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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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genommen?«
    »Nein. Abgesehen von dem Handtuch und dem Zettel haben wir alles so gelassen, wie es war. Als ich gesehen habe, was hier los ist, habe ich meine Jungs sofort wieder rausgeschickt. Wir hatten alle Latexhandschuhe an und sind nicht lange dringeblieben.«
    »Ihr hättet die Finger von der Frau lassen sollen«, nörgelte Mistral. »An einem Tatort kann jede Kleinigkeit ungeheuer wichtig sein.«
    »Ich weiß«, gab der Feuerwehrmann zerknirscht zu. »Aber wir waren so überrumpelt, dass wir nicht aufgepasst haben.«
    »Schon gut. Ich brauche Ihre Aussage und die Ihrer Männer. Könnten Sie am Nachmittag vorbeikommen?«
    »Kein Problem. Sagen wir drei Uhr?«
    »Bestens. Und vergessen Sie bitte die Aufzeichnung nicht.«
    Mistral wandte sich an Calderone und Dalmate:
    »Den Fall behalten wir. Ich regle das mit dem Staatsanwalt. Anschließend rufe ich Balmes und den Führungsstab an. Ihr sucht bitte in der Zwischenzeit nach einem Ausweispapier und stellt – sofern es der Zustand des Gesichts zulässt – fest, ob es sich bei der Toten wirklich um Élise Norman handelt. Paul, Ihr Team sollte umgehend damit anfangen, die Nachbarn hier im Haus zu befragen.«
    Zwanzig Minuten später war die Maschinerie angelaufen. Die ganz in Weiß gehüllten Techniker von der Spurensicherung machten sich in der Wohnung zu schaffen. Die Stellvertreterin des Staatsanwalts traf ein. Es war eine junge Beamtin, die höchstens drei oder vier Jahre Berufserfahrung hatte, dies aber zu überspielen suchte.
    Entschlossen trat sie auf Mistral zu. Je länger er mit ihr sprach, desto mehr verfärbte sich ihr Gesicht.
    »Macht Ihnen der Geruch zu schaffen?«
    »Ich muss gestehen, dass ich nie etwas derartig Extremes gerochen habe. Und dann die Fliegen! Widerlich.«
    »Kommen Sie mit in die Wohnung und schauen Sie sich den Tatort an.«
    Die drei Männer vom Erkennungsdienst arbeiteten schweigend und konzentriert. Sie nahmen Fingerabdrücke ab und fotografierten alles. Unter ihren weißen Overalls rann ihnen der Schweiß über die Haut. Außer den Schutzanzügen trugen sie Hauben über dem Haar, Überschuhe, einen Mundschutz sowie Latexhandschuhe – und das bei dieser Hitze! Doch sie durften auf keinen Fall eigene DNA am Tatort hinterlassen. Nachdem sie die Fenstergriffe genauestens untersucht und alle Abdrücke genommen hatten, öffneten sie endlich die Fenster. Warme Luft drang in die Wohnung ein. Weil man die Tür offen gelassen hatte, entstand so etwas wie ein Luftzug. Die Fliegen verschwanden auf der Suche nach anderen Leichen. Einer der Techniker hielt Mistral eine Klarsichthülle hin.
    »Das ist der Zettel, der auf der Leiche gefunden wurde und den die Feuerwehrleute auf den Tisch gelegt hatten. Wir haben Proben entnommen. Möglicherweise finden wir Spuren.«
    » The Sun Also Rises «, las Mistral laut vor. »Die Sonne geht auch auf. Das ist der englische Titel von Hemingways Buch Fiesta . Wieder mal einer, der uns Rätsel aufgeben will.«
    »Entschuldigen Sie, aber mir wird schlecht. Ich muss nach unten. Rufen Sie mich bitte heute Nachmittag an, dann besprechen wir alles.«
    Die junge Staatsanwältin war leichenblass und schluckte beim Sprechen.
    »Ich begleite Sie.«
    Auch Mistral hatte nichts dagegen, ein wenig an die Luft zu gehen. Auf dem Weg nach unten trafen sie auf eine alte Dame mit müden, verängstigten Gesichtszügen. Sie hatte den Leichengeruch erkannt und traute sich nicht über ihre Türschwelle. Offenbar fürchtete sie, der Tod könne noch einmal zurückkehren, weil er seine Arbeit hier noch nicht beendet hatte. In der Hand hielt sie einen mit Lavendelwasser getränkten Waschlappen, mit dem sie sich immer wieder über Gesicht und Hals fuhr.
    »Stimmt es, dass sie ermordet worden ist? Sie war eine so nette junge Frau – viel zu jung zum Sterben ...«
    »Keine Sorge, wir werden den Täter schon bald kriegen.«
    »Wissen Sie, ich bin ganz allein. Ich habe Angst. Wenn der Kerl nun zurückkommt?«
    »Er wird nicht zurückkommen. Er ist längst über alle Berge.«
    Mit wenigen Worten versuchte Mistral, die alte Dame zu beruhigen. Sie nahm den schrecklichen Geruch wahr und wusste, dass sie ihn nie wieder würde vergessen können.
    Draußen vor der Tür tauschten Calderone und Dalmate sich mit dem Ersatzteam aus.
    »Soweit wir bisher wissen, war Élise Norman eine sehr diskrete Person, die nie Besuche empfing und nur selten ausging. Sie war achtunddreißig, ledig und hatte offenbar auch keinen Freund, aber da haken wir noch mal

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