Die Druidengöttin
zuckte nun auch in seiner linken Wange.
»Ihr habt in meiner Galerie einen Geist gesehen?« fragte Elisabeth erstaunt.
»Ich habe ihn nie gesehen«, führte Keely aus, »ich habe ihn nur gespürt.«
Unter Mißachtung des Zeremoniells wandte Keely sich an ihren Ehemann. »Ich versuchte durch die Galerie zu gehen, aber diese Aura der Hoffnungslosigkeit machte mir soviel Angst. Ich schwöre, Mylord, ich versuchte, um was Ihr mich batet.«
Ihr verzweifelter Gesichtsausdruck rührte Graf Burghley. Er warf seinem wütenden Schützling einen Blick zu. »Wenn Lady Devereux unentdeckt in den geheimen Garten gelangt, können andere das auch. Wir müssen die Sicherheitsvorkehrungen verschärfen.« Er sah zu Keely und fügte hinzu: »Ihr habt unsere Aufmerksamkeit auf eine sehr wichtige Angelegenheit gelenkt, Lady Devereux. Dafür schulden wir Euch Dank.«
Richard fuhr herum und starrte seinen Mentor entgeistert an. Er konnte nicht fassen, was er soeben gehört hatte.
»Die Sicherheit Ihrer Majestät ist von größter Wichtigkeit«, fuhr Burghley fort. »Stimmst du nicht zu, Richard?«
»Ja, natürlich.«
Keely schenkte dem düsteren Burghley einen dankbaren Blick.
»Warum wart Ihr heute nicht bei der Morgenmesse?« fragte die Königin, die es dem Mädchen nicht so leicht machen wollte. Insgeheim fragte sie sich, wann Devereux wohl seiner Frau zu Hilfe kommen würde.
»Ich litt unter Morgenübelkeit«, antwortete Keely.
»Geht es dir besser, Schatz?« fragte Richard sanfter gestimmt.
Keely nickte und lächelte zaghaft.
»Meinen Glückwunsch«, sagte Elisabeth und warf Burghley einen bedeutungsvollen Blick zu, dann wandte sie sich an Keely. »Sie schenken also Midas seinen Erben und schicken ihn fort nach Irland?«
Keely schüttelte den Kopf. »Es wird ein Mädchen.«
Die lächerliche Vorstellung, daß Keely wirklich zu wissen glaubte, was ihr Ehemann in sie gepflanzt hatte, ließ Elisabeth schmunzeln. Burghley lächelte. Richard verzog keine Miene. Nur das nervöse Zucken war wieder da. Er fragte sich insgeheim, ob seine Frau über übernatürliche Fähigkeiten verfügte. Die Kleine hatte es geschafft, in den geheimen Garten der Königin zu klettern, ohne daß ihr ein Haar gekrümmt wurde.
»Folgt diesem Pfad«, wies Elisabeth Keely an. »Er wird Euch zu meinen Gemächern bringen, wo bereits mehrere Damen warten.«
Keely knickste, hob ihren Stoffbeutel hoch und machte sich auf den Weg. Trotz der drei Augenpaare, die sie in ihrem Rücken fühlte, drehte sie sich kein einziges Mal um.
Das weibliche Gefolge der Königin bestand aus sechzehn Frauen: vier Stubenmädchen, die am Fuße ihres Bettes schliefen und die Dienste von Kammerzofen verrichteten, sechs verheirateten Damen, die ihre offiziellen Gesellschaftsdamen waren, und sechs unverheirateten Hofdamen. Da es für die offiziellen Gesellschaftsdamen und die Hofdamen nicht viel zu tun gab, verbrachten sie einen Großteil ihrer Zeit damit, zu klatschen, zu flirten und Gerüchte zu verbreiten.
Das Zimmer, in dem sich die Damen aufhielten, war düster und stickig. Es hatte nur ein kleines Fenster und war so vollgestopft mit Ornamenten und Zierat, daß es noch kleiner wirkte.
Keely wurde ganz klamm ums Herz, als sie das Zimmer betrat. Es waren nur die Ladies Morgana, Sarah und Jane anwesend.
Diese wiederum reagierten unterschiedlich auf ihr Erscheinen. Morgana hob die Nase hoch und wandte sich demonstrativ ab, woraufhin Sarah kicherte. Jane musterte ihre Rivalin von Kopf bis Fuß.
»Setzt Euch«, lud Lady Jane sie ein.
»Danke«, lächelte Keely höflich. Bei den heiligen Steinen, sie fühlte sich wie auf dem Präsentierteller. Keely öffnete ihren Stoffbeutel und holte ein Taschentuch ihres Mannes sowie Nadel und Faden heraus und begann, sein Monogramm in eine Ecke zu sticken.
»Ich kann es nicht fassen, daß man mich dazu zwingt, mit diesem walisischen Bastard in einem Zimmer zu sitzen«, brummte Morgana laut genug, daß alle es hören konnten.
Keely tat so, als sei sie taub. Wie sollte sie sich gegen die Wahrheit verteidigen? Wenigstens waren weder ihr Mann noch die Königin Zeuge dieser Erniedrigung geworden.
»Ich frage mich, wie Englands erster Graf dazu gebracht werden konnte, einen Waliser Trottel zu heiraten«, griff Lady Sarah Morganas Bemerkung auf.
Keely schwieg dazu, sah sich aber die andere genau an. Sie erkannte sofort, daß die Eifersucht aus ihr sprach. Alle Verunglimpfungen der Welt konnten nichts an der Tatsache ändern, daß der Graf sie
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