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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Krinard
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vor Wut. Sie hatte ihn noch nie so emotional erlebt. Er war immer stolz darauf gewesen, seine Gefühle vollkommen unter Kontrolle zu haben. Erst in letzter Zeit hatte er angefangen, offen zu zeigen, wenn er von ihr genervt oder enttäuscht war. Das Ergebnis gefiel ihr überhaupt nicht.
    “Ich habe dir alles gesagt, was ich weiß”, sagte sie mit dem letzten Rest ihrer Geduld. “Ich habe ihn auf der Straße gefunden. Er hat mich an Barry erinnert, also habe ich beschlossen, ihm zu helfen.”
    “Du hast ihn einfach ‘auf der Straße gefunden’.”
    “Das stimmt. Es war offensichtlich, dass er ein Söldner war, der seit dem Krieg eine Menge durchgemacht hat. War es so falsch, ihm da zu helfen?”
    “Ein Söldner? Er ist kaum älter als du.”
    “Einige von ihnen waren nicht älter als fünfzehn oder sechzehn.”
    “Aber du weißt nichts über seine Vergangenheit.”
    Sie zuckte mit den Schultern. “Wenn er den Job nicht schafft, merken wir das bald genug.”
    Mitch senkte den Kopf wie ein Bulle kurz vor dem Zustoßen. “Und was ist da noch, Gwen?”
    “Sag mir nicht, dass du eifersüchtig bist auf irgendeinen armen Kerl, der nicht einmal ein eigenes Hemd hat?”
    Er starrte an die gegenüberliegende Wand. “Natürlich bin ich nicht eifersüchtig.”
    “Dann gib ihm eine Chance. Du wirst ihm doch sowieso kaum begegnen.”
    Mitch stakste davon. Hinter seinen Augen kochte immer noch die Wut. Gwen stützte sich auf ihre Ellenbogen und rieb sich die Stirn. Dorian war erst seit ein paar Tagen beim
Sentinel
, und Mitch war die ganze Zeit schon verschlossen und grimmig gewesen. In der ersten Nacht hatte sie ihm, nachdem er einen Artikel beendet hatte, Dorian vorgestellt, und die Feindseligkeit auf seiner Seite war fast zu schmecken gewesen. Es war, als hätte er gewusst, dass Dorian einige Nächte in ihrem Apartment verbracht hatte. Als hätte er gewusst, dass sie Dinge getan hatte, die ihn schockiert hätten.
    Was auch immer in seinem Kopf vorging, damals oder heute, sie musste zugeben, dass er mit seinen Instinkten nicht ganz falschlag. Da
war
noch etwas anderes, etwas, das in dem Moment Besitz von ihr ergriffen hatte, als sie Dorians sterbenden Körper in den Armen hielt. Etwas, das sie ohne jeden Erfolg zu verleugnen versuchte.
    Sie hatte ein gewisses Maß an Erleichterung verspürt, als Dorian aus ihrem Apartment ausgezogen und neben Walter eingezogen war, aber sie ertappte sich immer noch dabei, dass sie an ihn dachte, wenn sie sich eigentlich auf ihre Aufträge konzentrieren sollte. Sie freute sich auf die Zeit, wenn er zur Arbeit erschien, ruhig und verschlossen und immer weniger wie der verstörte und feindselige Eremit, den sie am Flussufer getroffen hatte. Oder wie der Mann, der erst vor Kurzem sein eigenes Leben hatte beenden wollen.
    Aber Dorian war immer noch gefährlich, auch wenn er seine bescheidenen Pflichten gern erfüllte. Sie arbeitete oft bis spät in die Nacht, und wenn er mit einem Mob, einem Besen und einer Schaufel in ihr Büro kam, konnte sie nicht anders, als ihm zuzusehen, seinen Muskeln, die unter seinen Cordhosen arbeiteten, den Bewegungen seiner Arme und Schultern. Manchmal sah er auf und bemerkte ihren Blick, und sie gestattete sich, zu glauben, dass sie auch in seinen Augen Hunger erkannte, ehe er sich abwendete.
    Das war natürlich nur Wunschdenken. Wenn er sie wirklich wollte, hatte er genug Gelegenheiten gehabt, es ihr zu zeigen. Es bestand kein Zweifel daran, dass er ein treuer Freund geworden war, der sogar auf eine eigene Art Zuneigung zeigte. Er mochte sie genug, um sie zu warnen, welche Gefahren ihre Arbeit bergen konnte, egal wie falsch er damit liegen mochte.
    Aber das waren auch schon die Grenzen ihrer Beziehung. Entweder war sie einfach nicht sein Typ, oder er hatte früher schlechte Erfahrungen mit Frauen gemacht. Sie hätte ihr letztes Hemd verwettet, dass er
so was
mit ihr nicht besprechen wollte.
    Und sowieso, wieso sich einmischen? Warum die Dinge noch komplizierter machen, als sie ohnehin schon waren, nur weil sie ihre Gefühle nicht unter Kontrolle hatte? Er konnte nicht mehr als eine flüchtige Verschossenheit sein, aus der sie mit der Zeit herauswachsen würde.
    Mit Mitch umzugehen war schwierig genug, besonders, seit er sich noch mehr darum bemühte, sie für sich zu gewinnen. Jeden Morgen standen frische Blumen auf ihrem Schreibtisch. Er bestand darauf, sie zum Mittagessen auszuführen, und opferte dafür sogar seine normalerweise unumstößliche Hingabe an

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