Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
verstanden? Die Knarre ist voll geladen, neun Schuss, und glauben Sie mir, ich weiß, wo man drücken muss.«
Als ich zwei Minuten später die Treppe hinabstürmte, trillerte mein Handy erneut. Olivia Opelt.
»Gott sei Dank, dass ich Sie endlich …«, schrie sie. »Ich habe schon zehnmal … aber es war dauernd …«
»Hergarden, ich weiß es schon.«
»Er ist im Hotelzimmer!«
»Ich dachte, sein Zimmer ist in Heidelberg?«
Ich hatte das untere Ende der Treppe erreicht, riss die Haustür auf. Kalte Luft stürzte mir entgegen. Tat mir gut. Machte mich hoffentlich endgültig wach.
»Es … Es ist mein Zimmer«, schluchzte Grafs Assistentin. »Ich … Wir glaubten …«
Ich rannte den Gehweg hinunter zu meinem Wagen.
»Liege ich richtig mit dem, was ich jetzt vermute?«
»Ja.«
»Haben Sie schon die Polizei informiert?«
»Ich dachte, ich rufe gleich Sie an. Dann muss ich nicht so viel erklären, dachte ich.«
Inzwischen hatte ich den Peugeot erreicht, bekam den Schlüssel erst beim dritten Anlauf ins Schloss, fiel auf den Sitz, startete mit der rechten Hand den Motor, während die linke das Handy hielt.
»Wo sind Sie jetzt?«
»Im Flur. In Sicherheit. Er … er hat mich … rausgeschickt und …«
»Ich brauche zwanzig Minuten«, rief ich. »Wenn ich mich über sämtlichen Verkehrsregeln hinwegsetze. Muss jetzt auflegen. Bleiben Sie erreichbar.«
Sekunden später bog ich mit quietschenden Reifen auf die Lessingstraße ein. Glücklicherweise war mein Kombi das einzige Auto weit und breit. Klara Vangelis nahm dieses Mal erst nach dem zehnten Tuten ab und klang verschlafen. Was sich innerhalb der nächsten Sekunden änderte.
»Ich brauche alles, was Sie auftreiben können, das volle Programm. Sie unternehmen nichts, bevor ich da bin.«
»Was haben Sie vor?«
»Das überlege ich mir, wenn ich auf der Autobahn bin. Versuchen Sie eine Stelle zu finden, von wo man in das Zimmer hineinsehen kann.«
»Das Excelsior ist ein Hochhaus. Zwölfhundertfünf dürfte ziemlich weit oben sein.«
»Versuchen Sie es trotzdem.«
»Ich organisiere Ihnen Begleitschutz, damit Sie nicht am Ende noch von einer Streife gestoppt werden.«
Drei Minuten später saß ich in einem Streifenwagen mit Blaulicht, der mit über zweihundert Stundenkilometern über die Autobahn in Richtung Westen jagte. Einer weiterer folgte uns mit einigem Abstand. Weit im Westen glühte der Himmel, als loderte dort ein Großbrand. Bald schon das Ortschild, ein dritter Streifenwagen war plötzlich vor uns, Mannheimer Kollegen, Ortskundige, übernahmen die Führung. In halsbrecherischem Tempo ging es durch die glücklicherweise menschenleere Stadt, ich wurde hin- und hergeworfen wie ein Gepäckstück, überall gelb blinkende Ampeln, hie und da Nebelschwaden, ein einsames Taxi, kreischende Reifen, die enge Kurve zur Konrad-Adenauer-Brücke.
Keine fünf Minuten später setzte der Streifenwagen vor uns den Blinker und bremste, dass es qualmte.
Ein schmaler, rechts und links von Betonwänden begrenzter Parkplatz. Viele dunkle Autos. Links ein Hochhaus.
Das Excelsior.
Vor dem hell erleuchteten Eingang standen mehrere Polizeifahrzeuge, alle mit funkelnden Blaulichtern. Überall Kollegen in Uniform. Als ich aus dem Wagen sprang, war ich umringt von erwartungsvollen, erschrockenen, ratlosen Gesichtern.
»Ich gehe rein«, rief ich in die Runde, ohne stehen zu bleiben. Jeder hier wusste, wer ich war.
»Ist das nicht zu riskant?«, fragte der Ranghöchste der Ludwigshafener Kollegen, ein beleibter Hauptkommissar, der mir die Glastür aufhielt. »Es heißt, er ist bewaffnet.«
»Ist er auch. Aber ich denke nicht, dass es für mich gefährlich ist.«
»Der Mann ist ein Desperado.«
Ja, das war Hergarden wohl: ein Mensch ohne Hoffnung. Das machte ihn gefährlich, aber nicht skrupellos.
»Vor der Tür oben stehen schon ein paar von uns. Das Horchgerät müsste jeden Moment kommen. Damit können wir wenigstens durch die Tür mithören.«
»Sie halten still, bis ich laut und deutlich: ›Totale Scheiße!‹ sage.«
»Totale Scheiße?«, fragte er verblüfft. »Das ist das Codewort für den Zugriff?«
»Was Besseres fällt mir auf die Schnelle nicht ein.«
Gleißendes Licht. Weicher Teppichboden.
An der Rezeption ein blasses, schmales Mädchengesicht.
Die Tür zum rechten Aufzug stand offen.
36
»Wer ist da?«, fragte Hergardens raue Stimme hinter der Tür.
»Gerlach«, antwortete ich nicht weniger heiser.
»Damit Sie es wissen: Er hat den
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