Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
sein.«
»Sie haben angedeutet, dass es Frau Hergarden war, die die Beziehung beendet hat.«
»Ganz plötzlich, ja. Es hatte wohl einen wüsten … Streit mit Freddy gegeben. Er war da gewesen. Für ein paar Tage. In den Zeiten konnten wir uns nicht sehen, wenn Freddy da war. So … locker war sie dann doch nicht. Und wie er wieder weg war, war plötzlich alles anders. Und ein paar Tage später war es dann zu Ende. Fredy muss ziemlich ausgerastet sein.«
»Genaueres wissen Sie aber nicht?«
Kopfschütteln. »Nur, dass sie plötzlich anders war. Verschlossener. Ernster.«
»Von wem haben sie es erfahren?«
»Was?«
»Dass die beiden Streit hatten.«
»Von … Rosalie. Rosalie war die Quatsch- und Tratschzentrale des Heidelberger Theaters.«
»Und nachdem es zu Ende war, haben Sie Heidelberg verlassen?«
»Ich habe sie hunderttausend Mal angerufen. Aber Vicky war nicht der Typ Frau, den man zu etwas überreden … Sie war …«
Die Bedienung hatte das Interesse an uns verloren und betrachtete nun eingehend ihre pink lackierten Fingernägel.
»Um ehrlich zu sein, ich habe erst nach der … Trennung begriffen, wie wichtig sie für mich war. Vorher war alles Glückseligkeit, Abenteuer, Lust gewesen. Es war mir völlig … gleichgültig, dass sie verheiratet war, dass es keine Zukunft für uns gab. Dass es noch andere gab. Wir waren zusammen, und das genügte. Ich war so jung, damals. Und leider … auch unglaublich dumm. Ich war für Vicky wohl doch nur … ein Bettvergnügen. Ein Dildo, an dem praktischerweise … ein Mann hing.«
»Wann genau haben Sie die Stadt verlassen?«
»Zwei Tage vor ihrem Tod. Völlig idiotisch. Ich hatte noch einen Vertrag bis Jahresende. Den habe ich nicht erfüllt. Aber ich musste … weg, ich musste einfach. Habe meine sieben, acht Sachen gepackt. Alles, was ich damals besaß, konnte ich bequem auf einen Rutsch zum Bahnhof tragen. In Frankfurt habe ich eine billige Souterrainwohnung gefunden. In Praunheim draußen. Dort gab es eine Jazzband, bei der ich einsteigen konnte. Ich hatte nicht mal weniger Geld als früher.«
»Oboe in einer Jazzband?«
»Ich spiele auch Trompete.«
Also doch.
»Wie stand eigentlich Frau Graf beziehungsweise Frau Holland zu der Situation? Wusste sie, dass ihr Mann fremdging?«
»Ich habe Sabeth eigentlich immer nur am Theater gesehen. Gesprochen haben wir nie miteinander. Sie hat mich … einfach nicht zur Kenntnis genommen. ›Die Queen‹ haben wir sie genannt. So hat sie sich gegeben: als königliche Hoheit. Bei Maria Stuart , zum Beispiel, da war in der ersten Sekunde klar, wer die Maria spielen wird. Und keine der anderen Mädchen hat ihr die Rolle streitig gemacht. Wir haben alle … Respekt vor ihr gehabt.«
»Sie soll aus wohlhabendem Haus gestammt haben.«
»Ihre Eltern hatten in Mannheim eine Firma. Keine kleine Firma. Die haben ihre Brüder geerbt, wenn ich mich richtig erinnere.«
Viktoria Hergardens ehemaliger Liebhaber hatte in den letzten Minuten immer öfter auf sein Handy gesehen. Es war offensichtlich: Meine Zeit mit ihm war abgelaufen.
Wir erhoben uns, und ich legte einen Schein auf den Tisch, der die unfreundliche Bedienung abrupt in eine strahlende Gastgeberin verwandelte. Sie hielt uns sogar mit einer kleinen Verbeugung die schwere und aufwendig verzierte Glastür auf.
»War sie eine gute Schauspielerin?«, fragte ich Nils Hedin im Hinausgehen.
»Sabeth?« Zum ersten Mal seit Beginn unseres Gesprächs lachte er. »Sie selbst war sehr von sich überzeugt. Wie alle Schauspieler. Sie war auch nicht schlecht. Aber im Grunde konnte sie eben nur eine einzige Rolle: Sabeth Holland, die Queen. Ich habe ihren Namen später nie wieder gehört. Vielleicht hat sie die Schauspielerei aufgegeben. Wie so viele. Und sich einen verlässlicheren Mann gesucht als Marcel. Nach Vickys Tod ist die ganze Truppe irgendwie … explodiert. Vicky war tot, Freddy weit weg, Sabeth ist nach Frankreich gezogen, Marcel ist nach Köln gegangen. Dort soll er später auch wieder geheiratet haben.«
»Was aus Frau Holland geworden ist, wissen Sie nicht?«
»Sollte doch kein Problem sein, die zu finden. Das Haus? Das muss es doch noch geben?«
»Natürlich gibt es das noch. Ich war sogar dort. Heute leben aber keine Schauspieler mehr da, und das Anwesen gehört seit Jahren einer Berliner Immobilienfirma. Die haben es von einer Erbengemeinschaft gekauft.«
»Von einer Erbengemeinschaft? Heißt das …?«
Erst jetzt wurde mir bewusst,
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