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Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)

Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)

Titel: Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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was das bedeutete. »Das heißt, sie ist vermutlich tot«, sagte ich erschrocken. Oder sie hatte das Haus nach der Scheidung verkauft.
    Hedin stand mit hängenden Armen vor mir und sah auf seine billigen Schuhe. »Sabeth … also auch«, murmelte er kopfschüttelnd.
    »Dreißig Jahre sind eine lange Zeit.«
    »Sabeth war damals … neunundzwanzig. Heute wäre sie … achtundfünfzig. Kein Alter, um tot zu sein, finde ich.«

18
    Als ich ins Auto stieg, war es Viertel nach zwölf, und Theresas SMS fiel mir wieder ein. Sie klang völlig anders als befürchtet:
    »Jubel, jubel!!!«, schrieb sie. »Das Buch!!!! RUF MICH AN!!!!!!!!«
    Als ich wieder auf der Autobahn war, drückte ich die Kurzwahl mit der Nummer eins. Meine Liebste war völlig aus dem Häuschen. »Die Zeit« hatte ihr neues Buch besprochen. Und zwar äußerst wohlwollend.
    »Ach was, wohlwollend. Über den grünen Klee haben sie es gelobt!«
    »Erscheint ›Die Zeit‹ nicht erst am Donnerstag?«
    »Ja, ja, natürlich. Aber sie haben die Rezension vorab an den Verlag geschickt, und ich, ich bin so aufgeregt, und jetzt … jetzt habe ich völlig vergessen, was ich noch sagen wollte.«
    »So kenne ich dich ja gar nicht«, meinte ich und lachte.
    »Können wir uns heute Abend sehen? Hast du Zeit? Bittebittebitte, hab Zeit!«
    Zwei Stunden später stand ich zum zweiten Mal vor Rosalie Jordans Haustür. Sie hatte mich offensichtlich belogen, als sie behauptete, Marcel Graf habe kein intimes Verhältnis mit Vicky gehabt. Und nun hätte ich zu gern erfahren, warum.
    Nachdem ich wieder zweimal erfolglos den Klingelknopf gedrückt hatte, schnappte die Tür von alleine auf. Eine walkürenhafte Rothaarige mit alabasterweißem Gesicht blinzelte in die Helligkeit und hielt mir mit finsterer Miene die Tür auf. Ich drückte den Lichtschalter, was jedoch außer einem dumpfen Klacken in der Ferne nichts weiter bewirkte.
    Die Klingel der verkrachten Schauspielerin funktionierte immer noch nicht. So klopfte ich wieder gegen die Tür. Nichts geschah. Ich klopfte noch einmal. Dieses Mal hörte ich ein Kratzen von innen sowie das vorwurfsvolle Maunzen der Katze. Ich versuchte es ein drittes Mal. Das Miauen der Katze wurde lauter und klang sehr kläglich. Schließlich ging ich zum Hinterausgang, durch den man in den betonierten Hof gelangte. Die altersschwache Holztür klemmte und quietschte zum Erbarmen, war jedoch nicht verschlossen. Das erste Fenster rechts musste das Küchenfenster sein. Praktischerweise stand sogar eine Kletterhilfe bereit, ein noch recht gut erhaltener Esszimmerstuhl aus Eichenholzimitat, der in den Sechzigerjahren in gewissen Kreisen modern gewesen sein mochte. Ich rückte ihn unters Fenster, stieg vorsichtig hinauf und spähte hinein. Von weiter oben dröhnte Rapmusik, wie ich sie in letzter Zeit oft aus den Zimmern meiner Mädchen hörte. Das Wort, das im Text am häufigsten vorkam, war »Motherfucker«.
    Es dauerte einige Sekunden, bis ich in der Dunkelheit hinter der schmutzige Scheibe etwas erkennen konnte. Den Tisch sah ich, an dem ich gestern gesessen hatte, darauf das Glas, das die Bewohnerin benutzt hatte. Die Schnapsflasche dagegen schien eine andere zu sein. Der Stuhl, auf dem ich gesessen hatte, stand etwas entfernt vom Tisch. Der andere war umgekippt. Am Boden zwei Füße in braunen Socken aus grober Wolle. Der dazugehörige Körper war durch den Tisch verdeckt. Ich sprang von meinem Aussichtsplatz und suchte das Handy in den Manteltaschen.
    »Viel kann ich nicht sagen«, erklärte mir der Notarzt zwanzig Minuten später. Die altersschwache Wohnungstür hatte dem Mann vom Schlüsseldienst keinen ernst zu nehmenden Widerstand geleistet. Die kleine schwarze Katze war völlig ausgehungert gewesen und beim Anblick der hereinstürmenden Fremden in Panik geraten. Am Boden neben der toten Quatsch- und Tratschzentrale des Heidelberger Theaters lag ihr Telefon. Vielleicht hatte sie in ihren letzten Sekunden noch versucht, Hilfe zu rufen.
    Der übergewichtige und fast zwei Meter große Arzt richtete sich schnaufend auf und massierte sein breites Kreuz.
    »Sie dürfte seit zwölf, vierzehn Stunden tot sein. Sie sagten was von HIV?«
    Ich deutete auf die Tablettenpackung, die noch an derselben Stelle lag wie bei meinem letzten Besuch. Von der offenen Cognacflasche auf dem Tisch fehlte knapp ein Viertel des Inhalts. Im Glas war noch ein winziger Rest. Obwohl wir sofort alle Fenster aufgerissen hatten, stank es nach verwesendem Müll, Katzenkot und

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