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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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französischen Annalen eingehen sollte.

5
    A M GLEICHEN T AG
    Nach einem hastigen Mittagessen trafen sich Mistral und das Ermittlerteam zu einer Besprechung. Auf dem großen Konferenztisch herrschte ein Durcheinander aus Kaffeebechern, Notizblöcken und Stiften. Calderone verband die Videokamera mit einem Bildschirm. Schweigend betrachteten die Polizisten den in Élise Normans Wohnung aufgenommenen Film. Alle Zimmer waren aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln zu sehen. Calderone kommentierte. Ab und zu sah man einen der Kollegen vom Erkennungsdienst bei der Arbeit. Keiner sprach ein Wort, nur dann und wann waren das Krächzen eines Funkgeräts oder das Klingeln eines Mobiltelefons zu hören. Die Kratzspuren auf dem Parkett, die der Arzt nach der Untersuchung von Élise Normans Fingernägeln bereits vermutet hatte, waren in der Großaufnahme gut erkennbar.
    Die am Tisch versammelten Kriminalbeamten achteten auf die kleinsten Details und verzogen die Gesichter, als die Kamera langsam über die Leiche, das verschwollene Gesicht und die fest hinter dem Rücken gefesselten Hände hinwegschwenkte.
    »Wenigstens stinkt es hier nicht. Und es gibt Gott sei Dank keine Fliegen.«
    José Farias sprach aus, was alle dachten.
    »Gut, jetzt haben wir uns die Aufzeichnung mehrmals angesehen. Irgendwelche besonderen Fragen?«
    Alle schüttelten den Kopf.
    »Besser wäre es gewesen, wir hätten gefilmt, ehe die Feuerwehr und die Schutzpolizisten da waren,«, stellte Sainte-Rose fest.
    »Da mögen Sie durchaus recht haben, Ingrid, aber wir von der Kriminalpolizei sind nun einmal selten als Erste am Tatort. Leider lässt es sich kaum verhindern, dass Spuren verwischt und Dinge an andere Stellen verrückt werden. Die Feuerwehrleute haben sich dafür entschuldigt, dass sie das Handtuch hochgehoben und das Blatt Papier auf den Tisch gelegt haben. Wenn sie nachher kommen, werden wir sicher noch mehr erfahren. Auf keinen Fall dürfen wir vergessen, ihre Fingerabdrücke abzunehmen und DNA-Abstriche von allen zu machen. Nicht, dass wir irgendwann eine falsche Spur verfolgen.
    Im Augenblick«, fuhr Mistral fort, »ist es uns noch nicht möglich, Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich fasse noch einmal zusammen: Es handelt sich um eine Frau, die ermordet und vergewaltigt wurde. Ihr Gesicht war mit einem Handtuch bedeckt, das ihr Mörder über in den Hals und Mund gesteckte Spiegelscherben gebreitet hatte. Wir haben eine Botschaft gefunden, die mehrere Interpretationen zulässt. Entweder bezieht sie sich auf das Buch Prediger oder auf einen Roman von Hemingway. Die Wohnungstür wurde nicht aufgebrochen. Entweder hat das Opfer seinem Mörder freiwillig geöffnet, oder er besaß einen Schlüssel. Die Befragung der Nachbarn hat nichts ergeben. Das ist bisher alles.«
    »Wer ist in der Lage, etwas so Schreckliches zu tun?«
    Alle Gesichter wandten sich Paul Dalmate zu, der bis dahin geschwiegen, diesen Satz aber nun mit spürbarem Ekel ausgesprochen hatte.
    »Die richtige Frage lautet nicht wer, sondern warum«, erklärte Calderone. »Sobald wir das wissen, ist es einfacher, den Verantwortlichen zu finden.«
    »Schon gut, ich werde sicher noch lernen, die richtigen Fragen zu stellen.«
    Dalmate ärgerte sich sichtlich über die Zurechtweisung vor versammelter Mannschaft. Mistral schritt ein.
    »Immer mit der Ruhe. Im Augenblick kümmern wir uns weder um das Wer noch um das Warum, sondern versuchen die Informationen zu deuten, die wir bislang besitzen. Ingrid, Sie stellen bitte fest, ob wir ähnliche Tathergänge im Computer haben. Vincent, Sie rufen bei der Gerichtsmedizin an, wann die Obduktion stattfindet. José, Sie setzten sich mit unseren Leuten in Verbindung, die wir zu diesem Notar geschickt haben. Wir brauchen die Handynummer von Madame Norman. Ihr Arbeitgeber hat sie bestimmt. Sobald wir die Nummer kennen, haben wir eine Möglichkeit, tiefer in ihr Leben einzudringen. Wen sie angerufen hat, und solche Dinge.«
    Um halb fünf meldete die Sekretärin die Ankunft der Feuerwehrleute. Mistral wies Dalmate und Farias an, die Aussagen entgegenzunehmen. Anderthalb Stunden später, als die Feuerwehrleute gerade gehen wollten, erschien Mistral, um noch einige Worte mit dem Gruppenführer zu wechseln.
    »Würden Sie mir vielleicht mitteilen, wie die Sache ausgegangen ist?«, bat der Feuerwehrmann. »Wenn man eine Leiche findet, möchte man wirklich gern wissen, wer ein solches Verbrechen begehen kann.«
    »Ich wäre froh, wenn ich Sie schon bald anrufen

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