Die dritte Sünde (German Edition)
Bewacherin mitgenommen. Es war nur zu offensichtlich, dass sie damit wohl hoffte, sich einer Beaufsichtigung entziehen zu können. Wie sollte dieses schüchterne, ja geradezu verschreckte Wesen einer Isobel de Burgh in ihrem ungezügelten Freiheitsdrang auch in den Weg treten? Aber das konnte ihm nur recht sein. Denn das bedeutete, dass Cathy Thomson ihre Herrin ab jetzt immer in den Stall begleiten würde und das gab ihm Gelegenheit, sich dem ebenso scheuen wie – er wagte einen heimlichen Blick – beeindruckend schönen Mädchen bekannt zu machen. Es wunderte ihn selbst, dass diese Aussicht ihn regelrecht froh machte. Zufrieden wandte er seinen Blick wieder den grasenden Einjährigen zu. Es hatte keine Eile, er hatte alle Zeit der Welt, Cathy Thomsons angstvolle Scheu zu überwinden.
Schließlich sagte er nach einem Moment friedvoller Stille: »Das freut mich, Cathy. Ich gehe jetzt wieder hinein. Wir sehen uns dann morgen.« Er sah lächelnd zu ihr hinüber. Und sie blickte ihn an und lächelte ebenfalls, wenn auch nur kurz, bevor sie sich schnell wieder den Pferden zuwandte. Es war mehr als er erwarten durfte. Glücklich ging er zurück, um sich wieder seinen Aufgaben zu widmen.
Kapitel 17
Aaron erfüllte seine Pflicht gegenüber Isobel de Burgh mit erheblichem Können. Wenn sie jeden Morgen sorgfältig gekleidet und hübsch zurechtgemacht im Stall erschien, erwartete sie inzwischen, dass er sie aufs Pferd hob. Der lästige Holztritt war überflüssig geworden, wie auch Fredericks Dienste. Dieser hatte sich damit abgefunden, hütete sich jedoch, Mr de Burgh gegenüber etwas zu erwähnen. Schließlich hätte dessen Unwillen sich auch über ihn ergießen können. Es war ja auch nur ein harmloses Vergnügen, das sich die junge Miss gönnte. Er konnte es in gewisser Weise nachvollziehen, dass sie dem ausnehmend hübschen Bild von einem Mann, der dieser junge Stutter nun einmal war, einige besondere Rechte einräumte. Frederick sah deshalb einfach nicht hin, wenn Aaron nicht nur die Miss jeden Morgen um die schlanke Taille fasste, um sie in den Sattel zu heben, sondern auch wie zufällig seine Hand über ihr Bein gleiten ließ und ihr dabei den einen oder anderen aufreizenden Blick zuwarf.
Miss de Burgh jedenfalls schien es nicht zu stören, ganz im Gegenteil. Mit einem zufriedenen Lächeln verließ sie hoch zu Ross jeden Morgen den Stall, und wenn sie zurückkehrte, ließ sie es auch zu, dass der junge Stutter ihr galant die Hand entgegenstreckte, wenn sie mit viel Schwung aus dem Sattel sprang. Seit Kurzem verharrte sie dabei auch noch einen Augenblick in seinen Armen, bevor sie ihn laut und in lässigem Tonfall anwies, ihren Wallach gründlich abzureiben und ihm eine extra Portion Heu zu gönnen. Vielleicht war es ganz gut, dass die Miss nun bald mit der Familie des Earls of Branford nach London fahren sollte. Wer konnte sonst wissen, ob das harmlose Vergnügen, dass sie sich mit dem Stallknecht gönnte, auch so harmlos blieb? Cathy Thomson jedenfalls hatte recht wenig Einfluss auf das Benehmen der Miss. Frederick fragte sich ehrlich, was sich der Herr davon versprach, wenn er dieses schüchterne Mädchen als Aufpasserin in den Stall schickte. Dennoch sah Frederick es gern, wenn auch Cathy im Stall auftauchte. Er konnte sich von Tag zu Tag weniger erklären, warum sie bei den Mägden im Haus als hochnäsig galt, denn das war eine Eigenschaft, die ihr keinesfalls zu eigen war. Sein bisheriger, eher flüchtiger Eindruck von ihr hatte ihn nicht getrogen, sie war vielmehr sehr schüchtern und wirkte auch oft bedrückt.
Er freute sich darüber, dass sie die Zeit, die sie im Stall verbringen konnte, wenn Miss Isobel sich entfernt hatte, offenbar mehr und mehr genoss. Und nicht nur er freute sich darüber, auch Aaron Stutter schien Cathy ein besonderes Interesse entgegenzubringen. Frederick wunderte es nicht, war die junge Thomson doch ein sehr schönes Mädchen. Eigentlich sehr passend für den gut aussehenden Stutter. Sie gaben ein hübsches Paar ab, wenn sie gemeinsam draußen bei der Weide standen. Frederick hatte beschlossen, Aaron nicht zurechtzuweisen, wenn dieser für eine gewisse Zeit die Arbeit ruhen ließ, um Cathy draußen Gesellschaft zu leisten. Er arbeitete sonst sehr fleißig und geschickt und es gab nichts an ihm auszusetzen, außer vielleicht die Wirkung, die er auf sämtliche weiblichen Bewohner von Whitefell hatte. Er hatte nie einen besseren Knecht als Helfer gehabt. Und er gönnte es Cathy von
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