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Die dunkle Seite der Dinge

Die dunkle Seite der Dinge

Titel: Die dunkle Seite der Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Reitz
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nicht
ungewöhnlich. Die Patienten erhalten einen Code. Schau hier in
der ersten Spalte. Jedes Kürzel steht für einen Patienten.
Es kommt darauf an, für wen die Unterlagen bestimmt sind. Aber
dann wird es interessant. Siehst du es?“
    „ Nein, verdammt nochmal!
Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!“
    „ Ich erklär's ja
schon.“
    Wellinger hätte sich
ohrfeigen können. Er hatte nicht so grob sein wollen. Franziska
stand unter einer noch größeren Anspannung, als er selbst.
Schließlich war ihr Bruder in diese Sache verwickelt. „Was
ist interessant?“, fragte er deshalb ruhiger.
    „ Na ja, die Art und Weise,
wie die Unterlagen geführt worden sind. So wird das eigentlich
nicht gemacht.“
    „ Aber du hast doch gerade
selbst gesagt“, hob er an, doch sie unterbrach ihn. „Ich
spreche nicht von der Codierung der Patienten. Es ist mehr, was die
anderen Einträge für Rückschlüsse zulassen.“
    „ Nämlich?“
    „ Wir müssen es hier
mit schwerkranken Menschen zu tun haben. Nur, dass die Diagnose
fehlt.“
    „ Woran siehst du dann, dass
sie krank sind?“
    „ Na, an den Medikamenten,
die sie bekommen. Schau, in den nächsten Spalten findest du
Angaben darüber.“ Sie tippte heftig mit dem Zeigefinger
auf verschiedene Einträge, doch so sehr Wellinger sich auch
anstrengte, er konnte mit den Ziffern- und Buchstabenkombinationen
nichts anfangen. Und erst recht nicht mit den lateinischen
Bezeichnungen.
    Franziska bemerkte seine
Unsicherheit. „Du verstehst es kein bisschen. Stimmt's?“
    „ Ich habe nicht die
leiseste Ahnung, was du darin siehst“, gab er unumwunden zu.
„Chemie und Latein habe ich gehasst, wie die Pest. Ich
befürchte, du wirst es mir ganz genau erklären müssen.“
    Umgehend kam sie seiner
Aufforderung nach. „Hier wird zum Beispiel Atazanavir
aufgeführt. Das ist ein Mittel, das HIV Patienten verabreicht
bekommen, um den Verlauf der Krankheit hinauszuzögern und
abzuschwächen. Da sind aber noch weiter Substanzen, die die
einzelnen Patienten bekommen. Die Kombination ist, sagen wir mal,
ungewöhnlich. Ich frage mich, welche Krankheit behandelt werden
soll?“
    „ Was ist daran
ungewöhnlich?“
    „ Die Dosierung und vor
allem die Kombination der Wirkstoffe. Die Wechselwirkungen könnten
gravierend sein. Der Patient hat meines Erachtens keine große
Wahl. Entweder stirbt er an seiner Krankheit oder an diesem
Wirkstoffcocktail.“
    Wellinger starrte auf die
Tabellen, dann griff er in die Hosentasche und zog sein Handy hervor.
Schweigend gab er eine Nummer ein und lauschte. Endlich wurde das
Gespräch entgegengenommen.
    „ Wolfgang, hier ist
Carsten. Kannst du mir sagen, ob es bei der Rheinleiche Indizien für
einen Medikamentenmissbrauch gegeben hat? Ich meine, hast du eine
Untersuchung auf chemische Rückstände durchgeführt?“
    „ Frag ihn, ob die Organe
verändert waren, vor allem Leber und Nieren“, drängte
Franziska.
    Wellinger wiederholte ihre Frage
und lauschte. „Könnte es sein, dass du etwas übersehen
hast?“
    Hagens Schimpftirade drang
deutlich durch das kleine Mobiltelefon. Wellinger zog eine Grimasse.
„Man wird ja wohl noch fragen dürfen.“ Er beendete
das Gespräch und wandte sich an Franziska. „Da war nichts.
Wolfgang ist sich absolut sicher. Die Frau war sauber. Keine Drogen,
keine chemischen Substanzen. Nichts.“
    „ Es wäre auch zu
einfach gewesen.“ Sie trat ans Fenster und sah hinaus.
„Trotzdem, es muss einen Zusammenhang zwischen der Toten, den
beiden anderen Frauen und diesen Berichten geben. Warum sonst hätte
Mike das alles fotografieren sollen?“
    Auch Wellinger war von dieser
Theorie überzeugt.
    Franziska kehrte zum Tisch
zurück. „Hast du mal gezählt, wie viele das sind?“
    Er überflog die Einträge.
„Achtunddreißig.“
    „ Achtunddreißig?“
Franziska ließ sich auf den Stuhl sinken. Ihr Gesicht hatte
jegliche Farbe verloren.
    „ Was ist los?“
    „ Ich habe dir noch nicht
die letzte Spalte erklärt“, sage sie leise.
    Sofort warf er einen Blick
darauf. Jedem Patienten war handschriftlich ein Datum zugeordnet
worden. Die Daten bewegten sich in einem Zeitraum von einer Woche.
    „ Was ist damit?“,
fragte er, doch er ahnte es bereits.
    „ Exitus“, flüsterte
Franziska. „Achtunddreißigfacher Exitus.“

Kapitel 12

    Die Luft in Wellingers Büro
war stickig. Nachdem der Sommer sich viel zu lange zurückgehalten
hatte, zeigte er nun sein ganzes Können. Neben heißen
Temperaturen hatte er auch

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