Die dritte Sünde (German Edition)
Atem ging merkwürdig schnell und flach. Isobels Zorn verrauchte so schnell, wie er entflammt war. Verunsichert blickte sie auf Aaron, der unübersehbar immer mehr in Panik geriet, weil Cathy trotz seiner Bemühungen nicht zu sich kam.
»Wasser, schnell!«, herrschte er sie an. »Hinten auf der Ladepritsche steht ein Krug!« Isobel eilte davon. Seine Angst steckte plötzlich auch sie an und berührte ihr Gewissen. Vielleicht war Cathy ja wirklich ernstlich krank. Sie hätte sie vorher nicht so unter Druck setzen und dann allein fortschicken dürfen. Sie hatte doch, wenn sie ehrlich war, selbst gesehen, dass es ihrer ehemaligen Spielgefährtin recht schlecht ging. Hastig suchte sie auf dem Wagen nach dem Krug und lief, als sie ihn endlich gefunden hatte, zurück. Doch da kam Aaron ihr schon mit der immer noch ohnmächtigen Cathy auf den Armen entgegen.
»Komm, wir müssen sie nach Whitefell bringen«, sagte er in einem sehr entschiedenen Ton. Er duldete keinen Widerspruch.
Als er die Bewusstlose vorsichtig auf die Ladepritsche legte, begann diese sich endlich zu regen. Aaron riss Isobel fast gewaltsam den Krug aus der Hand, sprang auf den Wagen und kniete sich neben Cathy. Er träufelte ihr etwas Wasser ins Gesicht und strich ihr dann liebevoll das feuchte Haar aus der Stirn. Isobel sah es mit jäh erwachender Eifersucht. Ihr schlechtes Gewissen verstummte augenblicklich.
Da schlug Cathy die Augen auf. »Was ist passiert?«, murmelte sie und versuchte schwach sich aufzurichten, sank aber sofort wieder um.
Aaron fing sie auf und legte sie vorsichtig, aber mit Nachdruck wieder zurück auf die Pritsche. »Ruhig, Cathy, bleib liegen!«, sagte er sanft. Wieder glitt seine Hand zärtlich über ihr Haar. »Du hast mir einen ziemlichen Schrecken eingejagt.«
»Uns!«, verbesserte Isobel mit einem giftigen Unterton in der Stimme.
Aaron blickte erstaunt auf. Er hatte Isobel für einen Augenblick ganz vergessen. Doch Cathys Blick wanderte unbestimmt in Isobels Richtung. »Verzeihen Sie, Miss Isobel … Ich … wollte … habe den Becher verloren …«, flüsterte sie undeutlich und schloss dann erschöpft wieder die Augen.
Aaron legte besorgt seine Hand auf ihre Stirn: »Mein Gott, sie glüht ja! Hat denn keiner gesehen, dass sie krank ist? Was macht sie denn überhaupt hier?«
»Sie begleitet mich, was denn sonst? Sie hätte ja auch selbst einmal etwas sagen können!«, gab Isobel schnippisch zurück. »Woher soll ich denn wissen, dass es ihr schlecht geht, wenn sie nichts sagt? Außerdem bin ich nicht ihre Gouvernante.«
Aaron musterte sie kühl. »Nein, das sind Sie in der Tat nicht, Miss de Burgh, aber Ihre Herrin, und Sie haben trotz allem doch zumindest eine gewisse Verantwortung für sie, oder nicht?« Dann zog er sein Hemd aus und legte es Cathy wie ein Kissen unter den Kopf. Diese war wieder in eine Art wirren Schlaf gesunken, vielleicht war es auch eine neue Ohnmacht. Erneut von Sorge gepackt, band Aaron hastig das Pferd los, stieg auf den Kutschbock und nahm die Zügel hoch. Isobel stand derweil unschlüssig immer noch neben der Ladepritsche. Aaron hob ungeduldig die Brauen. »Steigen Sie auf, Miss de Burgh, wenn Sie nicht zurücklaufen wollen! Wir bringen Cathy jetzt besser schnell nach Whitefell zurück. Vielleicht wissen Mrs Branagh oder Mrs Reed, was zu tun ist.«
Kapitel 24
»Ich hatte es geahnt!«, stöhnte Mrs Branagh entsetzt auf, als Aaron mit der besinnungslosen Cathy auf den Armen die Treppen von Whitefell hinaufgestürmt kam. Miss de Burgh folgte dicht hinter ihm mit einem seltsam verärgerten Ausdruck auf dem Gesicht. Mrs Branagh eilte ihnen entgegen.
»Was ist passiert?«, fragte die Haushälterin besorgt.
»Sie ist draußen in den Wiesen plötzlich zusammengebrochen«, sagte Isobel, bevor Aaron antworten konnte, und blickte ihn dabei drohend an. Dass er sich nur nicht verplapperte! »Aaron kam zufällig dazu und hat uns dann mit dem Pritschenwagen nach Hause gefahren.« Mrs Branagh konnte sich nun doch einen ernsten Tadel nicht verkneifen: »Ich hatte Ihnen ja gleich gesagt, dass dieser Spaziergang keine gute Idee ist. Ausgerechnet heute! Und jetzt auch das noch! Sie hätten heute wirklich auf Ihr Vergnügen verzichten können, Miss de Burgh.« Sie rang die Hände und blickte auf Cathy, die unruhig zu werden begann: »Was sollen wir jetzt mit ihr machen? Sie scheint hohes Fieber zu haben. Das kommt mir jetzt aber sehr ungelegen, wo wir doch alle Hände voll zu tun haben.«
»Kann ich
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