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Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)

Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)

Titel: Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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seinen Bodyguards, sondern von zwei uniformierten Polizisten bewacht wurde. Ich fühlte mich, als läge eine große, schwierige Sache endlich hinter mir. Graf war wach und ansprechbar. Der diensthabende Oberarzt hatte nichts gegen ein kurzes Gespräch einzuwenden.
    »Es stimmt«, sagte Graf, nachdem wir Hände geschüttelt hatten. »Fred hatte leider recht. Ich habe sie getötet. Ich habe Vicky getötet. Aber es war kein Mord. Soweit ich das als juristischer Laie beurteilen kann, war es nicht einmal Totschlag.«
    Für das, was er in der vergangenen Nacht durchgemacht hatte, sah er schon wieder erstaunlich frisch aus. Der Mann war härter, viel härter, als man vermutete, wenn man ihn als netten Plauderonkel im Fernsehen sah. Klara Vangelis stand schräg hinter mir. Wie üblich im selbst geschneiderten Designerkostüm.
    »Ist es okay, wenn meine Kollegin bei unserem Gespräch dabei ist?«
    »Nein« erwiderte Graf in einem Ton, der jede Diskussion sinnlos machte. »Sie können aber gerne ein Band mitlaufen lassen, wenn es Ihnen hilft.«
    Was nun folgen würde, war noch keine offizielle Vernehmung, sondern ein informelles Gespräch, bei dem Graf die Regeln diktierte. So gab ich Vangelis einen Wink. Sie verließ das geschmackvoll eingerichtete Erste-Klasse-Krankenzimmer, ohne eine Miene zu verziehen, und schloss die schallgedämmte Tür von außen.
    »Warum?«, fragte ich, während ich einen Stuhl aus hellem Holz neben das Bett stellte und das Diktiergerät auf den Nachttisch platzierte. »Warum haben Sie Vicky Hergarden getötet?«
    »Ich wollte die Beziehung beenden«, erwiderte Graf leise und mit Blick zur Decke. »Ich musste dem Irrsinn ein Ende machen. Die Geschichte lief völlig aus dem Ruder. Das wollte ich ihr sagen. Das habe ich ihr gesagt, an dem Abend. Sie ist sofort ausgerastet, damit hatte ich gerechnet. Aber dann ist sie … Vicky ist ausfällig geworden. Sehr ausfällig. Das konnte sie nämlich verdammt gut, andere beleidigen, mit Worten niedermachen. Außerdem hatte sie wirklich getrunken. Das ist die Wahrheit. Sie hatte zu viel getrunken. Wie so oft.«
    »Sie waren also nicht in Köln?«
    Graf blinzelte. Schüttelte den Kopf. Atmete schwer.
    »Nicht dass Sie denken, ich hätte sie verführt. Umgekehrt war es. Als sie hörte, dass ich eventuell in die Lindenstraße reinkomme, hat sie plötzlich an mir geklebt wie eine Zecke. Wie eine überaus attraktive Zecke. Vicky wollte nach oben. Mit allem, was sie zu bieten hatte, hat sie gekämpft. Aber sie war schlecht. Als Schauspielerin. Im Bett nicht.«
    Wieder musste ich ein Weilchen auf die Fortsetzung warten.
    »Am Ende ist sie sogar tätlich geworden«, fuhr Graf endlich fort, auch nach fast drei Jahrzehnten immer noch fassungslos. »Völlig hysterisch. Hat geschrien und gekreischt und um sich geschlagen. Unwürdig. Schrecklich war es. Unwürdig und schrecklich.«
    »Und Sie haben sie von sich gestoßen?«
    Er nickte mit altem Grauen im Gesicht. »Ich musste mich ja irgendwie wehren. Ja, ich habe sie weggestoßen. Sie ist gestolpert. Es war keine Absicht. Ich wollte nur nicht, dass sie mir das Gesicht zerkratzt. Unten war Sabeth. Wie sollte ich ihr erklären …?«
    »Ihre Frau hat es gewusst?«
    »Wir hatten das, was man eine offene Zweierbeziehung nannte. Damals dachten wir, Treue sei eine Erfindung der Kirche, damit ihre Schäfchen nicht auf abwegige Gedanken kommen. In den höheren Kreisen hat man es mit der Treue ja nie so genau genommen. Da ist es immer schon kreuz und quer gegangen. Lesen Sie nur die Bibel.«
    »Auch in Fürstenhäusern soll es hin und wieder gute Ehen gegeben haben.«
    Endlich sah Graf mich an. Ernst und ratlos. »Gute Ehen sind so selten wie gute Menschen.«
    »Wie ging es dann weiter?«
    »Wie es weiterging? Ich habe festgestellt, dass Vicky tot war. Da war so unglaublich viel Blut. Ihr Hals …«
    »Ich habe Fotos gesehen. Aber vielleicht wäre sie zu retten gewesen. Sie hätten einen Krankenwagen rufen müssen. Sie haben sie verbluten lassen.«
    »Sie war nicht zu retten. Und eine Halsschlagader kann man nicht abdrücken, so viel verstehe sogar ich von Medizin. Es sei denn, man will den Verletzten erwürgen.«
    »Sie hätten einen Arzt rufen müssen. Einen Krankenwagen.«
    »Ja, Sie haben wahrscheinlich recht. Aber ich … ich war in Panik. Unten war Sabeth. Ich wusste mir nicht zu helfen. Und ich war mir sicher, dass Vicky nicht mehr zu retten war. Das Blut hat nur wenige Sekunden gespritzt, dann hat es schon aufgehört.

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