Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)
zum Erfolg der Ermittlungen beitragen.«
Lochner sah von einem zum
anderen. Immer wieder leckte er sich über die Lippen, setzte zum Sprechen an, überlegte
es sich im letzten Moment dann aber doch anders.
»Na, Sie haben ja noch ein
bisschen Zeit, um darüber nachzudenken«, meinte Leichtle leichthin. Die Beamten
ließen Lochner schmoren, während sie auf den angeforderten Drogenhund warteten.
Als sie erfuhren, dass der bei einem anderen Einsatz länger gebraucht wurde,
änderten sie ihren Plan. Sie forderten weitere Kollegen an und teilten sich
auf: Leichtle und ein Beamter brachten Michael Lochner ins Präsidium, während
Hackenholt die Durchsuchung leitete.
In der Wohnung gab es viele
Orte, die als Versteck genutzt werden konnten, trotzdem hatte Lochner sich
keine sonderliche Mühe gegeben. Ein Päckchen mit Pillen fand Hackenholt, als er
den Benjamini aus seinem Blumentopf hob und die Erde etwas genauer inspizierte.
Ein weiteres Päckchen war im Schlafzimmer in Socken gewickelt, ein drittes kam
in der Küche in einer leeren Salzpackung zum Vorschein. Alle enthielten die
bekannten Pillen. Hackenholt beschloss, sämtliche Räume später noch einmal vom
Spürhund durchsuchen zu lassen, damit sie sicher sein konnten, nichts übersehen
zu haben.
Im Auto fanden sie keine Drogen.
Einen Dachboden besaß die Wohnung nicht, dafür aber ein Kellerabteil, in dem
sie eine große Sporttasche mit Jonas’ vollständiger Kochausrüstung entdeckten.
Nachdem Hackenholt einen Blick hineingeworfen hatte, rührte er die Tasche nicht
weiter an. Eine genaue Sichtung und die damit verbundene Sicherung der Spuren
überließ er Christine Mur.
So kam es, dass der
Hauptkommissar einmal mehr wartend in der Wohnung saß. Allerdings brauchte die
Leiterin der Spurensicherung nicht halb so lange wie die Kollegen zuvor. Stück
für Stück räumte sie die Tasche aus. Zum Vorschein kamen Messzylinder, eine
Waage, ph-Papier, mehrere Becher, Tupper-Gefäße mit Deckel, ein Küchenmixer,
ein Mörser, eine Schale aus hitzebeständigem Glas, ein Thermometer, eine
Herdplatte mit Gasanschluss und noch ein paar weitere Kleinteile. Während
Hackenholt die Gerätschaften bestaunte, besah Mur sich einige winzig kleine
Flecken auf der Außenseite der Tasche, holte dann die Luminol-Lösung aus ihrem
Koffer, vermischte ein wenig davon mit Wasserstoffperoxid und sprühte die zu
untersuchende Fläche ein. Plötzlich erschien auf der Tasche eine Unzahl kleiner
bläulich schimmernder Tröpfchen. Blutflecken, deren Hämoglobin mit der
aufgesprühten Chemikalie reagierte. Sobald Mur die Spuren gesichert hatte,
begann sie die Seitenfächer der Sporttasche auszuräumen. Sie traute ihren Augen
nicht, als sie daraus einen blauen Müllsack mit Kleidungsstücken zutage
förderte, die voll winziger Schimmelflecken waren. Behutsam breitete sie eine
helle Sommerhose auf der mitgebrachten Folie aus und untersuchte sie. Sie war
völlig verdreckt: Getrockneter Matsch bröselte ab, ein Hosenbein hatte einen langen Riss auf Höhe des Schienbeins, am anderen hingen noch ein paar kleine
Kletten. Das kurzärmlige T-Shirt sah nicht viel besser aus. Auch an ihm fanden
sich Kletten, viel auffälliger war jedoch, dass es voller dunkelbrauner Flecken
war. Wieder kam das Luminol-Gemisch zum Einsatz.
»Oh mein Gott!«, stieß Mur
plötzlich völlig außer sich hervor. »Schau dir das an!«
Eine völlig unnötige
Aufforderung, denn Hackenholt sah ihr schon die ganze Zeit aufmerksam zu.
»Schau dir das an!«, wiederholte
sie noch einmal völlig entgeistert. »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«
»Ich finde, jetzt ziehst du aber
ein paar vorschnelle Schlüsse!«, protestierte Hackenholt, der glaubte, ihre
Befürchtungen erraten zu haben.
Mur schüttelte den Kopf. »Ich
würde meine Wohnung darauf verwetten, dass dieses Blut von Heinrich Gruber
stammt.«
»Was?« Hackenholt war
überrascht. Er hatte etwas anderes erwartet. »Wie kommst du denn da drauf?«
Mur starrte ihn verständnislos
an. »Was dachtest du denn?«
Hackenholt winkte ab.
Sie fixierte ihn noch immer mit
gerunzelter Stirn. »Sag jetzt nicht, du hast geglaubt, dieser Lehrer hätte bei
Jonas’ Tod die Finger mit im Spiel gehabt!«
»Wie kannst du dir so sicher
sein, dass das Blut von Heinrich Gruber stammt?«, hielt Hackenholt dagegen.
»Schau dir den Müllsack an, in
den die Kleider eingewickelt waren. Natürlich gibt es die Säcke in jedem
Supermarkt, aber trotzdem haben wir genau solche in der Laube gefunden.
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