Die Duftnäherin
schnaubte. »Wenn es nach Helme von Minden gegangen wäre, gewiss.«
Er ging in Gedanken noch einmal den Augenblick durch, in dem er Helme hatte davonjagen sehen, und wie er selbst danach das Gasthaus betreten hatte. Die Wirtin hatte schroffe Reden über den Mann geschwungen, daran erinnerte er sich noch gut. Sie schien ihn gut gekannt zu haben. Die Mosaiksteine in seinem Kopf ergaben langsam ein Gesamtbild. Wenn die Wirtin Helme von Minden kannte, dann gewiss nicht, weil er dort nur Rast gemacht hatte.
»Sagtest du nicht gerade, Wyland, der Kerl hätte sich als Helme von Minden vorgestellt, sprich, er käme aus Minden?«, fragte Cornelius.
Wyland nickte. »Zumindest wurde er mir und anderen unter diesem Namen in Egidius’ Haus vorgestellt.«
»Ganz bestimmt sogar«, bekräftigte Albrecht. »Ich habe sogar einen meiner Diener als Boten dorthin geschickt, ihr erinnert euch doch sicher. Der sollte Helme von Mindens Dienerschaft darüber unterrichten, dass ihr Herr überfallen worden war und deshalb frische Kleidung und neue Geldmittel benötigte. Doch der Bote konnte mir nach seiner Rückkehr in Köln nicht mehr berichten, weil er als Fischfutter im Rhein gelandet war.«
Wyland ballte die Hände zu Fäusten. »Ich war schon beim ersten Treffen mit ihm davon überzeugt, dass dieser Mann uns vorführt. Der war noch nie ein Edelmann, noch gehört er den Kaufleuten an. Wir haben damals einen Betrüger und Mörder in unserer Mitte aufgenommen.«
»Und einen hohen Preis dafür bezahlt«, ergänzte Cornelius.
»Was wollen wir nun unternehmen?« Wyland sah zwischen den Freunden hin und her.
»Im Moment gar nichts, mag uns das auch noch so sehr gegen den Strich gehen.« Cornelius war aufgestanden. »Aber die Probleme in Köln sind derzeit einfach zu groß, als dass wir alles stehen und liegen lassen könnten, um dem Mann Gott weiß wohin nachzusetzen. Selbst wenn er in Lünen gelebt haben sollte, hilft uns diese Erkenntnis nicht weiter.«
Albrecht und Wyland erhoben sich nun ebenfalls. »Cornelius hat recht, Wyland. Hier gibt es jetzt genug zu tun, was Vorrang hat. Doch wir werden von Mindens Taten darüber nicht vergessen. Weder den Mord an Benjamin und Egidius noch den am Henker und Schlüsselmeister, die er, wie ich vermute, ebenfalls auf dem Gewissen hat. Und eines schönen Tages werden wir ihn dafür hängen sehen.«
Wyland trat zwischen die beiden und legte jedem eine Hand auf die Schulter. »Das werden wir, meine Freunde, so wahr ich hier stehe.«
Es war Jahre her, dass er das Kloster zuletzt besucht hatte, doch fand er den Weg dorthin ohne Mühe wieder. Sein Pferd war klatschnass und schnaubte heftig, als er den Zügel herumriss und es rüde zum Stehen brachte. Helme hatte weder sich noch dem Tier längere Pausen gegönnt, sondern den Schimmel angetrieben und gehetzt, als ginge es um Leben und Tod. In wenigen Augenblicken würde er Annas habhaft werden. Er konnte es kaum erwarten. Und sein alter Freund würde gewiss dafür sorgen, dass die Leiche unauffällig entsorgt werden würde. Dafür dürfte er sich vorher an der kleinen Schlampe auch noch gütlich tun, während Helme den beiden zusehen und Anna danach die Kehle zudrücken würde. Sein Glied versteifte sich in der Hose.
Genauso hatten sie es schon einmal gemacht, damals, mit dieser kleinen Magd, die so wunderbar geduftet hatte. Das war kurz bevor er Katharina heiratete gewesen. Alles war bereits vorbereitet, van Goossen hatte ihm schon das Geld dafür bezahlt, und Hermann und er wollten sich noch ein letztes Mal treffen, bevor er selbst weggehen und sein Freund in Bremen zurückbleiben sollte. Seit Jahren schon kannten sie sich und wussten, was sie voneinander zu halten hatten. Es war diese besondere Verbindung, wie es sie nur zwischen Männern gab, die sich nicht mehr darum scherten, was der jeweils andere womöglich von ihm dachte. An jenem Tag hatten sie sich außerhalb der Bremer Stadtmauer getroffen, um sich zu verabschieden. Damals dachte Helme noch, nach nur wenigen Jahren mit seiner Frau und dem Bastard, den sie gebären würde, nach Bremen zurückkehren und sein altes Leben wieder aufnehmen zu können. Zwar wusste er, dass er es nun nicht mehr so bunt treiben können würde, wie er es die ganzen Jahre zuvor getan hatte, doch wäre er nie auf den Gedanken gekommen, derart lange in einem stickigen Städtchen wie Lünen ausharren zu müssen. Sie hatten an einem kleinen Ausläufer der Weser gesessen und über die Zukunft gesprochen, als sie
Weitere Kostenlose Bücher