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Die dunkle Seite des Weiß

Die dunkle Seite des Weiß

Titel: Die dunkle Seite des Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yalda Lewin
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fortgeschrittenem Männeralter.«
    »Stimmt«, sagte Mirella und in ihrer Stimme lag ein amüsiertes Glucksen. »Aber nicht in Verbindung mit einer Quecksilbervergiftung.«
    Ich starrte sie an. »Wie bitte? Der Wilms hat auch eine Quecksilbervergiftung?«
    Mirella nickte. »Und was für eine. Er kann von Glück sagen, dass er noch nicht das Zeitliche gesegnet hat. Aber da ist noch etwas. Hast du die Schwielen an seinen Händen gesehen? Ein Symptom für chronische Arsenbelastungen. Es ist mir wieder eingefallen, weil mir so etwas vor vielen Jahren im Medizinstudium einmal begegnet ist.«
    Für einen Moment schwiegen wir beide. »Er hat die gleichen auffälligen Befunde wie Clara«, sagte ich dann leise. »Quecksilber und Arsen. Das kann doch kein Zufall sein.«
    »Für die Arsenbelastung gibt es eventuell eine Erklärung«, sagte Mirella. »Ich habe gestern Abend noch Wilms Daten durch den Computer gejagt. Wie du vorhin gesehen hast, kommt er ursprünglich aus der Steiermark.«
    Ich runzelte die Stirn. »Das ist die Gegend, in der man über Jahrhunderte Arsen in kleinen Dosen zu sich genommen hat.«
    »Ganz genau«, sagte Mirella. »Zur Leistungssteigerung. Und manche sagen auch, die Menschen hätten sich davor gefürchtet, vergiftet zu werden, und den Körper deshalb durch stetige kleine Gaben an das Gift gewöhnt. Offiziell ist das Arsen-Essen heute nicht mehr üblich. Aber wer weiß schon, was Menschen so anstellen, wenn sie es von klein auf gewohnt sind.«
    »Aber das erklärt nicht den Fund von Quecksilber«, warf ich ein.
    »Vielleicht eine Belastung auf dem Areal der Heilstätten?«, sagte Mirella. »Immerhin war Clara von Rieckhofen lange Zeit auf dem Gelände. Genau wie Wilms.«
    »Und warum gab es dort früher keine Fälle von Quecksilberbelastungen? Darauf gab es nicht den geringsten Hinweis«, antwortete ich kopfschüttelnd. »Nein, das kann nicht sein.«
    Ich lehnte meinen Hinterkopf gegen die kühle Wand des Fahrstuhls. Konnte es Zufall sein, dass Clara von Rieckhofen und Richard Wilms die gleichen Befunde zeigten? Ich glaubte schon lange nicht mehr an Zufälle. Und ich wurde das Gefühl nicht los, dass Wilms Quecksilbervergiftung nicht weniger mysteriös war als die viel zu schnell zerfallende Lilie in Mirellas Wagen.
    *
    »Was glaubst du, was ich bin? Botaniker? Ein Freak, der zuhause neue Funde in ein Herbarium einklebt und sorgfältig beschriftet?« Hades schnaubte und deutete auf die Reste der Lilie. »Ich habe keine Ahnung, was das für ein Gewächs ist und warum es seit gestern so schnell zerfallen konnte.«
    »Und dir fällt auch nicht ein, wie man das herausfinden könnte? Wofür haben wir hier ein hervorragendes Labor?«
    Hades warf einen flüchtigen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich habe keine Zeit für solchen Firlefanz, Jakob. Sieben Leichen warten auf eine Audienz mit mir. Und du willst allen Ernstes, dass ich eine modrige Blume analysiere?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ja, so habe ich mir das gedacht.«
    Hades seufzte. Dann nahm er den Umschlag mit dem Lilienstaub an sich. »Ich werde sehen, was ich tun kann, in Ordnung? Vielleicht findet sich ja ein Student dafür. Und ich werde ein Auge darauf haben, wenn es dich beruhigt.«
    Ich lächelte Hades dankbar zu. »Das wollte ich hören. Bis wann kann ich mit Ergebnissen rechnen?«
    »Wie immer«, antwortete der Rechtsmediziner. »Schneller als in jedem anderen Institut. Nur wie viel schneller, kann ich dir noch nicht sagen. Aber ich gebe dir Bescheid, sobald die Ergebnisse da sind.« Er musterte mich prüfend, während er den Umschlag mit den Resten der Lilie in ein Regal legte. »Und sonst so?«
    Ich hob wie ahnungslos die Augenbrauen, obwohl ich mir natürlich denken konnte, worauf er anspielte. »Was, und sonst so?«
    »Mirella und du. Läuft‘s?«
    »Kommt drauf an, was man unter laufen versteht«, antwortete ich frustriert. »Sie hat da diesen Vorzeigekubaner an ihrer Seite und mir bleibt die Rolle des Sprücheklopfers.«
    Hades lachte leise. »Stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Mirella hat mehr von dir geredet in den letzten Jahren, als du dir vorstellen kannst.«
    Mein Herz machte einen kleinen Sprung. »Tatsächlich?«
    Hades nickte lächelnd. »Tatsächlich.« Er lehnte sich lässig gegen eines der Kühlfächer. »Darf ich dich etwas fragen?«
    Ich zuckte mit den Schultern und nickte. »Ja, klar.«
    »Willst du sie zurück?«
    Ich lachte verlegen auf. »Keine Ahnung, ja, vielleicht. Was weiß ich.«
    Hades ließ mich

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