Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller
gleiche DNA.«
»Prima! Kommen Sie doch bei Gelegenheit einmal auf einen Kaffee vorbei. Es ist höchste Zeit, dass wir unsere Beziehung ein bisschen pflegen, denn wir werden wohl noch oft zusammenarbeiten.«
»Gerne. Ich habe übrigens die Proben der beiden Schwestern Brial von Ihrer Abteilung zugeschickt bekommen; wir sind bereits dabei, sie bevorzugt zu behandeln.«
Dieses Mal legten die beiden Männer in etwas freundlicherer Stimmung auf.
Mistral zerkaute die dritte Vitamin-C-Tablette dieses Morgens. Calderone stand in einem weißen Hemd mit kaum hochgeschobenen Manschetten mitten im Büro und gab Dalmate und Galtier Anweisungen, wie es mit den Verhören weitergehen sollte.
»Ich habe einen tollen Trumpf in der Hand«, erklärte Mistral. »Um es kurz zu machen: Die DNA auf dem Taschentuch ist dieselbe wie bei allen anderen Fällen. Das bedeutet, dass Odile Brial allen Grund hat, sich Sorgen zu machen. Sie wird erklären müssen, woher dieses blutige Taschentuch kommt, das sie mit allen sechs Morden in Verbindung bringt.«
»Und ich habe noch ein Ass im Ärmel«, verkündete Calderone. »Das Handy wurde im 18. Arrondissement lokalisiert, in der Gegend um die Porte de la Chapelle. Nach dem Anruf bei FIP wurde es allerdings abgeschaltet. Auch alle anderen Anrufe dieses Abends kamen aus Kneipen in dieser Gegend. Aber das Wichtigste ist: Von dieser Nummer aus wurde Odile Brial am vergangenen Sonntag angerufen.«
Alle starrten Calderone an.
»Konnte man die Nummer zuordnen?«
»Leider nein. Es handelt sich um eine Prepaid-Karte ohne Vertrag. Es gibt also keinen zugehörigen Namen. Wie üblich bei Gaunern.«
»Gut«, meinte Mistral, »ich frage mich, wie sich Odile Brial jetzt noch aus der Affäre ziehen will. Wir haben jedenfalls jede Menge Trümpfe auf der Hand, müssen uns allerdings gut überlegen, wann wir sie ausspielen. Immerhin besteht das Risiko, dass unsere beiden Schwestern, die beide ziemlich stur sein können, bis zum Ende ihres Gewahrsams schweigen. Wir müssen sie dahin bringen, dass sie uns zunächst von ihren Söhnen erzählen. Erst dann holen wir unsere Asse aus dem Ärmel.«
»Irgendwie kommt es mir vor, als müssten wir mit einer Angelschnur für Gründlinge richtig große Fische an Land ziehen.«
»Gut beobachtet«, grinste Mistral. »Ich stelle fest, dass Balmes allmählich auf uns alle abfärbt.«
Calderone beendete seine Besprechung mit Dalmate und Galtier.
»Ihr werdet sie den ganzen Tag unter Druck setzen. Erst heute Abend, und keinesfalls früher, dürfen die beiden erfahren, dass auch ihre Schwester in Gewahrsam ist. Und dann bohrt ihr so nach, dass es richtig wehtut.«
Endlich kam Mistral dazu, den Bericht von der Wache des 9. Arrondissements zu lesen, den Balmes ihm mitgegeben hatte. Anschließend besprach er sich mit Calderone. Die beiden Männer waren sich schnell einig.
»Ich glaube, wir sollten dieser Information so rasch wie möglich nachgehen. Am einfachsten wäre es, die Wohnungstür des Mannes aufzubrechen.«
Calderone griff nach dem Telefon.
»Ich besorge uns vier Jungs für den Einsatz. Wir treffen uns unten im Hof.«
10.30 Uhr. Zwei Einsatzwagen der Kripo blieben vor dem Hauseingang in der schmalen Rue de Budapest stehen und behinderten den Verkehr. Die sechs Polizisten polterten die Treppe hinauf. Als sie an Lestrade vorüberkamen, öffnete der alte Mann die Tür.
»Wollen Sie zu Monsieur Émery? Der ist nicht da.«
Mistral zeigte Lestrade und seiner Frau seinen Ausweis.
»Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie uns nach oben begleiten könnten. Falls tatsächlich niemand da ist, nehmen Sie als Zeugen an der Öffnung teil. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen; die Angelegenheit ist völlig legal.«
Zwar sprach Mistral nicht gerade im Befehlston, doch er ließ dem Ehepaar keine Wahl.
»Du musstest ja unbedingt deine Nase da hineinstecken«, zischte Madame Lestrade ihren Mann wütend an.
»Ich darf dich daran erinnern, dass du mich dazu gedrängt hast«, antwortete Lestrade laut.
Das Paar folgte den Polizisten, die eine Etage höher klingelten. Nachdem sich nichts rührte, klopften sie an die Tür.
»Monsieur Émery, hier ist die Polizei!«, riefen die Beamten so laut, dass alle Hausbewohner es hören konnten.
»Okay, an die Arbeit«, forderte Mistral die mit einem Brecheisen bewaffneten Kollegen auf.
Einer von ihnen rüttelte vorsichtig am Türblatt.
»Sie ist nur zugezogen«, erklärte er. »Es gibt keine Riegel, und das Holz ist weich wie
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