Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden

Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden

Titel: Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Frydrych
Vom Netzwerk:
darauf, dass Achim-Andres pünktlich sein Frühstück und seine Ritalin-Pille einnimmt. Er ist sonst unterzuckert und überaktiv.
    Die Drahtzieher
    Wichtigste Hilfsmittel dieses Elterntyps sind Telefon und Chatroom, hier das Forum: »Klassenkampf und Schulschikane«. Anstatt sich auf Elternabenden offen zu äußern, telefonieren Drahtzieher hinterher miteinander und tauschen ihre Erfahrungen mit dem Klassenlehrer aus. Sie halten ihren Nachwuchs dazu an, im Unterricht sachfremde Bemerkungen der Lehrkraft zu protokollieren und mit dem Handy den Lärm in der Klasse aufzunehmen. Sie sammeln Unterschriften gegen den Physiklehrer und schätzen konspirative Gespräche. Sie stellen sich gern als Elternvertreter zur Verfügung, weil sie dann eine Telefonliste der Lehrer erhalten.
    Die Spezialisten
    Diese Kindseltern meinen es wirklich gut mit Ihnen. Es sind vorzugsweise arbeitslose Erziehungswissenschaftler, freigestellte Manager oder Kollegen im Sabbatical. Sie sind auf dem neuesten Stand der Hirnforschung underklären Ihnen genau, warum Ihre 9. Klasse hartnäckig in diesem Leistungstief verweilt. Schließlich haben Sie es als Klassenlehrerin immer noch nicht geschafft, dass die Schüler sich selbst moderieren und zur corporate identity gefunden haben. Der freigestellte Manager kommt jetzt einmal in der Woche zum Hospitieren und berät sich anschließend mit dem Schulleiter über Ihren Unterricht.
    Ich habe lange mit meinem Schicksal gehadert, weil ich als Lehrerin in erster Linie mit Schwänzern und Stoikern zu tun hatte. Auf manchem Elternabend waren mehr gesprächsbereite Fachkollegen als Schülereltern anwesend. Dann traf ich auf einer Fortbildung Marlene aus Zehlendorf, die über ihre Elternklientel klagte: fast alles Spezialisten und Drahtzieher. Seither habe ich mich dankbar mit meinem Los und den mager besuchten Elternabenden abgefunden.

Jungschnösel
    W enn man Ende Vierzig ist, kommt einem der Jungschnösel häufiger in die Quere. Vor allem, wenn »man« eine Frau ist. Diese Spezies hält »Jung-Sein« in Verbindung mit »Mann-Sein« für eine besondere Leistung. Älteren Frauen begegnet der Jungschnösel deshalb gönnerhaft bis geringschätzig – und wenn er elementare soziale Umgangsformen noch nicht internalisiert hat, auch mit offener Verachtung. Biologen würden das vermutlich damit erklären, dass der Feld-, Wald- und Wiesenmann stets auf der Suche nach vermehrungsfähigen Partnerinnen ist. Selbige sind eher selten in der Altersklasse der Endvierzigerinnen zu vermuten. Warum also sollte sich der Jungschnösel um diese Klientel bemühen? Verständnisvolle ältere Männer entschuldigen joviales Schnöseltum mit überspielter Unsicherheit und Schüchternheit. Jungen Menschen, also Männern, müsse man zugestehen, dass sie forsch die Welt erkunden und sich ausprobieren. Nichts da! Der Jungschnösel ist nicht unsicher und schüchtern, nicht tapsig oder ungeschickt. Er ist jung, männlich und omnipotent.
    Der Jungschnösel arbeitet vorzugsweise in der nächsten Kfz-Werkstatt und muss manchmal seinen Chef vertreten. Geduld ist seine Sache nicht, wenn er einer Frau in Klimakteriumsnähe einen Kostenvoranschlag erklären soll. Cool demonstriert er die Dominanz des männlichen Geschlechts. Aus seiner Sicht sollten Frauen sowieso bestenfalls Laufrad, Kinder- oder Einkaufswagen fahren. Esfreut ihn diebisch, wenn er seinem Opfer alte Winterreifen andrehen und teure Stoßdämpfer einbauen kann, obwohl es gar nicht nötig gewesen wäre.
    Der Jungschnösel ist häufig auch in der Elektronikbranche, in Baumärkten und an Tankstellen anzutreffen. Seine Überlegenheit spiegelt sich schon in kleinsten Anmerkungen wider: »Ist denn Benzin im Tank?«, »Vielleicht ist die Glühbirne defekt?«, »Haben Sie mal nach der Sicherung gesehen?«
    Der Jungschnösel ist bisweilen auch Kellner, Bankangestellter oder Physiotherapeut, Skilehrer, Zahnarzt oder Juniorchef. Er sitzt im Kino, im Flugzeug, in der Sauna oder im Bus neben einem. Wenn man seine Präsenz nicht gleich gebührend würdigt, macht er sich durch akustische und taktile Signale bemerkbar: dramatisches Keuchen und Stöhnen in der Sauna, Ellenbogenduelle auf der Sessellehne im Flugzeug.
    Der Jungschnösel tritt auch im Schuldienst auf. Er strebt einen Posten als Schulrat oder Bildungsminister an. Er lässt sich doch nicht beim Fußvolk verheizen, in einem Beruf, in dem nur »Masochisten« richtig aufblühen. Er ist doch nicht blöd. Schön ist es natürlich schon, dass die

Weitere Kostenlose Bücher