Die Druidengöttin
Odos Klaps brachte Hew zum Schweigen.
»Wenn er böse Absichten hegt, wird das Untier sie in seinen Bau verschleppen«, folgerte Henry.
»Und wo ist der?« fragte Odo.
»Die Smythe Priorei in Shropshire.«
»Sattel die Pferde«, befahl Odo seinem Bruder Hew. »Ich hole den Proviant.«
»Sattle drei Pferde«, erklärte Henry. »Ich komme mit.« Als die zwei Waliser ihn fragend ansahen, beharrte er: »Ich bin ihr Bruder.«
»Seine Gnaden ...«
»Seine Gnaden ist nicht da, also kann er nichts dazu sagen«, fiel Henry Odo ins Wort.
Der Hüne grinste und meinte: »Beeilt Euch, mein herzoglicher Weiberheld. Unser kleines Mädchen braucht uns.«
Zwanzig Minuten später stiegen die zwei walisischen Hünen und der junge Marquis auf ihre Pferde und ritten in westlicher Richtung nach Shropshire.
»Willkommen zu Hause, Mylord«, begrüßte Jennings seinen Herrn mit einem warmen Lächeln auf dem ansonsten unbewegten Gesicht.
»Danke, Jennings.«
Richard lächelte zurück, während er das Foyer durchschritt. Hinter ihm gingen Herzog Robert und Hal Bagenal, sein Stiefvater.
»Meine Frau soll in mein Arbeitszimmer kommen«, wies Richard seinen Majordomus an. »Aber sag ihr nicht, wer hier ist. Ich möchte sie überraschen.«
Jennings nickte und machte sich auf den Weg zur Treppe. Um diese Zeit hielt seine Herrin entweder ein Nickerchen oder sie saß in ihrem Schlafzimmer am Fenster und beobachtete, wie der Himmel sich veränderte.
Richard führte seinen Schwiegervater und seinen Stiefvater in sein Arbeitszimmer. Die zwei älteren Männer setzten sich in die Sessel vor dem Feuer, doch Richard blieb stehen, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. Er wollte den Ausdruck freudiger Überraschung auf dem Gesicht seiner Frau sehen, wenn sie den Raum betrat. Den ganzen Morgen hatte er sich schon auf die vor ihm liegende Nacht gefreut, die er in den Armen seiner geliebten Frau zu verbringen trachtete. Und nun war es bald soweit.
Richard hatte vor, Herzog Robert und Onkel Hal so schnell wie möglich loszuwerden und sofort mit seiner Frau in das Bett zu hüpfen. Es reichte, wenn er morgen mit der mühsamen Aufgabe begann, seine peinlichen Fehler bei der Verwaltung des Privatvermögens der Königin wiedergutzumachen.
Fünf Minuten verstrichen. Dann zehn. Wo, zum Teufel, blieb Keely?
Langsam öffnete sich die Tür, und Richard setzte das umwerfendste Lächeln auf, zu dem er fähig war. Eine Sekunde später fiel ihm die Kinnlade nach unten.
»Wo ist meine Frau, Jennings?«
»Sie ist weg, Mylord.«
Richard fuhr herum, und sein Stiefvater und sein Schwiegervater sprangen auf die Beine. »Was willst du damit sagen?«
»Die gnädige Frau befindet sich nicht auf ihrem Zimmer«, erklärte Jennings, der augenscheinlich sehr besorgt war. »Ich war im Park, konnte sie aber auch dort nirgends entdecken.«
»Frag May und June, ob Keely ihre Cousins in den Stallungen besucht«, befahl Richard.
»Sie haben sie nicht mehr gesehen, nachdem sie zu ihrem Nachmittagsspaziergang in den Park aufbrach«, antwortete der Majordomus. »June ist sich sicher, Odo und Hew zusammen mit dem jungen Marquis gesehen zu haben, wie sie gemeinsam ausritten. Das war vor mehreren Stunden. Doch Lady Keely war nicht dabei.«
Richard rannte zur Tür. »Ich suche sie.«
Herzog Robert und Onkel Hal waren ihm sofort auf den Fersen. Die beiden Männer packten ihn am Arm und hielten ihn zurück.
»Es ist unklug zu fliehen«, mahnte ihn Herzog Robert zur Vorsicht.
»Wenn dich die Wachen töten«, fügte halb scherzend Onkel Hal hinzu, »wird deine Mutter meine Innereien mit einem stumpfen Messer bearbeiten.«
»Meine schwangere Frau ist nirgends zu finden«, fuhr Richard sie an und versuchte, sie abzuschütteln.
Draußen im Gang wurde es laut, Stimmen und Schritte kamen näher. Als Jennings die Tür öffnete, um nachzusehen, platzten drei Menschen an ihm vorbei in das Studierzimmer.
»Gott sei Dank, daß du hier bist, Tally!« rief Lady Dawn.
»Chessy, was ist los?« fragte Herzog Robert sie erschrocken.
»Papa, es ist alles meine Schuld«, schluchzte Morgana und warf sich ihm in die Arme.
»Erzähl mir, worum es geht«, forderte der Herzog sie auf.
Morgana hob das Kinn und zeigte ihnen ihren Hals. Die drei Männer starrten bestürzt die Würgemale auf ihrer Haut an.
»Willis Smythe versuchte, meinen armen Liebling zu ermorden«, erzählte ihnen Lady Dawn.
Richard blickte zur Herzogin. Daß Cheshire Morgana als meinen armen Liebling bezeichnete, bewies,
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