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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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geschehen war nach jenen tragischen Ereignissen vor fünf Jahren? Und jetzt lag sie in hohem Fieber, das arme Ding. Mit kundiger Hand griff Martha Pole nach einigen Kräutern aus ihrem Vorrat, die blutreinigend, fiebersenkend und vor allem auch beruhigend wirkten, denn sie wusste aus Erfahrung, dass hoch Fiebernde manchmal in Krämpfe fielen oder im Fieberwahn um sich schlugen. Laudanum, wie es die studierten Ärzte in solchen Fällen gerne einsetzten, hatte sie nicht zur Verfügung. Sie hielt auch nichts davon, die Kranken in einen Drogenrausch zu versetzen. Opium war und blieb ein Teufelszeug. Man hörte ja so einiges aus den Lasterhöhlen in den Hafenstädten und in London. Auch dem sehr beliebten Aderlass stand sie, abgesehen davon, dass ihr das nicht erlaubt war, sehr kritisch gegenüber. Was sollte das bringen, einen Kranken durch solche zweifelhaften Maßnahmen noch zusätzlich zu schwächen? In einem Fall wie dem, den ihr der junge Mann aufgeregt geschildert hatte, konnte man ohnehin nur das Beste hoffen und die Selbstheilungskräfte des Körpers durch entsprechende Kräuter und Tinkturen anregen. Aber manchmal war die Krankheit eben stärker. Sie hoffte inständig, dass Cathy Thomson nicht an einer solchermaßen ernsten Erkrankung litt. Plötzliches Fieber konnte immerhin viele Ursachen haben, manchmal sogar seelischen Ursprungs sein.
    Ehe der junge Mann es sich versah, hatte sie mit ihrem Korb in der Hand auf seinem Wagen, vor den ein abgehetztes Pferd gespannt war, Platz genommen und wartete ungeduldig darauf, dass es endlich losging. Hier war keine Zeit zu verlieren.
    »Du hast sie von den Feldern nach Hause gebracht, sagst du?«, wandte sie sich an ihren Begleiter, während sie in zügigem Tempo Richtung Whitefell fuhren. Der nickte. »Warst du direkt dabei, als sie zusammenbrach? Kannst du mir Näheres darüber berichten?« Sie hoffte, auf diese Weise schon etwas mehr über die Art der Erkrankung zu erfahren. Seltsamerweise schien der junge Mann peinlich berührt über diese Frage. Sie sah ihn erstaunt an. Was war denn da wohl vorgefallen? Dann aber räusperte er sich und schilderte ihr seine Beobachtungen, auch dass er gehört hatte, dass Cathy es wohl in den Tagen, die ihrem Zusammenbruch vorausgegangen waren, nicht leicht gehabt hatte. Möglicherweise habe sie auch einen Schreck bekommen oder aber habe etwas gesehen, das sie erschüttert habe, fügte er zögernd an, als wäre es ihm nicht recht, darüber zu sprechen. Sie spürte deutlich, dass er etwas verbarg. Aber sie war nicht die Person, die neugierig in den Geheimnissen anderer bohrte. Doch sie erinnerte sich noch lebhaft und mit Bedauern an das, was dem Mädchen einst widerfahren war. Deshalb verspürte sie das Bedürfnis, dem jungen Mann eine gut gemeinte Ermahnung mitzugeben. »Hör zu, Aaron Stutter«, sagte sie und sah ihn streng an, » du scheinst dich doch um die junge Thomson zu sorgen und hast sie wohl auch gern.« Befriedigt sah sie ihn eifrig nicken. »Dann rate ich dir, sie gut zu behandeln. Sie braucht Menschen, die ihr freundlich gesonnen sind. Sie hat schlimme Erfahrungen gemacht und …«
    »Was für schlimme Erfahrungen?«, unterbrach sie ihr Gesprächspartner und sah sie alarmiert an.
    »Hat sie nichts erzählt?«
    »Nein, wenn ich sie auch nur ein wenig über ihre Vergangenheit befragte, wich sie mir immer aus. Sie ist ohnehin alles andere als gesprächig. Verschlossen trifft es wohl eher.« Er zuckte hilflos mit den Achseln.
    »Wenn sie nicht darüber sprechen will, sollte ich es auch nicht tun«, meinte Martha Pole mit Bestimmtheit. Das war einer ihrer ehernen Grundsätze. » Aber wenn du mit Geduld ihr Vertrauen gewinnst, wirst du sicher auch selbst irgendwann die Wahrheit von ihr erfahren. Sei einfach freundlich zu ihr. Sie ist ein gutes, aufrichtiges Mädchen«, sagte sie und nickte bekräftigend.
    Aaron ließ den Kopf hängen. »Ich glaube nicht, dass es mir gelingen wird, ihr Vertrauen noch einmal zu gewinnen.«
    »Gibt es da etwas, das ich wissen müsste?«, fragte Martha, nun doch misstrauisch geworden. Doch der junge Mann hatte sich mit verschlossenem Gesichtsausdruck in sich zurückgezogen. Er war augenscheinlich nicht bereit, ihr noch etwas mitzuteilen. Der Rest der Fahrt verlief schweigend. Als sie vor dem Herrenhaus ankamen, lenkte Aaron den Wagen in Richtung der Ställe und half ihr herunter. Von dort konnte sie über den Gesindetrakt ins Haus gelangen. Schnell stieg sie vom Wagen. »Du wartest auf mich und

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