestieg sie – wie eine Königin den Thron – den einfachen Tritt. Aaron führte das Pferd heran. »Näher, Aaron!«, sagte sie spöttisch, »oder soll ich etwa auf den Sattel springen?«
Aaron grinste wissend. Wenn das hohe Töchterchen glaubte, ihm in ihrem verletzten Stolz ihre überlegene Stellung vor Augen führen zu müssen, wollte er ihr einen kleinen Denkzettel verpassen. Aaron lächelte absichtlich aufreizend und warf Isobel einen jener Blicke zu, von denen er wusste, dass er die Frauen verrückt machte. »Aber, Miss de Burgh, Sie wissen, dass ich Sie keinesfalls in Gefahr bringen würde! Ich helfe Ihnen gerne.« Schnell
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