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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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drangeht.«
    »Mein Telefon ist nur noch Schrott. Was wollten sie denn?«
    »Es ging um den Beruf des Mannes, der sich Olivier Émery nennt. Die Wache des 9. Arrondissements hat sich mit der Kripo in Verbindung gesetzt. Der Mann wurde am 7. August von einer Streife kontrolliert, weil er in der Öffentlichkeit Wasser gelassen hat. In der Rue Moncey, um genau zu sein. Sie haben ihn dann im Hinblick auf seinen Job laufen lassen: Er arbeitet bei einem Bestattungsunternehmen. Er hat ihnen erzählt, dass er den ganzen Tag zusammen mit der Polizei und der Feuerwehr damit beschäftigt ist, Leichen wegzuräumen. Die jungen Beamten verstanden ihn gut, weil es ihnen ja ähnlich geht, und haben ein Auge zugedrückt.«
    »Ehrlich gesagt kann ich ihnen daraus keinen Vorwurf machen. Die Leute räumen von morgens bis abends Leichen weg. Die Leichenhäuser sind voll. Man bewahrt die Toten in Kühlwagen und den Tiefkühllagern der Hallen in Rungis auf. Niemand war auf eine solche Situation vorbereitet, die Behörden reagierten völlig hilflos. Also mussten sich Polizei, Feuerwehr, Ärzte, Krankenschwestern und Bestattungsunternehmen allein mit den Folgen herumschlagen. Klar, dass man sich da solidarisch zeigt.«
    »Unter normalen Umständen hätten wir nie von diesem Protokoll erfahren, und wenn doch, hätte es uns vermutlich nicht weitergebracht.«
    »Stimmt. Aber jetzt wissen wir, dass er sich an diesem Abend seines Rucksacks entledigt hat. Das Bestattungsunternehmen! Wieso haben wir nicht daran gedacht?«
    »Weil die Bestatter erst kommen, wenn alles vorbei ist, weil sie diskret sind, sich im Hintergrund halten und normalerweise mit niemandem reden. Sie betreten den Tatort erst, wenn wir ihnen grünes Licht geben, verpacken die Leiche in eine Plastikhülle und gehen wieder. Während der Hitzewelle hatten sie dreimal so viel zu tun wie sonst; sie haben sich also nie lange aufgehalten.«
    »Stimmt, das kommt hin. Außerdem tragen sie eine Arbeitskleidung, die man ohne Weiteres als Uniform bezeichnen könnte: graue Hose und blaues Hemd. Solange der Mann den Kopf gesenkt hält und den Hemdkragen hochschlägt, fällt er niemandem auf.«
    »Und genau das ist passiert. In der Wohnung der Dimitrova haben wir uns länger aufgehalten als üblich. Deswegen hatten die Bestatter etwas mehr Zeit, ehe sie die Leiche abtransportierten. Émery ... also, ich meine François Brial hat wahrscheinlich in der Nähe des Diktafons mit einem seiner Kollegen gesprochen.«
    »Ich darf nicht vergessen, Élisabeth Maréchal um einen Stimmenvergleich mit Brial zu bitten.«
    Zur gleichen Zeit in Pontoise. Jean-Pierre Brial hat mit den Gedanken gespielt, seinem Leben ein Ende zu setzen, dann aber darauf verzichtet. Sein Bruder würde weiterleben. Er weiß es. Solche Dinge hat er immer gewusst, ohne sich je zu irren. Wenn Jean-Pierre leidet, leidet auch der andere Jean-Pierre. Und umgekehrt. Der Kampf beginnt von Neuem.

38
    A M GLEICHEN T AG
    3.40 Uhr. Mistral hatte die Einsatzteams in seinem Büro versammelt und berichtete den aufmerksamen Zuhörern von der Festnahme Brials sowie von Dalmates Verletzungen. José Farias, Ingrid Sainte-Rose und Roxane Félix zeigten sich unzufrieden, weil sie an der Festnahme François Brials nicht hatten teilnehmen können. Doch diese Reaktion war normal, denn jeder Polizist möchte gerne bei der Lösung eines von ihm bearbeiteten Falls dabei sein. Mistral gab eine Erklärung dafür, die Calderone nur bekräftigen konnte. Als der Anruf kam, waren bereits Einsatzkräfte vor Ort; außerdem mussten weiterhin die Schwestern Brial bearbeitet werden.
    Jacques Thévenot, den das Ergebnis der Ermittlungen interessierte, war in Mistrals Büro geblieben, als die Kommissare gerufen wurden. Außerdem wollte er mehr über die Geschichte der Zwillinge wissen. Während des Wortgefechts mit den enttäuschten Kollegen hielt er sich diskret zurück.
    Die Beamten gönnten sich eine zwanzigminütige Ruhepause. Sie tranken Kaffee und aßen Croissants, die das Team von Galtier aus einer Bäckerei mitgebracht hatte, welche die ganze Nacht geöffnet war. Die zwanzig Minuten genügten, um die Gemüter zu beruhigen.
    4.00 Uhr. Farias holte Odile Brial aus ihrer Zelle. Mistral bot ihr Kaffee und Croissants an. Sie nahm an und blieb anders als zuvor ruhig und nachdenklich. Mistral musterte sie eingehend. Sie ist mindestens so erschöpft wie ich und erwartet schlechte Nachrichten , dachte er. Je nachdem, was ich ihr sage und wie ich es ihr beibringe, wird

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