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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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strahlend schön in die Eingangshalle von Branford House. Ihr Vater sowie der Earl mit seiner gesamten Familie und leider auch der lästige Mr Havisham standen schon bereit. Florences Augen wirkten wenig apart gerötet und verquollen, wie häufig in letzter Zeit, da sie die meiste Zeit des Tages schluchzend in ihrem Zimmer verbrachte. Man wollte in zwei gemieteten Kutschen zu einem Ball fahren, zu dem heute Lord und Lady Blinsted geladen hatten. Lord Blinsted war ein weitläufiger Verwandter von Lady Branford, ein respektabler und hochgeachteter älterer Herr der Londoner Gesellschaft. Die Blinsteds hatten keine Kinder. Der einzige Sohn war im zarten Alter von zwei Jahren, ohnehin von Geburt an kränkelnd, an den Pocken [13] verstorben und so hoffte nicht nur der Earl, dass einer seiner Söhne vielleicht als Erbe des nicht unbeträchtlichen Blinsted’schen Vermögens infrage kam.
    Wie selbstverständlich bot Havisham Isobel seinen Arm, um sie hinauszugeleiten. Unwillig nahm Isobel an. Konnte dieser Mensch nicht endlich die Finger von ihr lassen? Warum kümmerte er sich denn nicht um Florence, die seinem fortgeschrittenen Alter doch viel näher kam?
    Während der Fahrt durch die drangvollen Straßen Londons, die jetzt zu Beginn der üblichen abendlichen Ausgehzeit völlig verstopft waren, schwieg Isobel beharrlich, obwohl sich ihr Vater krampfhaft bemühte, eine Konversation in Gang zu bringen. Befriedigt bemerkte sie, dass Havisham ihr Verhalten äußerst missfiel. Seine Finger strichen ärgerlich durch seinen Bart und seine Kiefermuskeln zuckten. Dann starrte er aus dem Fenster. Sollte er doch! Was bildete er sich auch ein? Sie würde ihn auf alle Fälle den ganzen Abend mit Missachtung strafen und sich auch nicht von ihm zum Tanz auffordern lassen, auch wenn es nicht gerade höflich war und mit Sicherheit nicht den Wünschen ihres Vaters entsprach, der immer nervöser wurde. Was ihn nur umtrieb? Vielleicht waren seine Geldprobleme, die er einmal im Gespräch mit dem Earl vorsichtig angedeutet hatte, tatsächlich ernsthafterer Natur. Ob sie sich Sorgen machen musste? Nein, das war nicht nötig. Isobel war sich sicher, heute die entscheidende Eroberung zu machen, die ihr eine glänzende gesellschaftliche Karriere in Aussicht stellte. Und dann konnte es ihr glücklicherweise eigentlich gleichgültig sein, ob es mit den Finanzen ihres Vaters nicht zum Besten stand. Schließlich würde dann ein Ehemann für sie sorgen. Hauptsache, es reichte noch für eine angemessene Mitgift.
    Endlich erreichten die Kutschen das hell erleuchtete Gebäude, dem schon zahlreiche festlich gewandete Herrschaften zuströmten. Leider konnten die Kutschen wegen einer bereits bestehenden größeren Ansammlung von solchen nicht direkt am Fuße der gewaltigen Treppe vor dem Eingangsportal von Blinford House halten. Man war gezwungen, mehr als hundert Yards davor auszusteigen und den Rest des Weges auf der aufgewühlten Straße zurückzulegen. Zu ärgerlich! Sie würde sich ein weiteres Paar Schuhe ruinieren.
    Wütend stieg sie aus der Kutsche und ignorierte die ihr von Havisham hilfreich dargebotene Hand. Er wollte wohl noch nicht aufgeben. Sie aber war wild entschlossen, ihn endlich auf den ihm zukommenden Platz zu verweisen.
    Unter einem Angehörigen der Peers würde sie sich nicht zufriedengeben. Mr Havisham musste von Sinnen sein, wenn er glaubte, sie gewinnen zu können. Ganz abgesehen von seinem Alter war er nur ein gewöhnlicher Kaufmann, wenn auch sehr vermögend, und auch sein Äußeres, wenn es auch andere als stattlich bezeichnen mochten, sagte ihr nicht im Mindesten zu. Flüchtig eilten ihre Gedanken zu Aaron Stutter und seiner beeindruckenden Männlichkeit, die sich vor ihr aufgerichtet hatte, bevor ihr das Miststück Cathy dazwischengekommen war. Inzwischen hatte sie keinen Zweifel mehr daran, dass diese, so krank sie auch gewesen sein mochte, sich mit Absicht ausgerechnet vor Aaron Stutters Augen einer Ohnmacht hingegeben hatte.
    Doch auf der anderen Seite war sie auch ganz froh darüber, dass es nicht zum Äußersten gekommen war und sie ihre so kostbare Jungfräulichkeit nicht an einen gewöhnlichen Stallknecht verschwendet hatte. Sie war nicht so dumm, wusste sie doch genau, dass Jungfräulichkeit die beste Handelsware war. Kein besserer Gentleman, zumindest kein Angehöriger der adeligen Kreise, würde sich eine Frau nehmen, die bereits einem anderen gehört hatte. Dennoch bedauerte sie diesen Umstand auch ein wenig: Männer

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