Die dunkle Seite der Dinge
Gesichter, dann schüttelte
sie den Kopf. „Wahrscheinlich ist die Aufnahme eher zufällig
entstanden.“
Aber das folgende Foto bewies,
dass sie sich irrte, denn es zeigte die Gesichter zweier Frauen, die
zuvor noch am Bildrand gestanden hatten. Obwohl sie nun direkt in die
Kamera blickten, lächelten sie nicht. Überhaupt gaben sie
ein merkwürdiges Paar ab, denn während die kleinere
schüchtern ihre Augen niederschlug, funkelte die größere
stolz in die Linse.
„ Wow, die sieht super aus!“
Lennart tippte auf den Monitor.“
„ Ja“, stimmte
Franziska zu. „Wie eine mutige Kriegerin.“
Wellinger war in höchste
Alarmbereitschaft versetzt. Die Frauen waren farbig und sofort suchte
er in den Gesichtern nach Übereinstimmungen mit dem Antlitz der
Toten vom Rhein. Doch seine Sorge war unbegründet. Erleichtert
atmete er auf.
„ Jetzt kommt das letzte
Foto“, verkündete Lennart.
Der Bildschirm flackerte kurz,
dann rammte sich eine stählerne Faust in Wellingers Magen. Zwei
eindrucksvolle Augen blickten ihm entgegen. Augen, die für immer
verloren waren.
Kapitel 8
„ Ist der Alte da?“
Ricarda fuhr erschrocken
zusammen. Thorsten war unbemerkt hinter sie getreten.
„ Wonach sieht's denn aus?“
Die offene Tür erlaubte einen Blick in Wellingers verwaistes
Büro. Schnell griff sie in die Tüte mit Gummibärchen,
die sie auf ihrem Platz vorgefunden hatte. Wellinger musste sie ihr
als Wiedergutmachung auf den Schreibtisch gelegt haben. Kurz vor
Dienstschluss hatte er ihr eine zusätzliche Arbeit aufgebrummt,
aber sie war ihm deshalb nicht böse. Der Chef war eigentlich gar
nicht so übel. Gut, zu Beginn hatte sie etwas Angst vor ihm
gehabt. Wahrscheinlich war die Narbe in seinem Gesicht nicht ganz
unschuldig daran. Seltsam war nur, dass keiner der Kollegen ihr sagen
konnte, woher er sie hatte und er selbst sprach auch nicht darüber.
Nicht, dass sie es gewagt hätte, ihn danach zu fragen, auch wenn
sie vor Neugierde beinahe platzte. Manchmal zeigte der Chef seine
Launen, ein Chef eben, aber im Großen und Ganzen war er okay
und auch die anderen Kollegen verhielten sich ziemlich nett. Nur
Thorsten war ein ständiges Ärgernis. Ricarda hoffte, dass
er bald wieder verschwinden würde. Wieso war er eigentlich im
Büro? Er hatte sich doch für diesen Tag frei genommen.
„ Was machst du da
eigentlich?“ Thorstens Atem streifte unangenehm ihre Wange, als
er sich über ihre Schulter beugte.
Ricarda rückte von ihm ab,
aber er setzte sofort nach.
„ Die Rechte würde ich
auch nicht von der Bettkante stoßen.“ Er zeigte auf den
Monitor und schnalzte mit der Zunge.
„ Thorsten, verzieh dich!“
„ Haben die beiden Schnecken
etwas mit dem Mord vom Rhein zu tun?“
„ Kann sein und jetzt hau
ab! Hast du nicht Urlaub?“
„ Och, ich hatte Sehnsucht
nach dir“, grinste er und beugte sich noch weiter über
sie.
Ricarda zog den Kopf ein.
„ Wenn die beiden nicht auch
tot im Rhein rumgammeln, sind sie bestimmt schon längst in
irgendeinem Bordell gelandet. Der Zuhälter, der die schwarzen
Feger für sich laufen lässt, wird ne Stange Geld
verdienen.“
„ Was redest du bloß
für einen Müll?“ Ricarda funkelte erbost zu ihm hoch,
aber Thorsten lachte laut auf.
„ Wieso rede ich Müll?
Schau dir die beiden doch an, besonders die hier.“ Er zeigte
auf die größere der beiden Frauen. „Wenn die nicht
in der Horizontalen arbeitet, dann weiß ich es auch nicht.“
Im selben Moment jaulte Thorsten
laut auf. Ricarda hatte sich mit aller Kraft vom Schreibtisch
abgestoßen, so dass die Metallrollen ihres Stuhles über
seine Füße holperten.
„ Bist du bescheuert?“,
schrie er und hüpfte mit schmerzverzerrtem Gesicht durch den
Raum. Im selben Augenblick betrat Wellinger das Büro.
Argwöhnisch betrachtete er die Szene.
„ Oh Thorsten, das tut mir
aber leid! Wenn ich gewusst hätte, dass du so nahe hinter mir
stehst, wäre ich vorsichtiger gewesen“, säuselte
Ricarda.
Mit hochrotem Kopf stürmte
Thorsten aus dem Büro hinaus.
„ Ich bin aber auch zu
ungeschickt“, lächelte Ricarda Wellinger freundlich zu,
dann griff sie in die Ablage und drückte ihm einen Stapel
Ausdrucke in die Hand. „Danke für die Gummibärchen“,
strahlte sie ihn an, ohne die flüchtige Irritation in seinem
Blick zu bemerken.
Aufmerksam betrachtete der
Kommissar ihre geröteten Wangen, dann warf er einen Blick auf
die Abzüge. „Ich finde überhaupt nicht, dass Sie zu
ungeschickt sind“, nickte er ihr
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