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Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)

Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)

Titel: Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Pistolenlauf am Kopf. Ich schließe jetzt auf. Machen Sie irgendeinen Blödsinn, und das ZDF hat einen Quotenbringer weniger.«
    »Ich bin allein. Ich bin unbewaffnet. Ich mache keinen Blödsinn.«
    »Und ich bin kein Idiot. Sie sind nicht allein. Versuchen Sie bloß nicht, mich zu verarschen.«
    Leise Geräusche an der Innenseite der Tür.
    Das Schloss knackte.
    Die Tür öffnete sich einen Spalt.
    Ich schob sie vorsichtig auf, trat ein. Im Zimmer war es dämmrig. Nur ein Lämpchen neben dem breiten Bett spendete Licht. Die weinroten Samtvorhänge waren zugezogen. Hergarden war – während ich eintrat – bis zur gegenüberliegenden Wand zurückgewichen, hielt seinen ehemaligen Freund als Schutzschild vor sich, den Unterarm um dessen Hals gepresst, und drückte die Mündung einer schweren Automatic an Grafs Schläfe. Mein Blick zuckte durch das verglichen mit der Suite im Europäischen Hof fast karge Zimmer. Ein zerwühltes, breites Doppelbett, edel dunkelblau bezogen, eine Champagnerflasche, zwei noch halb volle Sektschalen auf einem Tischchen. Muffige Schlafzimmerluft. Der Duft von Olivia Opelts Frühlingsparfüm schwebte noch in der Luft.
    Ich hob die leeren Hände in Schulterhöhe und sagte ruhig: »Ich will keinen Stress. Wir finden eine Lösung. Machen Sie keinen Unsinn!«
    »Schließen Sie ab!«, erwiderte Hergarden grob.
    Ich gehorchte.
    »Setzen Sie sich hin!«
    »Wo?«
    »Nehmen Sie den Stuhl da, setzen Sie sich mit dem Rücken an die Tür, und rühren Sie sich nicht!«
    Mich an der Tür zu platzieren war ein verflucht kluger Schachzug. Hergarden hatte sich seinen Plan offenbar gründlich überlegt. Ich gehorchte mit gemessenen Bewegungen. Ruhe verbreiten, Deeskalation, das war jetzt das erste Ziel.
    Als ich saß, ließ Hergarden seine schwitzende Geisel so plötzlich los, dass diese vorübergehend das Gleichgewicht verlor. Graf plumpste auf die Kante des Betts, hielt sich keuchend an dem runden Tischchen fest, auf dem der Champagner stand. Die Flasche schwankte, fiel jedoch nicht. Hergarden behielt ihn ständig im Blick, während er sich auf einen Polsterstuhl setzte, die Pistole immer auf die Stirn seiner Geisel gerichtet. Die Waffe war entsichert, das konnte ich selbst auf die Entfernung und bei schlechter Beleuchtung erkennen. Die stickige Luft machte das Atmen schwer. Graf schnaufte, als hätte er soeben einen Dauerlauf absolviert, rieb sich den Hals, hustete, röchelte und hustete wieder. An der Stirn und am rechten Ohr klebten immer noch Pflaster. Die Armbinde schien er schon nicht mehr nötig zu haben.
    »Du machst vielleicht einen Scheiß, Freddy«, brachte er endlich heraus. »Noch ein bisschen fester, und du hättest mich erwürgt, Himmel noch mal!«
    Das war entschieden der falsche Ton für einen Mann in seiner Lage.
    »Wäre nicht schade drum«, versetzte Hergarden giftig. »Und ab jetzt hältst die Fresse. Heute redest du ausnahmsweise mal nur, wenn du gefragt wirst.«
    »Was wollen Sie?«, fragte ich ihn so jovial, als wollte ich ihm sein Auto abkaufen.
    In meinem Rücken hörte ich leise Kratzgeräusche. Vermutlich schob jemand das Mikrofon und hoffentlich auch eine dieser winzigen Kameras unter der Tür hindurch. Ich rutschte ein wenig auf meinem Stuhl herum, um die Geräusche zu überdecken. Aber Hergarden saß wohl zu weit entfernt, als dass er es hätte hören können.
    »Was wollen Sie?«, fragte ich ein zweites Mal.
    Hergarden warf mir einen bösen Seitenblick zu. Dann fixierte er wieder Graf. »Reden soll er.«
    »Was denn?« Graf hatte seine Stimme wiedergefunden. »Was willst du hören, verdammt?«
    »Das weißt du ganz genau«, brummte Hergarden und hob seine Waffe noch ein wenig höher. »Die Wahrheit will ich hören. Sag einfach nur einmal im Leben die Wahrheit.«
    Graf starrte auf seine bloßen Füße. Er trug nur die Hose eines rot-beige karierten und offensichtlich frisch gebügelten Seidenpyjamas. Sein Oberkörper war bis auf einige erstaunlich kleine Pflaster nackt. Die Haut schlaff und fahl wie die eines sehr alten Mannes. Da war nichts mehr von der Kraft und Frische, die er noch vor wenigen Stunden versprüht hatte. Seine plötzlich sehr schütteren Haare waren wirr und feucht vom Angstschweiß, das Gesicht zerknautscht, die Miene wechselte ständig zwischen Fassungslosigkeit und Wut. Offenbar trug er in der Öffentlichkeit wirklich ein Toupet. Angst schien er nicht zu haben.
    Während der rasenden Fahrt hierher war mir klar geworden, was der kindische Plan gewesen war:

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