Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman
Verbannung geschickt hatte! Doch Bischof Konstantinos hatte seine Rettung so rasch und schlau betrieben, dass dazu keine Möglichkeit bestanden hatte.
Jetzt musste sie unbedingt wissen, was der Kaiser von ihr wollte. »Alles, was in meinen Kräften steht«, murmelte sie respektvoll.
»Es gibt bestimmte Menschen, deren Dienste du in Anspruch nimmst …« Er wog seine Worte sorgfältig ab. »Ich möchte nicht, dass man mich mit ihnen in Verbindung bringt, aber sie verfügen über Fähigkeiten, die mir nützen können. Ich brauche Informationen, später unter Umständen auch mehr.«
»Sizilien?«, sagte sie leise.
Er nickte bestätigend.
Sie wartete. Ein neues Abkommen sollte geschlossen
werden, das war gut. Sie war durchaus bereit, wenn es um das Wohl von Byzanz ging, sich mit jedem einzulassen, aber sie würde ihren Preis dafür verlangen. Der Sizilianer, dessen sie sich bediente, war ein verschlagener Geselle, ein Spion, der zwei Herren diente, aber sie besaß den Beweis für eine Verfehlung, die er sich hatte zuschulden kommen lassen, und hielt ihn an einer Stelle verborgen, wo er ihn bei aller Gerissenheit nie würde finden können. Der Mann war so gefährlich wie eine Giftschlange, und so musste sie ihn ebenso wachsam im Auge behalten wie eine solche. Ihr war klar, warum Kaiser Michael es sich nicht leisten konnte, selbst mit ihm Verbindung aufzunehmen, nicht einmal über seine eigenen Spione. Nichts entging den Eunuchen in seiner näheren Umgebung, den Lakaien, den Palastwachen oder den Priestern, die unaufhörlich kamen und gingen. Genau deshalb war er auf jemanden wie Zoe angewiesen, die ebenso klug war wie er, sich aber auf Praktiken einlassen konnte, deren sich zu bedienen er nicht wagte, nicht wagen durfte. Es gab Verschwörungen und Gegenverschwörungen, zu viele mögliche Thronanwärter und potenzielle Usurpatoren, und Michael war sich dessen nur allzu sehr bewusst.
Er beugte sich vor, war jetzt kaum mehr als eine Armeslänge von ihr entfernt. »Ich brauche diesen Mann«, sagte er leise. »Noch soll er nicht losschlagen, aber bald. Außerdem benötige ich jemanden in Rom, eine zweite Stimme.«
»Ich kann jemanden finden«, versprach sie. »Was möchtet Ihr wissen?«
Er lächelte. Er dachte nicht daran, es ihr zu sagen. »Es muss jemand aus der unmittelbaren Umgebung des Papstes sein«, sagte er, »der auch Zugang hat zu dem Kreis um Charles von Anjou, Herrscher beider Sizilien.«
»Braucht er Mut?« Hoffnung flammte in ihr auf, dass er jetzt doch kämpfen wollte. Vielleicht würde er sogar den Papst meucheln lassen, den Erzfeind des Byzantinerreichs, mit dem er auf Kriegsfuß stand.
Er begriff sofort, worauf sie hinauswollte. »Nicht diese Art Mut, Zoe. Diese Zeiten sind vorbei. Für Päpste findet sich ohne die geringsten Schwierigkeiten Ersatz.« In seinen Augen lag außer Zorn etwas, was man für Besorgnis, wenn nicht gar Angst halten konnte. »Die eigentliche Gefahr geht von Charles von Anjou aus. Niemand außer dem Papst kann ihm in den Arm fallen. Wenn wir eine Zukunft haben wollen, müssen wir uns auf eine Abmachung einlassen. «
»Aber ohne unseren Glauben aufs Spiel zu setzen«, gab sie zurück.
Wut flammte auf der Haut unter seinem dichten Bart auf. Sie sah, wie sich die Röte über seine Wangenknochen ausbreitete. Er beugte sich noch näher zu ihr vor. »Hier ist Klugheit gefragt und nicht Draufgängertum. Wir müssen einen gegen den anderen ausspielen, wie wir das stets getan haben. Ich bin nicht bereit, Konstantinopel noch einmal zu verlieren, um keinen Preis. Wenn es sein muss, beuge ich mein Knie vor den Römern oder erwecke zumindest diesen Eindruck, aber Kreuzfahrer werden nie wieder auch nur einen einzigen Stein aus den Mauern meiner Stadt brechen oder von meinem Volk Tribut eintreiben.« Der Blick seiner schwarzen Augen drang tief in die ihren. »Es ist ohne weiteres möglich, dass Sizilien eines Tages die Hand beißt, die es ausplündert, denn Charles von Anjou hungert das Land förmlich aus. Sollte es dahin kommen, kann uns das nur recht sein. Unterdessen werde ich mit dem Papst Worte und Zeichen austauschen, und wenn es nicht anders geht,
auch mit dem Teufel oder dem König beider Sizilien. Wo stehst du: auf meiner Seite oder gegen mich?«
»Ich stehe auf Eurer Seite«, sagte sie leise. Inzwischen war ihr eine feine und zugleich beunruhigende Ironie aufgegangen. »Ich werde Byzanz gegen jeden Feind verteidigen, ob innerhalb oder außerhalb seiner Mauern. Und was ist mit
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