Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller
Sesselpupser verlangt einen ausführlichen Bericht von mir. Eine Zwischenbilanz, wie er es nennt, die er dem Minister präsentieren kann.«
Balmes zügelte seine Wut nur mühsam.
»Kein Problem. Er bekommt eine hübsche Zwischenbilanz. Allerdings nicht sofort. Zunächst muss ich morgen in ein kleines Dorf im Département Seine-et-Marne, um herauszufinden, warum eine ermordete Journalistin sich für dessen Einwohner und insbesondere für eine gewisse Odile Brial interessierte. Das dürfte weiteren Stoff für die Bilanz liefern.«
»Wie du willst. Aber du fährst nicht selbst. Dazu bist du nicht in der Lage.«
»Ich kann gerne auch ein paar Tage freinehmen, wenn du willst.«
Bernard Balmes wandte sich murrend zum Gehen.
Vincent Calderone hatte Mistral zwei Listen auf den Schreibtisch gelegt. Die eine war mit »Feuerwehr« überschrieben, die andere mit »Polizei«. Auf jedem Blatt standen vier Namen und Adressen.
»Es sind die Kontaktdaten der Feuerwehrleute und Polizisten, die in allen drei Wohnungen mit dabei waren. Wir haben sie ohne größere Mühe herausbekommen können, weil es sich in beiden Fällen um die Bereitschaftsdienste handelte.«
»Waren noch andere Polizisten oder Feuerwehrmänner dabei?«
»Ja, allerdings nur in den Wohnungen von Norman und Colomar. Doch uns interessiert nur die Wohnung der Dimitrova, weil Élisabeth Maréchal dort die Stimme des Mörders gehört hat.«
»Gut, dann rufe ich die jeweiligen Einsatzleiter an und bestelle die Männer für Montag und Dienstag hierher.«
»Das dürfte schwierig sein. Zwei der Feuerwehrleute befinden sich zurzeit auf einer Fortbildung in Mexiko, und drei der Polizisten sind in Urlaub.«
Mistrals Mut sank.
»Jedes Mal, wenn wir eine Strategie aufbauen wollen, wird sie binnen weniger Sekunden zunichte gemacht. Wann kommen die Feuerwehrleute zurück?«
»In zwei Wochen. Einer der Polizisten war an allen drei Tatorten anwesend, hat aber nur bei der Dimitrova tatsächlich die Wohnung betreten.«
»Ach ja?«
»Der Teamchef. Während wir in den Wohnungen der Norman und der Colomar waren, saß er im Auto. Ich habe gehört, wie ein junger Beamter erzählte, dass der Mann leicht Kopfschmerzen bekommt und deshalb lieber im klimatisierten Auto bleibt.«
»Haben Sie ihn einmal gesehen?«
»Ehrlich gesagt habe ich nicht besonders auf ihn geachtet. Er hielt den Kopf gesenkt, und seine Uniformmütze war tief in die Stirn gezogen, sodass man sein Gesicht nicht sehen konnte.«
»Gut, wenn wir nicht alle Männer herzitieren können, die in der Wohnung der Dimitrova waren, dann begnügen wir uns eben mit denen, die verfügbar sind. Ist der Teamchef in Paris?«
»Er hat sich ein paar Tage freigenommen, wird aber am Montag wieder zurück sein.«
»Na, wenigstens etwas. Ich setze mich mit Élisabeth Maréchal in Verbindung. Sie soll die Software für den Stimmenvergleich vorbereiten. Farias kann ihr dabei helfen. Wir laden den Mann am Dienstag vor. Das lässt uns noch einen Tag länger Zeit, uns über den Kerl zu informieren.«
Nachdem Calderone ihn allein gelassen hatte, suchte Mistral in seinem Telefonbuch die Nummer des Leiters des Nachrichtendienstes. Er hoffte inständig, dass der Kollege nicht in Urlaub war. Beim vierten Läuten wurde zu Mistrals großer Erleichterung abgehoben. Er war es leid, das nichts wirklich voranging.
»Worum geht es?«, fragte der Leiter des Nachrichtendienstes, nachdem sie ein paar Höflichkeiten ausgetauscht hatten.
»Um Paul Dalmate«, antwortete Mistral.
»Ah, der Mann aus dem Priesterseminar. Wie macht er sich bei der Kripo?«
»Ich kann jedenfalls feststellen, dass seine Zeit auf dem Priesterseminar offenbar kein Geheimnis ist.«
»Sagen wir mal, der Umstand wird diskret behandelt, aber nicht unter den Teppich gekehrt. Wo liegt das Problem?«
»Das wüsste ich gern von dir. Ich möchte dich bitten, mir Genaueres über ihn zu erzählen.«
»Hast du Schwierigkeiten mit ihm?«
»Noch nicht, aber deshalb rufe ich ja an. Wie ist er so als Mensch?«
»Er ist ein prima Kerl. Zuverlässig, ehrlich, intelligent, immer dabei, wenn es einmal zusätzliche oder unerwartete Arbeit gab, ein fähiger Kopf und loyal. Ich habe mich gegen seine Versetzung ausgesprochen, weil ich ihn gern behalten hätte. Aber er wollte unbedingt wechseln, was ich nach sechs Jahren im gleichen Dienst auch verstehen kann.«
»Hast du ihn auch privat erlebt?«
»Ich habe mich ein paar Mal mit ihm unterhalten. Du kennst das ja: Man arbeitet bis elf
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