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Die dunkle Seite des Weiß

Die dunkle Seite des Weiß

Titel: Die dunkle Seite des Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yalda Lewin
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bereithält.«
    Systematisch ging ich Verzeichnisse, Ordner und Dateien durch, bis mein Blick schließlich an einer Liste hängenblieb. Zahlenkolonnen und Diagramme. Kürzel, die nirgends erklärt wurden. Und vor allem – kyrillische Buchstaben. Meine Kehle wurde trocken. Das letzte Mal hatte ich eine vergleichbare Liste vor zwei Jahren gesehen. Und dieser Fund hatte mein Leben zerstört.
    »Oliver? Siehst du das?«
    »Klar und deutlich.« Olivers Blick hastete über den Text. Ein Schnellleser. Umso besser. Das ersparte uns eine Menge Zeit.
    Uns? Ich runzelte die Stirn. Hatte ich mich schon so an den Gedanken gewöhnt, Oliver an meiner Seite zu haben, dass ich ihn automatisch mit in den Fall einbezog? Das war bedenklich. Und doch fühlte es sich gut an. Zum ersten Mal in meinem Leben fand ich es nicht lästig, jemanden während der Arbeit an meiner Seite zu haben. Mit Mirella war das anders, das zählte nicht. Und auch Katherine war … ein besonderer Fall. Oliver nun also die dritte Ausnahme. Hieß das, dass ich flexibler wurde? Etwas weniger starr in meiner Weise, die Welt zu sehen? Vielleicht. Vielleicht war ich aber auch einfach nur zu verzweifelt, was diesen TBC-Fall anging …
    Oliver räusperte sich. »Viel fällt mir dazu nicht ein. Außer, dass es Russisch ist. Und das hier oben«, er tippte auf ein Logo in der rechten Ecke, »könnte zu einer Firma gehören. Insgesamt sagt mir das alles aber nichts. Dir?«
    Ja, allerdings. Es sagte mir etwas. Nur nicht genug. Wie eine Landkarte, die an den entscheidenden Stellen Brandlöcher aufwies und so ihr Geheimnis für sich behielt.
    Ich atmete tief durch. »Ich habe dir erzählt, dass ich vor zwei Jahren aus der Akademie geflogen bin. Es hing mit einem Dokument zusammen, das ich damals per Mail bekam. Ein Fehler im Computernetzwerk hatte an diesem Tag alles durcheinandergebracht. Mails wurden an falsche Empfänger geleitet, Daten abgeglichen, obwohl das überhaupt nicht vorgesehen war. Kurzum, ein totales Chaos. Keine Ahnung, weshalb dieses Dokument mit kyrillischer Schrift bei mir landete. Aber ich weiß, dass ich es merkwürdig fand. Die Akademie hatte in allen möglichen Ländern Kontakte und Zweigstellen. Aber nicht in Russland.«
    Oliver hob amüsiert die Brauen. »Nicht? Dass der eiserne Vorhang passé ist, habt ihr in eurem Elfenbeinturm aber inzwischen mitgekriegt, oder?«
    Ich schnaubte leise. »Natürlich. Und inzwischen gibt es auch ein Akademiebüro in Moskau, stell dir vor. Keine Ahnung, weshalb das so lange gedauert hat. Aber eins weiß ich sicher: Damals, als ich diese Liste in die Finger bekam, hatte die Akademie mit Russland definitiv noch nichts am Hut.« Ich blickte Oliver fest an. »Fragt sich, was diese Liste auf Ernesto Sanchez’ Rechner zu suchen hat.«
    »In der Tat«, murmelte Oliver und ich sah, dass seine Augen zu funkeln begannen. Ganz offensichtlich hatte er Blut geleckt.
    Was immer Ernesto Sanchez mit dieser miesen Sache zu tun hatte, wir würden es herausfinden. Und wenn ich es aus ihm herausprügeln musste.
    »Komm mit«, sagte ich, druckte die Liste aus und stopfte das Papier in meine Manteltasche. »Wir werden dem Kubaner jetzt einen kleinen nächtlichen Überraschungsbesuch abstatten.«
    Ich drehte mich um und erstarrte mitten in der Bewegung. Das kühle Metall eines Pistolenlaufs legte sich an meine Stirn.
    »Keine Bewegung. Oder ich schieße.«
    Mirellas Augen waren eisig und ihre Aura eine Korona aus Stahl. Nie zuvor hatte ich sie so erlebt. Als hätte sie jede Emotion, jede innere Regung vollkommen von sich abgekoppelt. Ihre Seele schien nur noch durch einen hauchdünnen Faden mit dem Hier und Jetzt verknüpft zu sein. Eine Verbindung, die jederzeit abreißen konnte.
    Ich schluckte schwer und versuchte, mein jagendes Herz zu beruhigen. Neben mir nahm Oliver die Hände hoch.
    Behutsam trat ich einen Schritt zurück. »Mirella, ich kann dir das erklären. Das hier ist nicht der richtige Zeitpunkt, um falsche Entscheidungen zu treffen. Wenn du erfährst, was wir–«
    »Das hier ist die innere Abteilung. Ihr habt einen Computer gehackt.« Mirellas Gesicht blieb unbewegt wie eine Maske. »Mehr muss ich nicht wissen.«
    Ich merkte, wie mir etwas die Kehle zuschnürte, als sie mich musterte. So distanziert, als wäre ich jemand vollkommen Fremdes für sie. War ich das? War alles, was wir gemeinsam erlebt hatten, unwichtig?
    »Wer ist der da?«, sagte Mirella mit glasklarer Stimme und deutete mit einem fast unmerklichen Nicken auf

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