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Die dunkle Seite des Weiß

Die dunkle Seite des Weiß

Titel: Die dunkle Seite des Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yalda Lewin
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Händewasch-Ritual. »Vielleicht war es auch eine Schar entfesselter Groupies, die mich vernaschen wollten, aber das ist wohl etwas realitätsfern«, sagte er, während er sorgfältig jeden einzelnen Finger einseifte.
    Trotz der angespannten Situation konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Der bloße Gedanke an eine wildgewordene Frauenmeute, die es sich zum Ziel gemacht hatte, den staubtrockenen Rechtsmediziner flachzulegen, reizte mich zum Lachen. Auch wenn die Begleitumstände keinesfalls witzig waren.
    »Ein Maulwurf also?«, fragte ich schließlich.
    Mirella zuckte mit den Schultern. »Außer uns beiden weiß nur Simon von dem Fall.«
    »Und der Kubaner«, antwortete ich mit sanfter Stimme.
    »Ernesto? Ja, natürlich«, sagte Mirella amüsiert. »Aber das kannst du vergessen. Er ist absolut loyal.«
    »Wie jeder unabhängige Berater, der sich besonders gut auf Kommunikation versteht. Richtig …«
    »Vermutungen bringen uns nicht weiter«, sagte Hades knapp, während er sich die Hände abtrocknete und danach sorgfältig ein Desinfektionsmittel auftrug. »Wer auch immer, warum auch immer, in die Pathologie wollte – es ist nichts kaputt gegangen und mein Sexualleben ist auch noch, wie es war.«
    »Immerhin hast du eins«, sagte Mirella spitz. »Kann sicher nicht jeder hier von sich behaupten.«
    Ich lächelte breit, machte zwei Schritte auf sie zu und beugte mich vor, sodass meine Lippen ihr Ohrläppchen streiften. »Tatsächlich?«, murmelte ich. »So kenne ich dich ja gar nicht …«
    Damit nickte ich Hades zum Abschied zu und verließ mit einem breiten Grinsen die Pathologie. Die Tür fiel mit einem schmatzenden Geräusch hinter mir zu.
    *
    Ich hatte vorgehabt, so schnell wie möglich zu verschwinden und zuhause endlich ein paar Stunden Schlaf nachzuholen. Doch es kam anders. Ganz anders.
    Auf dem Weg zur U-Bahn fiel mein Blick auf die gegenüberliegende Straßenseite – und auf Ernesto Sanchez. Er schien es eilig zu haben, doch sein Weg führte ihn nicht zur Akademie, wie ich erwartet hätte, sondern in Richtung Berlin Mitte.
    Ich weiß nicht, warum ich dem plötzlichen Impuls gefolgt bin, mich an seine Fersen zu heften. Aber ich bin es gewohnt, mich auf meine Eingebungen zu verlassen, weil sich das meistens als hilfreich herausstellt. Bis auf seltene Ausnahmen, in denen es mich zugegeben fast den Kopf kostet. Doch dieses Mal entschied ich mich innerhalb von Sekundenbruchteilen dafür, Ernesto unauffällig zu folgen.
    Der Weg führte uns durch die Mitte Berlins, wobei ich stets darauf bedacht war, Ernesto Sanchez nicht so nah zu kommen, dass er mich hätte bemerken können. Er war vorsichtig und blickte sich mehrfach um, was mein Interesse am Sinn seines Ausflugs nur noch verstärkte. Was hatte er hier, morgens in aller Frühe, so Dringendes zu erledigen? Er wirkte nervös. Und ich war wild entschlossen, den Grund dafür herauszufinden.
    Er bog in die Große Hamburger Straße ein und verschwand für Sekunden aus meinem Blickfeld. Als ich vorsichtig um die Ecke bog, war er verschwunden. Rasch trat ich in einen Hauseingang. Hatte er etwas bemerkt und war deshalb in Deckung gegangen? Doch das konnte ich mir nicht vorstellen. Ich war ebenso vorsichtig vorgegangen wie er. Er konnte mich nicht gesehen haben.
    Doch Fakt war: Die Straße lag vor mir, hier und da hasteten Menschen mit müden Gesichtern in Richtung U-Bahn-Station Weinmeisterstraße – doch von Ernesto Sanchez keine Spur. Hatte ich ihn wirklich verloren?
    Ich unterdrückte ein Fluchen und wollte schon wieder umdrehen, um endlich den verdienten Gang nach Hause anzutreten, als mein Blick auf die Fensterfront eines kleinen Cafés fiel. Das Licht im Innenraum war ungewohnt gedämpft für ein Lokal in der Berliner Mitte, und doch konnte ich deutlich erkennen, dass sich zwei Männer an einem der Bistrotische förmlich die Hand schüttelten. Einer von ihnen war Ernesto Sanchez.
    Ich schob mich weiter in den Schatten des Hauseingangs undspähte vorsichtig in Richtung des Café Flora. Der andere Mann saß mit dem Rücken zu mir, sodass ich lediglich seine kurzen, hellbraunen Haare erkennen und keinen Blick auf sein Gesicht werfen konnte. Doch was er sagte, schien Ernesto nicht besonders zu gefallen. Ein reger Wortwechsel entspann sich. Was hätte ich in diesem Moment dafür gegeben mitzubekommen, worum es ging! Wer war dieser Typ? Und warum regte sich unser Vorzeigekubaner so auf?
    Ich zog mein Handy aus der Tasche und fluchte über meine Angewohnheit,

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