Die dunkle Seite der Dinge
werden umgangen“, bestätigte
sie seinen Verdacht und beugte sich vertraulich zu ihm hinüber.
„Ich habe schon Kollegen dabei erwischt, wie sie ihren
Patienten Medikamente verabreicht haben, welche noch gar nicht durch
das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
zugelassen worden waren. Alle entwickelten Arzneimittel müssen
nämlich von dieser Behörde vor ihrer Abgabe an einen
Menschen hinsichtlich ihrer Wirkung und ihrer Gefahren bewertet
werden. Vor allen Dingen macht die Behörde strenge Auflagen für
die klinische Forschung. Diese Auflagen werden aber immer wieder
umgangen und die Ärzte, die ich vorhin erwähnt habe,
führten für die Pharmakonzerne illegale Tests durch und
haben dabei kräftig abkassiert. Gleichzeitig haben sie mit der
Gesundheit, wenn nicht sogar mit dem Leben ihrer Patienten gespielt.“
„ Aber so etwas geht doch
nicht lange gut. Wer ist denn so bescheuert und riskiert, bei solch
illegalen Versuchen in einem Krankenhaus entdeckt zu werden?“
„ Es gibt genug überhebliche
Arschlöcher. Vieles kommt gar nicht erst ans Licht und wenn
doch, dauert es manchmal erstaunlich lange, bis so ein Fall
auffliegt. Wenn es dann mal passiert, gibt es in der Bevölkerung
einen riesigen Aufschrei, gefolgt von einer gigantischen
Medienschlacht. Nicht nur das Krankenhaus, sondern auch der
beteiligte Pharmakonzern gerät unter einen enormen Druck. Nimm
nur das Beispiel von TeGenero. Obwohl in diesem Fall die
Versuchsreihe legal durchgeführt worden ist, musste das
Unternehmen nach dem missglückten Versuch Konkurs anmelden und
dabei dringt immer nur die Spitze des Eisberges an die
Öffentlichkeit. In sehr vielen Fällen werden negative
Berichte zurückgehalten, weil zum einen die Forschung nicht
behindert werden soll, aber vor allem deswegen, weil man keinen
Kurseinbruch an der Börse riskieren will. Aber die Bevölkerung
ist in den vergangenen Jahren aufmerksamer geworden und die Menschen
lassen sich nicht mehr so leicht hinters Licht führen. Viele
Patienten haben an Selbstbewusstsein dazu gewonnen. Die Menschen sind
aufgeklärter und sie erstatten Strafanzeige oder suchen
Unterstützung bei den Medien, wenn sie falsch behandelt worden
sind und weil das so ist, hat sich in der pharmazeutischen Forschung
eine neue Tendenz entwickelt, die nicht weniger menschenverachtend
ist.“
„ Was meinst du?“
Franziska schaute ihn grimmig an.
„Die Industrie umgeht die deutschen oder europäischen
Gesetze und entzieht sich der Kontrolle der Aufsichtsbehörden,
indem sie ihre Tests ins Ausland verlagert. Zwar werden den
Pharmakonzernen auch dort von der Weltgesundheitsbehörde strenge
Auflagen gemacht, aber die Bevölkerung, aus deren Mitte die
Probanden rekrutiert werden, ist leichter zu beeinflussen.
Meinetwegen kannst du auch sagen, dass man die Menschen leichter
einschüchtern kann. Die Testpersonen leiden unter einem größeren
ökonomischen Druck, als das bei uns der Fall ist, so dass sie
manchmal keine andere Wahl haben, als sich als Versuchsperson zur
Verfügung zu stellen. Unsere Medikamente, die Medikamente für
die Krankheiten der westlichen Welt, werden zunehmend in den
Schwellenländern China und Indien getestet und in der Dritten
Welt, vornehmlich in Afrika.“
„ Ich dachte immer,
Krankheiten wären international und würden keine Grenzen
kennen. Wie kann es da sein, dass du von Krankheiten der westlichen
Welt sprichst?“
„ Denk mal darüber
nach. In Afrika gibt es Erkrankungen, von denen wir Gott sei Dank
verschont geblieben sind. Bilharziose, das ist ein Befall von
Saugwürmern oder die Elefantiasis sind nur zwei Beispiele, von
denen in Deutschland kaum jemand etwas gehört hat. Dann gibt es
noch die Schlafkrankheit, deren Name uns suggeriert, dass sie eher
harmlos zu sein scheint. Tatsächlich ist die Krankheit absolut
tödlich und die Menschen leiden eine entsetzlich lange Zeit,
bevor sie sterben. Trotzdem entwickelt die Pharmaindustrie dafür
keine oder nur unzureichende Medikamente. Diese Krankheiten zu
erforschen, vor allem, eine erfolgreiche Heilmethode für sie zu
etablieren, lohnt sich für die Aktionäre nicht. Die
Menschen in den Entwicklungsländern sind so arm, dass sie sich
keine Medikamente leisten können und schon gar keine mit
Patentrecht. Dementsprechend hat man sogar einen Begriff für
diese Leiden gefunden. Man nennt sie Die
vernachlässigten Krankheiten .
Den Menschen wird einfach nicht geholfen. Eine Studie belegt, dass
die Lebenserwartung südlich
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