Die dritte Todsuende
sagen, daß der Killer jetzt eine erdbeerblonde Perücke trägt? Und zweitens, sollen wir bekanntgeben, daß wir die Suche jetzt auf einen weiblichen Täter konzentrieren? Was meinst du, Edward?«
Delaney überlegte einen Augenblick. Dann sagte er: »Fang mit Nummer zwei an… wir können es auf Dauer so oder so nicht geheimhalten, daß wir nach einer Frau suchen. Am besten drückst du dich etwas verschwommen aus. Sag ihnen, der Killer könnte ein Mann oder eine Frau sein; wir ermitteln in beide Richtungen.«
»Glaubst du immer noch, daß es sich um eine Frau handelt?«
»Natürlich. Aber ich könnte mich zugegebenermaßen auch irren. Die hohen Tiere halten sich immer gern einen Fluchtweg offen — für alle Fälle. Also sieh zu, daß du dich in dieser Sache bedeckt hältst.«
»In Ordnung, Edward. Und was ist mit der Perücke?«
»Ivar, in der Sache mußt du hart bleiben. Wenn die Reporter drucken, daß es sich um eine blonde Perücke handelt, wird der Täter erneut die Farbe wechseln. Genau wie damals, nachdem Slavin die Sache vermasselt hatte.«
»Aber wenn wir die Touristen nicht vor einem Killer mit einer blonden Perücke warnen, bringen wir sie dann nicht in Gefahr?«
»Vielleicht«, meinte Delaney grimmig. »Aber die Lockvögel müssen wenigstens einen Anhaltspunkt haben. Wir können sie nicht alle Nase lang die Perücke wechseln lassen.«
»Jesus«, sagte Thorsen schweratmend, »wenn die Zeitungen das herausfinden, werden sie uns kreuzigen.«
»Wir müssen es darauf ankommen lassen«, sagte der Chief. »Und wenn irgendein Reporter mit der Nase daraufstößt, können wir immer noch die Wahrheit sagen.«
»Aber in der Zwischenzeit versäumen wir es, die Touristen zu warnen.«
»Deputy«, sagte Delaney wütend, »willst du diese Verrückte stoppen oder nicht?«
»Gut, gut«, sagte Thorsen hastig, »ich werde versuchen, sie auf deine Linie einzuschwören. Die Konferenz wird wahrscheinlich bis in den späten Nachmittag gehen. Kannst du dich so gegen vier mit mir in Manhattan Nord treffen? Dann kann ich dir das Ergebnis mitteilen, und Boone kann uns darüber informieren, wie weit er gekommen ist.«
»Ich werde dasein«, sagte Delaney und legte auf.
Detective Bentley hatte recht gehabt; das Osborne machte nicht viel her. Ein Kasten von schäbiger Grandezza an der 46th Street östlich der Seventh Avenue, die graue Front mit Rissen durchzogen. Es war die Art Hotel, das in seinen Glanztagen Enrico Caruso und Lillian Gish beherbergt hatte. Jetzt wohnten hier allenfalls noch drittrangige Stars mit undurchsichtiger Vergangenheit und ohne Zukunft.
Von den mitgenommenen, angeschlagenen Möbeln in der Lobby blätterte die Farbe ab, von den Wänden löste sich die verblichene Tapete. Es roch nach einer Mischung von Staub, Marihuana und getrocknetem Urin. Trotzdem war die Halle nicht gerade verwaist. Überall hingen Männer mit Zahnstochern im Mund und Frauen mit orangefarbenem Haar herum. Auf den wackeligen Tischen lagen Wettzettel.
Eddie Holzer saß hinter seinem Schreibtisch, die Füße auf die absplitternde Platte gelegt, und studierte eine Rennzeitung. In der rechten Hand, die leicht zitterte, hielt er eine Kaffeetasse. Delaney vermutete, daß sie alles andere als Kaffee enthielt.
Holzer blickte auf, als Delaney sich gegen den Türrahmen lehnte.
»Du meine Güte«, sagte er und nahm die Füße vom Schreibtisch. »Sieh mal, was die Katze angeschleppt hat. Hallo, Chief, wie geht's Ihnen?«
Sie schüttelten sich die Hand, und Holzer fegte Magazine und alte Zeitungen von einem Holzstuhl. Delaney setzte sich vorsichtig. Er betrachtete den anderen Mann mit einem, so hoffte er, freundlichen Lächeln.
Er kannte Holzers Akte, und sie sah nicht besonders gut aus. Der Ex-Detective hatte für die Drogenfahndung gearbeitet und dem großen Geld nicht widerstehen können. Man hatte ihm erlaubt, den Dienst zu quittieren, ehe der Staatsanwalt sich einschaltete, aber jeder im Department wußte, daß er aussätzig war.
Und hier saß er jetzt, Sicherheitsbeamter in einem heruntergekommenen Hotel am Times Square, malte Kreuzchen auf einen Wettschein und schlürfte billigen Fusel aus einer Kaffeetasse. Trotzdem wußte Delaney, daß der Mann ein cleverer Cop gewesen war, und er hoffte, daß noch ein bißchen davon übrig war.
Holzer blickte den Chief mit schräggelegtem Kopf an. »Sie sind doch nicht zufällig hier hereingeschneit. Wie haben Sie mich gefunden?«
»Bentley«, sagte Delaney.
»Der schmucke Dan?« lachte
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