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Die dunkle Seite des Ruhms

Die dunkle Seite des Ruhms

Titel: Die dunkle Seite des Ruhms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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natürlich gab es unwiderlegbare Erklärungen, natürlich mußte Lora einsehen, daß die rechte Hand von Hunters mehr tun mußte, als dessen eigene linke Hand, natürlich mußte Jérome viel unterwegs sein, um die vielen laufenden Produktionen zu überwachen, wie er überhaupt zum Feuerwehrmann des Senders wurde. Doch für Lora war die ständige Anwesenheit von Felicitas Saunders auch ein Anlaß, daß Ballister immer mehr mit dem Sender verheiratet war als mit ihr.
    Beweisen konnte sie nichts. Das war das Fatale. Auch bei ACF selbst sprach niemand von einer Affäre Ballister-Saunders. Und das will etwas heißen. Es gibt kaum ein größeres Klatschnest als einen Fernsehsender, und – wieder mit Ausnahme der Mediziner – nirgendwo ist gegenseitiges Mißtrauen, Bespitzeln, Karrieresucht, Rufschädigung, Abwertung fremder Leistungen, heimliches Abschießen und seelenerweiternde Schadenfreude ein so fester Bestandteil des täglichen Lebens wie beim Fernsehen.
    Aber über Ballister sprach niemand. Und von Felicitas Saunders sagte man, sie vergliche alle mit ihrem gefallenen Mann Bob und nähme es den anderen Männern übel, daß sie nicht auch in Vietnam geblieben wären.
    Lora zog sich Felicitas als Freundin heran. Das war ein ebenso alter, wie sinnloser Trick. Er brachte nichts ein außer vermehrtes Mißtrauen. Denn jetzt, als Mitglied des Hauses Ballister gewissermaßen, konnte Jérome als höflicher Mensch Felicitas sogar in Gegenwart von Lora mit einem Kuß begrüßen. Und ebenso langsam wie Ballister aus seiner Ehe wegglitt, rutschte Lora in eine verderbliche Hysterie hinein. Das fing mit Migräneanfällen an, steigerte sich über Nervenschmerzen am ganzen Körper bis zu rätselhaften Weinkrämpfen, um schließlich beim Psychiater zu enden. Eine Frauenkarriere, über die sich in Amerika niemand mehr wundert. Der Gedankenaustausch über Psychiater gehört zu den Lieblingsthemen von amerikanischen Frauenzirkeln.
    »Du mußt mir erzählen!« sagte Lora jetzt und zog Felicitas in einen Nebenraum. Im großen Wohnzimmer, das ausgeräumt worden war und wie ein Saal wirkte, begann eine Combo zu spielen. Zur Einstimmung. Später wurde es klassisch, mit Flügel und einem kleinen Streichorchester, wenn die alten großen Stars noch einmal für die Wohltätigkeit auftraten. »Ist der Prinz wirklich ein so faszinierender Mann?«
    »Er hat Geld«, antwortete Felicitas. »Er hat so viel Geld, daß er gar nicht weiß, wieviel es ist. So denkt und lebt er auch. Wenn das faszinierend ist …«
    »Er hat dich tatsächlich entführt?«
    »Wer sagt das?«
    »Das Kamerateam! Und Jérome wollte erst nicht mit der Sprache heraus, aber ich habe ihn weich gekocht, bis er redete. Im Bett kann Jérome wegschmelzen wie Fett in der Pfanne.«
    Felicitas ließ diesen Hieb über sich ergehen, ohne Wirkung zu zeigen. Sie lächelte sogar Lora an. »Der Prinz wollte mich überreden, mitzukommen.«
    »Also stimmt es doch! Und du hast abgelehnt?«
    »Bin ich käuflich?«
    »Du wärst eine der reichsten Frauen der Welt geworden … ohne die Schinderei beim Sender.«
    »Ich trage da einen gewissen, sicherlich dummen Stolz mit mir herum, liebe Lora«, sagte die Saunders ruhig. »Ich möchte Karriere machen durch meinen Geist, nicht durch meinen Unterleib. Unmodern, was? Macht nichts. Ich habe Freude an diesem Leben.«
    »Bist du moralisch?« fragte Lora. Sie sah dabei Felicitas an wie ein Geier, der neben seiner Beute hockt.
    »Nein! Ich bin nicht moralisch«, sagte die Saunders ohne Zögern. »Wer ist das schon?«
    »Du könntest dir einen Geliebten halten?«
    »Bin ich keine Frau?«
    »Auch einen verheirateten Geliebten?«
    »Warum nicht?«
    »Du würdest nie an die andere Frau denken?«
    »Immer! Ich würde sie beneiden, daß sie diesen Mann ständig hat, Tag und Nacht, ich nur stundenweise und in weiten Abständen.«
    »Das ist doch gemein, so schrecklich gemein!« sagte Lora. Ihre Stimme war wie mit Staub belegt. »Es gibt Millionen andere Männer.«
    »Es gibt Milliarden Sterne – sagen die Astrologen – aber nur einer von ihnen ist unser persönlicher Leitstern.« Felicitas wandte sich um. Der Sänger Raoul Croix steckte den Kopf zur Tür herein. Er war früher ein großartiger Bariton gewesen, ein umjubelter Don Giovanni, bis nach einem schrecklichen Autounfall seine beiden Beine verkrüppelten. Man singt zwar nicht mit den Unterschenkeln, aber das Wissen, nie mehr elegant wie früher auf einer Bühne stehen zu können, warf Croix aus der Bahn.

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