Die Druidengöttin
»Was für ein Mensch seid Ihr eigentlich ?«
»Ich bin ein einfacher Mensch, der alle seine Kinder liebt«, antwortete Herzog Robert mit belegter Stimme. »Als Keely in mein Leben trat, schwor ich, alles zu tun, was in meiner Macht steht – sie anerkennen und ihr einen Mann zu suchen, der sie liebt. Was ich getan habe. Doch ich brachte es nicht übers Herz, meinen einzigen Sohn einen Bastard zu nennen.« Er blickte Richard mit feuchten Augen an und fragte ihn mit stockender Stimme: »Sagt mir, Basildon, wie kann ein Mann entscheiden, welches seiner Kinder er zerstören soll?«
In den Augen seines Schwiegervaters, die so sehr den veilchenblauen Augen seiner Frau glichen, konnte Richard den unsäglichen Schmerz lesen, den jener erduldete. Er legte dem älteren Mann tröstend eine Hand auf die Schulter. »Auch wenn Henry und Morgana nichts für Euren Fehler können, müßt Ihr Keely die Wahrheit sagen.«
»Aye, die Stunde der Wahrheit ist gekommen«, stimmte Herzog Robert zu. »Mein Land und mein Vermögen stehen rechtmäßig Keely zu und mittelbar dem Kind, das sie unter dem Herzen trägt.«
»Es geht nicht um Euren Besitz«, erklärte Richard und schüttelte den Kopf. Es war erstaunlich, wie wenig der Herzog verstand. »Meine Frau wünscht sich einen Ort, an dem man sie liebt, ein Zuhause, wo sie hingehört.«
»Und was wollt Ihr?« hakte Herzog Robert nach. »Was, wenn Keely entscheidet, ihre legitime Geburt solle ein Familiengeheimnis bleiben? Was werdet Ihr dann tun?«
»Nichts.«
Herzog Robert warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Als Ehemann meiner Tochter habt Ihr das Recht, bei der Königin ihr Erbe einzufordern. Ich würde nichts dagegen unternehmen.«
»Euer Gnaden, ich bin der reichste Mann Englands«, erinnerte Richard ihn. »Hätte ich es auf Euren Besitz abgesehen, hätte ich Henry einen Antrag gemacht.«
Bei dieser Bemerkung mußte der Herzog schmunzeln.
»Ich heiratete einen bettelarmen, walisischen Bastard« – Richard lächelte, als ihm die Tiefe seiner Gefühle bewußt wurde –, »weil ich ihn liebe.«
Die Sonne versank in einem Flammenmeer, und die Dämmerung ging in den Abend über. Eine Stunde nach dem Abendessen lugten zwei schwarz gekleidete Gestalten hinter der Tür hervor, die hinaus in den Hof führte. Der Graf von Basildon und der Herzog von Ludlow stiegen über die schnarchenden Wachsoldaten der Königin hinweg und machten sich auf den Weg zu den Stallungen.
»Ich möchte nicht in ihren Stiefeln stecken, wenn Dudley merkt, daß ich entwischt bin«, flüsterte Richard.
»Jeder Mann hat eben sein Kreuz zu tragen«, antwortete der Herzog von Ludlow. »Ihr Pech also, daß dies das ihre ist.«
Mit einem breiten Grinsen empfing Roger den Grafen und den Herzog. »Ich reite mit Euch«, kündigte der Junge an und deutete auf die drei gesattelten Pferde.
»Auf keinen Fall«, erklärte ihm Richard.
»Ich kann Euch helfen«, entgegnete der Junge. »Ich habe Lady Morgana vom sicheren Tod gerettet.«
»Nein.«
Roger weigerte sich aufzugeben. »Ich stehe in der Schuld von Lady Devereux und kann es nicht riskieren, meine Geschäftspartnerin zu verlieren.«
Richard sah ihn an und hob eine Augenbraue. Glaubte dieser Junge etwa, er könne nicht um seine Frau kämpfen? Er sollte dem Lümmel die Ohren langziehen!
»Eure Frau streckte mir das Geld vor, das ich brauchte, um in die Levantinische Handelsgesellschaft zu investieren«, erklärte Roger. »Das ist eine lange Geschichte. Ich werde sie erzählen, sobald wir unterwegs sind.«
Richard legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Ich schätze es sehr, wie loyal du bist. Aber wenn dir auch nur das Geringste zustieße, würde dein Vater meinen Kopf verlangen. Außerdem, wer sollte Lady Dawn und Lady Morgana in unserer Abwesenheit beschützen?«
Angewidert schüttelte Roger die Hand des Grafen ab. »Bei allem Respekt, was Ihr soeben gesagt habt, war herablassender Kuhmist.«
Herzog Robert schmunzelte über die Unverfrorenheit des Jungen.
Richard runzelte die Stirn. Der Junge sagte die Wahrheit.
»Laß den Kleinen mit uns reiten«, mischte Herzog Robert sich ein.
Richard fuhr herum. »Habt ihr denn jetzt beide den Verstand verloren?«
»Er folgt uns ohnehin, wenn wir ihn zurücklassen«, entgegnete der Herzog. »Stimmt‘s, Junge?«
Roger nickte grinsend.
»In diesem Fall ist der Junge sicherer, wenn er mit uns reitet«, führte der Herzog aus.
»Wenn es zu einem Kampf kommt, reitest du nach Schloß Ludlow«, wies Richard den
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