Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller
uns zum jetzigen Zeitpunkt nur teilweise bekannt. Bei dem Opfer haben wir eine Aufzeichnung der Stimme des Mörders während der Tat gefunden. Wir haben sie in Schriftform übertragen. Das Dokument liegt Ihnen in den vorbereiteten Mappen vor, damit Sie eine Vorstellung haben, was da vorgegangen ist.«
Dalmate hatte ohne Rücksicht auf die Unterbrechung durch Mistral einfach weitergesprochen.
Ein neugieriges, entrüstetes Murmeln wurde laut. Dalmate fuhr in seiner eintönigen Redeweise fort:
»Wir haben Rechnungen für zwei Mobiltelefone gefunden, haben veranlasst, dass die Geräte lokalisiert werden, und haben eine Auflistung der Rufnummern angefordert. Um diese Dinge kümmert sich Farias. Außerdem bemühen wir uns um Kontakt mit den Medien, für die das Opfer die letzten Reportagen gemacht hat. Wir wollen wissen, ob das Opfer einer heiklen oder gefährlichen Sache auf der Spur war. Das allerdings bleibt zunächst Hypothese und dient nur dazu, alle infrage kommenden Spuren zu verfolgen. Eine Verbindung zwischen den drei Opfern ist derzeit nicht erkennbar.«
Dalmate verstummte. Nun ergriff wieder Mistral das Wort und beschrieb die Fälle von Pontoise.
»Sie bekommen von uns ein Foto des inhaftierten Jean-Pierre Brial, das Sie in der Nachbarschaft unserer drei Opfer herumzeigen werden. Ich will meine Erwartungen nicht zu hoch schrauben, aber die Ähnlichkeit der Vorgehensweise ist schon erschreckend.«
Die Fahnder verließen den Versammlungsraum. Mistrals Sekretärin wartete bereits auf ihren Chef und kündigte ihm an, dass sich ein Freund von Lora Dimitrova gemeldet habe und am Empfang auf ihn warte.
Mistral rief Calderone und Dalmate zurück. Die drei Beamten sahen einen Mann Anfang dreißig eintreten. Er war in eine helle Hose und ein helles Hemd gekleidet, trug eine Tasche über der Schulter und präsentierte den drei Polizisten einen Presseausweis, der auf den Namen Jacky Schneider lautete.
»Ich wollte zu Lora und habe Ihre Siegel und den Namen und die Adresse Ihrer Abteilung auf ihrer Tür gesehen. Als ich erfuhr, was geschehen ist, konnte ich es erst einmal nicht glauben.«
»Können Sie uns etwas über Lora Dimitrova erzählen? In welcher Beziehung standen Sie zu ihr?«, fragte Calderone.
Die vier Männer setzten sich an den Konferenztisch in Mistrals Büro. Ludovic fühlte sich plötzlich sehr müde. Er rieb sich die Augen und unterdrückte ein Gähnen. Dalmate schien mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein.
»Ich bin Fotograf und arbeite manchmal mit Lora zusammen. Sie ist äußerst professionell. Heute Morgen war ich mit ihr verabredet. Wir wollten über ihr nächstes Projekt reden, das ihr sehr am Herzen lag.«
»Schon gut«, unterbrach Mistral mit rot geriebenen Augen, »aber jetzt sollten wir wieder auf Mademoiselle Dimitrova zurückkommen.«
»Sie ist – sie war Bulgarin. Es fällt mir sehr schwer, in der Vergangenheit von ihr zu sprechen. Seit ihrem fünfzehnten oder sechzehnten Lebensjahr lebte sie in Frankreich. Sie kam vier Jahre vor dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa. Schon immer war sie begeistert von Frankreich gewesen und hatte in der Schule Französisch gelernt. Angesichts ihrer fantastischen schulischen Leistungen war die Zulassung zum Studium in Frankreich nur noch Formsache. Sie wollte gern Journalistin werden, allerdings ohne sich zu binden. Deshalb arbeitete sie als Freiberuflerin.«
»Hatte sie einen Freund? Sie vielleicht?«
»So weit gingen unsere Beziehungen nicht, obwohl ich nicht abgeneigt gewesen wäre. Ich weiß nicht, wer der Glückliche war.«
»Darüber werden wir später noch reden. Was waren ihre hauptsächlichen Themen?«
»Sie arbeitete ausschließlich an Inhalten von gesellschaftlicher Relevanz. So hat sie zum Beispiel drei oder vier Reportagen über die Polizei gemacht, die ausgesprochen gut ankamen. Es waren übrigens Fernsehdokumentationen – vielleicht haben Sie davon gehört.«
»Leider nicht«, erklärte Mistral, »aber ich sehe auch nur sehr selten fern. Sie sprachen eben von einem Projekt, das ihr sehr am Herzen lag.«
»Richtig. Seit einigen Monaten arbeitete sie gleichzeitig an mehreren Themen. Das tat sie oft, um Vorschüsse zu bekommen und finanziellen Freiraum zu haben. Aber eines der Themen schien irgendwie aus dem Rahmen zu fallen. Vor zwei oder drei Tagen rief sie mich an und fragte, ob wir uns treffen könnten. Sie schien sehr in Eile zu sein und meinte, dass sie im nächsten Jahr bestimmt den Pulitzer-Preis abräumen
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