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Die dunkle Seite des Weiß

Die dunkle Seite des Weiß

Titel: Die dunkle Seite des Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yalda Lewin
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von Rieckhofen gibt es eine bestimmte Form dieses Giftes. Und bei den anderen Frauen hat es eine abweichende molekulare Struktur. Warum auch immer.«
    »Ein Pflanzengift also«, murmelte ich, während meine Gedanken fieberhaft weiterwanderten. »Aber wieso? Pestizidbelastungen?«
    Katherine zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Das fragst du besser Hades. Aber es ist definitiv nicht einfach nur irgendeine Pflanze. Das ‚Weiße Gold‘ scheint sehr besonders gewesen zu sein.«
    Sie zog ein paar weitere Dokumente aus ihrer Tasche. »Da ist noch etwas«, sagte sie. »Hier. Ich dachte, das würde dich interessieren.«
    Es lag ein erwartungsvolles Funkeln in ihren Augen, das mich neugierig machte. Rasch überflog ich die Unterlagen, die sie mir zugeschoben hatte. Und schon nach drei Sätzen stockte mir der Atem.
    »Das sind die Behandlungsdokumentationen von diesem Doktor Ewald«, stieß ich hervor. »Du hast sie gefunden!«
    Katherine nickte. »Es hat ein wenig gedauert, aber du weißt ja, das Archiv vergisst nichts. Leider sind die Dokumentationen nicht ganz vollständig. Kein Wunder, nach der langen Zeit, da wird in den Jahren sicher einiges verschütt gegangen sein. Aber … darf ich?« Sie nahm mir die Blätter ab und suchte nach einem ganz bestimmten Abschnitt. »Hier«, sagte sie schließlich und das Lächeln kehrte auf ihr hübsches Gesicht zurück. »Der Beweis dafür, dass Clara von Rieckhofen in der Klinik war.«
    Mit zitternder Hand griff ich nach dem Dokument.
    Clara Begine von Rieckhofen, geboren am 18.12.1894 in Berlin. Fortgeschrittene Tuberkulose mit ausgeprägtem Husten und Auszehrung. Beginn der Behandlung am 01. September 1911. Behandelnder Arzt: Dr. Heinrich Ewald.
    Und darunter eine detaillierte Auflistung des Behandlungskonzeptes. Liegekuren, spezielle Diät, Bäder. Ich überflog die Tabelle. Die Schrift war verblichen und an manchen Stellen fast unleserlich. Und doch. Am 27. Oktober 1911 fand sich ein Eintrag, der mir das Blut schneller durch die Adern jagte.
    Beginn der Injektionsserie 7B unter Berücksichtigung der individuellen Patientenkonstitution.
    Ich runzelte die Stirn und blätterte weiter. Injektionsserie 7B . Was immer das gewesen sein mochte, in den Unterlagen fand sich nichts mehr dazu. Aber immerhin wussten wir nun, dass es eine zusätzliche Behandlung durch Dr. Ewald gegeben hatte. Und dass diese Ende Oktober begonnen hatte. Das deckte sich mit den Angaben in Claras Tagebuch.
    »Und die Behandlung wurde durchgeführt, bis Clara im November 1911 verschwand?«, fragte ich nach.
    Katherine zuckte mit den Schultern. »Das lässt sich nicht genau sagen, ist aber anzunehmen.« Sie zog einen weiteren Bogen aus der Akte. »Hier, das ist der Bericht über ihr Verschwinden.«
    Ich überflog den Text. Es war nur eine kurze Meldung. Offensichtlich hatte niemand dem Verschwinden eine große Bedeutung beigemessen.
    »Merkwürdig. Anscheinend hat sich keiner darum gekümmert, was mit ihr passiert ist«, sagte ich.
    »Vielleicht deshalb.« Katherine tippte mit dem Zeigefinger auf einen Vermerk ganz unten auf der Seite.
    Es wird vermutet, dass Clara von Rieckhofen die Klinik verlassen hat, um sich zu ihrem Verlobten zu begeben. Sie hatte diese Pläne in der Vergangenheit mehrfach geäußert. Da die Identität des Verlobten unbekannt ist, werden die Ermittlungen eingestellt.
    Überrascht blickte ich Katherine an. »Und danach hat niemand mehr nach ihr gefragt?«
    Katherine nickte. »Sieht ganz so aus. Sie dachten, sie wäre bei diesem Viktor. Aber wie gesagt, unsere Akten sind alles andere als vollständig.«
    Ich lehnte mich zurück und versuchte, Ordnung in die Puzzleteile zu bekommen. »Angenommen, dieser Dr. Ewald hat versucht, Clara mit einer neuartigen Injektionsbehandlung zu helfen, weil die Fowlersche Lösung keine Wirkung zeigte«, überlegte ich. »Das lässt sich anhand der Eintragungen in ihrem Tagebuch vermuten. Und nun auch aufgrund der Akten, in denen etwas von einer Injektionsserie zu lesen ist.« Ich musterte Katherine. »Könnte es dieses Pflanzengift gewesen sein?«
    »Den Verdacht hatte Hades auch schon«, sagte Katherine. »Aber er hält das für unwahrscheinlich. Injiziert löst das Mittel Nekrosen aus und zerstört Gewebe. Und davon ist keine Rede, oder?«
    »Nein«, antwortete ich und strich mir die Haare zurück. »Zumindest wissen wir nichts darüber.« Ich überlegte einen Moment. »Hat Clara von Rieckhofen eigentlich noch Angehörige? Nachfahren welchen Grades auch

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