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Die dunkle Seite der Dinge

Die dunkle Seite der Dinge

Titel: Die dunkle Seite der Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Reitz
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einer dicken
Kette an einem Laternenpfahl festgebunden war. Erschrocken fuhr sie
zurück und starrte auf das zerkratzte Sichtfenster des Kastens.
Mit stolzen Augen blickte sie von dem Titelbild einer Zeitung herab.
Ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie auch Bashashas geliebtes
Gesicht entdeckte. Zärtlich strich sie über das Glas,
suchte in der Berührung den erlittenen Verlust zu lindern, doch
nicht etwa Trost, sondern Kälte drang in ihren Körper und
mehrte ihren quälenden Durst. In ihren Kopf drängte sich
das Bild der sterbenden Freundin. Das Bild zerriss sie. Amaziah hatte
Bashasha beschützen wollen und doch nur kläglich versagt.
Ein Schluchzen entwich ihrer Kehle und Tränen liefen an ihren
Wangen hinab. Etwas kleiner war der Mann mit dem Haar in der Farbe
des Weizens abgebildet. Warum war er in dieser Nacht nicht gekommen?
Hatte er sie absichtlich in die Falle geführt oder war er daran
gehindert worden, sich mit ihnen zu treffen? Vielleicht hatte Amaziah
ihm zu sehr vertraut und nun lag ihre Hoffnung in Scherben und die
scharfen Kanten stießen in ihr Herz. Betäubt schaute sie
auf das Foto einer weiteren dunkelhäutigen Frau. Diese Frau war
ihr fremd.
    Und dann sah sie ihn. Durch den
Tränenschleier hindurch, der ihre Augen benetzte, hatte sie ihn
nicht sofort erkannt. Der Jäger hatte sich unbemerkt
herangeschlichen. Er hatte sich geschickt getarnt, indem er vorgab,
so zu sein wie sie. Doch Amaziah ließ sich nicht von ihm
täuschen. Sie wusste, dass sich sein Antlitz von dem der anderen
unterschied. Wie ein böser Zauber hatten feine Striche und
Linien sein Gesicht auf das Papier gebannt. Er hatte kein Recht, sich
unter sie zu mischen, so zu tun, als wäre er von ihrer Sorte.
Amaziah schlug auf den Kasten ein. Die Scheibe zerbrach. Sie schlug
ein weiteres Mal zu und dann wieder. Erst als ein heftiger Schmerz
ihre Hand durchfuhr, hielt sie inne. Wie betäubt starrte sie auf
den tiefen Schnitt, der sich über ihre Handfläche zog. Die
roten Tropfen spritzen auf den Asphalt und das Leben, das sie ohnehin
nicht mehr besaß, floss aus ihr heraus. Sie legte sich auf den
Boden, zog ihre Beine an, machte sich klein, wie ein Embryo, bereit
den Kreis zu schließen. Die Geräusche der Stadt hallten
von dem grauen Beton wider, vermischten sich zu einer hässlichen
Symphonie. Müll und Hundekot verschwammen aus dieser Perspektive
zu einem widerlichem Szenario. Überall Tod und Gestank.
    Und dann entdeckte sie in der
grauen Steindecke einen Riss. Klein war er und eigentlich völlig
unauffällig. Nichts unterschied ihn von all den anderen Rissen,
die sie in der grauen Betondecke bemerkte. Und doch zwängte sich
aus diesem Spalt ein winziger Halm hervor. Vorsichtig berührte
sie ihn mit den Fingerspitzen. Ein Käfer krabbelte vorbei,
verfolgte unbeirrt seinen Weg. Sie legte die flache Hand auf den
Boden. Der Käfer zögerte zunächst, doch dann kletterte
er an ihren Fingern hoch. Sein Panzer leuchtete in der Sonne. Nun
drang durch die verzerrte Geräuschkulisse der Stadt auch ein
melodischer Gesang zu ihr durch. Sie lauschte der wunderbaren Melodie
und ihr Blick klärte sich. Unmittelbar über ihr saß
ein kleiner schwarzer Vogel auf dem Ast eines Baumes. Sein Lied
erreichte ihr Herz.
    Still und leise ergriff ein
Gedanke von ihr Besitz, wuchs zaghaft heran, wie der Halm, der sich
durch die Betondecke schob. Sie vernahm die Worte ihrer Mutter. Du
bist etwas Besonderes. Ihr Herz beruhigte sich. Behutsam setzte sie den Käfer auf dem Halm
ab. Sofort krabbelte er hinauf zur Spitze, öffnete seine Flügel
und stieg in die Luft.
    Sie sah ihm nach, bis sich der
kleine Punkt in der Ferne verlor. In diesem Moment schuf das blaue
Firmament die Verbindung zu ihrer Heimat. Der Himmel trug die
unendliche Weite Afrikas in sich.
    Amaziah stand auf und straffte
die Schultern. Sie warf den Mantel der Gejagten von sich. Zum
Vorschein trat die entschlossene Jägerin.

    Wellinger schob die Teile des
Puzzles hin und her und doch war er außerstande, sie ineinander
zu fügen. Was übersah er? Die Zeit drängte und
arbeitete gegen ihn. Innerhalb weniger Tage hatte man zwei Frauen
brutal ermordet, das Schicksal einer anderen Frau war ungewiss und zu
allem Überfluss blieb Franziskas Bruder weiterhin spurlos
verschwunden.
    Er dachte an die Dokumente, die
auf mysteriöse Weise in den Besitz des Journalisten geraten
waren und eine Vielzahl menschlicher Tragödien vermuten ließen.
    Ungeduldig hatte Wellinger nach
dem Fund der zweiten toten

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