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Die dunkle Seite des Weiß

Die dunkle Seite des Weiß

Titel: Die dunkle Seite des Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yalda Lewin
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es immer ausgeschaltet zu haben. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis es endlich angesprungen war und ein Netz fand. Ich nutzte die Chance, ein Bild von Ernesto und dem Fremden zu machen, als beide gerade im Profil zu sehen waren. Doch das Foto war so unscharf, dass man lediglich Ernesto auf ihm erahnen konnte.
    In diesem Moment sah ich, wie Ernesto sich erhob, sich flüchtig von dem Mann am Fenster verabschiedete und das Café verließ. Sein Gesicht wirkte bleicher als sonst, angespannt, doch ich war zu weit entfernt, um seine Stimmung wahrnehmen zu können.
    Vor dem Café blieb er stehen, zog ein silbernes Etui aus der Tasche und zündete sich eine Zigarette an. Selbst auf die Entfernung hin konnte ich seine Hände zittern sehen. Nach drei tiefen Zügen warf er die halb gerauchte Zigarette auf den Boden und trat sie energisch mit dem Absatz aus.
    Erst hatte ich gedacht, er würde sich nach rechts wenden und die Straße weiter hinaufgehen, doch ich hatte mich getäuscht. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Ernesto kam direkt auf mich zu! Ich drückte mich in den Hauseingang, dessen Wände über und über mit Graffiti bedeckt waren, und wusste doch, dass es sinnlos war. Er würde mich entdecken, sobald er den Hauseingang passierte. Ich stand hier wie auf einem Silbertablett. Es fehlte nur noch der Apfel im Mund. Ich nahm das Geräusch von Ernestos Ledersohlen auf dem Bürgersteig wahr und rechnete damit, dass er jede Sekunde an mir vorbeikommen würde. Doch dann drang das Läuten eines Handys an mein Ohr. Ernestos Schritte verlangsamten sich, er blieb stehen.
    »Was soll das?«, hörte ich ihn zischen.
    Ich hielt den Atem an.
    »Sie wollen mir drohen?« Er lachte leise, doch ich konnte deutlich die Nervosität in seiner Stimme hören. »Nein, ich werde mich nicht an vermeintliche Absprachen halten. Ich bin draußen, verstanden. Das habe ich schon vor Jahren gesagt. Und ich werde meine Meinung nicht ändern, ganz egal, was Sie tun.« Seine Worte überschlugen sich fast.
    Ich spürte, wie meine Kehle trocken wurde. Offensichtlich war der Mann aus dem Café am Apparat. Doch worum ging es? Von welchen Absprachen redete Ernesto?
    »Rufen Sie mich nicht mehr an, schon gar nicht auf diesem Telefon!«, zischte Ernesto und legte auf.
    Ich hörte ihn leise fluchen und drückte mich noch tiefer in den Schatten. Für einen Augenblick schien die Zeit stillzustehen. Nichts war zu hören. Dann drehte Ernesto zu meiner großen Überraschung um und ich hörte, wie seine Schritte sich schnell auf dem Kopfsteinpflaster entfernten.
    Vorsichtig lugte ich aus meinem Versteck heraus und sah Ernesto gerade noch in einer Querstraße verschwinden. Ich atmete tief durch. Das war verflucht knapp gewesen. Hätte er mich hier gesehen, wäre ich mit Sicherheit in einige unangenehme Fragen verwickelt worden. Und so, wie die Sache sich darstellte, wollte ich Ernesto lieber noch eine Weile heimlich im Auge behalten. Und vor allem herausfinden, wer der geheimnisvolle Mann im Café war.
    Ich trat aus dem Eingang hervor und blickte zu dem Lokal hinüber, aus dem Ernesto gerade gekommen war. Die Fensterfront glänzte im Morgenlicht. Und der Fremde dahinter war verschwunden.
    *
    »Und?« Simon stand hinter seinem Schreibtisch, hatte die Hände auf der spiegelnden Platte aufgestützt und den Blick fest auf Mirella, Hades und mich gerichtet. »Kommt ihr voran?«
    Mirella und ich wechselten einen Blick. In Simons Büro zitiert zu werden, um über den aktuellen Fall zu reden, war nur in den seltensten Fällen wirklich angenehm. Simon wollte Ergebnisse. Und bisher sah es damit ziemlich mau aus. Außerdem hatten wir noch immer keine Ahnung, wer in die Pathologie eingebrochen war. Und warum. Außer den durchwühlten Schränken gab es keine Spuren. Und soweit wir feststellen konnten, war auch nichts entwendet worden.
    Ich war noch immer nicht zuhause gewesen und die Müdigkeit nagte an mir. Der Anruf von Simons Sekretärin hatte mich direkt wieder aus Berlins Mitte zurück in die Akademie geholt. Ich hatte versucht, ein paar Stunden rauszuschlagen, aber die Anweisung war unmissverständlich. Termin bei Simon. Sofort. Der Schlaf musste warten.
    Innerlich verfluchte ich denjenigen, der in die Pathologie eingebrochen war, wer immer es auch gewesen sein mochte. Denn eins war klar: Nur deshalb saß ich jetzt hier.
    Ich nahm mich so gut wie möglich zusammen und erklärte Simon die aktuelle Lage der Ermittlungen. Dabei erwähnte ich nichts von dem Raum im Keller der

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