Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller
für eine Verbindung mochte es zwischen diesen Frauen gegeben haben, die beide auf so grausige Weise ermordet worden waren? Außerdem würde er mit den Ermittlern in Pontoise sprechen müssen, um herauszufinden, ob eine Beziehung zwischen den beiden Serien bestand. Er war so tief in Gedanken versunken, dass er die junge Frau nicht bemerkte, die vor ihm stand. Es war die junge Staatsanwältin, die in der Wohnung von Élise Norman beinahe umgekippt war. Mistral schob seine Sonnenbrille hoch und schüttelte ihr die Hand.
»Der Fall Norman hat sich also wiederholt?«, stellte sie fest. »Nicht, dass Sie mich für eine Hellseherin halten – Ihre Einsatzleitung hat mich vorgewarnt.«
»Sieht ganz danach aus. Auf den ersten Blick ist der Mörder genau nach dem gleichen Muster vorgegangen. Kommen Sie mit. Die Leiche liegt noch an Ort und Stelle.«
»Und ist es ... äh ... wie beim letzten Mal? Ich meine den Geruch, die Fliegen und die Hitze?«
»Fast noch schlimmer.«
»Gut, bringen wir es hinter uns. Ich weiß jetzt schon, dass ich nicht lange dort oben bleiben kann.«
Auf dem Treppenabsatz blieb die junge Frau kurz stehen. Sie war sehr blass und versuchte sich an den Geruch zu gewöhnen. Mistral hatte sein Jackett im Auto gelassen und dachte daran, dass er am Abend seine Kleider wieder in einen Müllsack stecken würde, ehe er sein Haus betrat.
Verschwitzt und schwer atmend kamen die Techniker vom Erkennungsdienst aus der Wohnung.
»Etwas ist merkwürdig«, sagte einer von ihnen zu Mistral. »In der Wohnung gibt es eine funktionierende Klimaanlage. Ich habe sie ausprobiert. Aber sie war ausgeschaltet.«
»In der Hitze beschleunigt sich die Zersetzung des Körpers.«
»Ja, es ist ekelhaft. Und das Fenster war nur einen winzigen Spalt geöffnet. Gerade so viel, dass die Fliegen eindringen konnten. Das erschwert natürlich die Untersuchung der Leiche. Der Kerl hat sich sein Vorgehen genau überlegt. Hitze und Fliegen, um die Ermittlungen so gründlich wie möglich zu behindern.«
»Nein, der Typ überlässt wirklich nichts dem Zufall.«
Mistral hörte, wie der Gerichtsmediziner schwerfällig die Treppe erklomm. Als der Arzt den Fuß auf die oberste Stufe setzte, schnaufte er, als habe er soeben den Mount Everest ohne Sauerstoff bestiegen.
»Und? Genau das Gleiche oder eine Variante?«, erkundigte er sich leutselig und schüttelte allen Anwesenden die Hand.
»Genau das Gleiche wie letztes Mal«, antwortete Mistral.
»Na, das ist ja vielversprechend. Ganz schön übergeschnappt, euer Kandidat. Okay, dann zeigt mir mal die Leiche. Darf ich rein und arbeiten, oder seid ihr noch bei der Spurensicherung?«
»Sie können rein, wir sind gerade fertig geworden. Nur die Untersuchung mit dem Blue Star steht noch aus.«
Die junge Staatsanwältin machte sich Notizen und nahm Mistral schließlich beiseite.
»Können Sie eine Verbindung zum vorigen Fall bestätigen?«
»Ja, es scheint sich um den gleichen Täter zu handeln. Die größten Sorgen bereitet uns allerdings, dass es im Département Oise eine Serie mit drei ganz ähnlichen Morden gegeben hat. Das Problem besteht darin, dass die Morde aufgeklärt wurden und der Typ im Kittchen sitzt.«
»Wie erklären Sie sich das?«, fragte die Staatsanwältin.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
»Halten Sie mich auf jeden Fall auf dem Laufenden. Sie können mich rund um die Uhr anrufen – der Fall ist schließlich nicht alltäglich.«
Die Staatsanwältin hielt Mistral ihre Karte mit den unterschiedlichen Telefonnummern hin.
»Ach wissen Sie, nachts ist es vielleicht nicht unbedingt nötig«, ruderte sie ein wenig zurück. »Die meisten Informationen können bis zum Morgen warten, außer natürlich, wir können den Kerl verhaften. Aber so weit sind wir schließlich noch nicht.«
Zwanzig Minuten später zündete sich der Gerichtsmediziner auf der Straße vor der Haustür eine dicke Zigarre an. Die Kriminalbeamten und die Staatsanwältin, die dank eines vor die Nase gepressten, parfümierten Taschentuchs durchgehalten hatte, standen um ihn herum. Der Mediziner bestätigte die ersten Feststellungen der Beamten.
»Ihr habt absolut recht, Jungs. Der Täter ist derselbe. Allerdings hat er die Dame dieses Mal schneller fertiggemacht, denn die Leiche weist keine Verteidigungsspuren an Händen oder Unterarmen auf. Als hätte er ohne Schnörkel vorgehen wollen.«
»Und was halten Sie davon?«, wollte Calderone wissen.
»Ich? Keine Ahnung. Das werdet ihr mir wohl sagen,
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