Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
Vorhängeschloss glatt abgehebelt. Eine Streife, die zufällig vorbeikam, hat sie dabei erwischt.« Er deutete auf die beiden halb erfrorenen Constables. »Die kleinen Rotznasen wären einfach abgehauen, wenn die Jungs da nicht aufgetaucht wären und sie sich geschnappt hätten.«
Inschs Aufmerksamkeit richtete sich nun auf die beiden Streifenpolizisten. »Eine zufällig vorbeikommende Streife? Mitten im Seaton Park? Bei dem Wetter?« Er runzelte die Stirn. »Finden Sie das nicht reichlich abwegig?«
Logan zuckte wieder die Achseln. »Das ist ihre Version, und sie bleiben dabei.«
»Hmmm …«
Die Constables wanden sich verlegen unter Inschs Blick.
»Glauben Sie, dass irgendjemand beobachtet hat, wie die Leiche hier abgelegt wurde?«, fragte Insch schließlich.
»Nein, eher nicht«, antwortete Logan.
Insch nickte. »Ich auch nicht.«
»Weil die Leiche nämlich nicht einfach abgelegt wurde – sie wurde hier gelagert. Die Kinder mussten die Tür aufbrechen. Die Tür wurde mit einem Vorhängeschloss gesichert, nachdem die Leiche schon drin lag. Das bedeutet, dass der Mörder das Schloss angebracht hat. Er glaubte, die Leiche sicher weggeschlossen zu haben. So, dass er jederzeit wiederkommen kann, wenn ihn der Drang überkommt. Er hat sich seine Trophäe noch nicht geholt.«
Ein boshaftes Lächeln breitete sich über Inschs Züge aus. »Das heißt, er wird wiederkommen. Endlich haben wir eine Chance, das Schwein zu schnappen!«
In diesem Moment traf Dr. Isobel MacAlister ein. Mit einem dicken Wollmantel, einem Schwall Schneeflocken und jeder Menge übler Laune kam sie in die Toilette gerauscht. Im Eingangsbereich blieb sie stehen und ließ den Blick über die Szene schweifen. Ihr Gesicht wurde noch länger, als sie Logan entdeckte. Offenbar war sie sauer auf ihn: Nicht genug, dass Logan ihren Opernabend ruiniert hatte, er hatte auch noch nachgewiesen, dass sie mit ihrer Behauptung, das Mädchen sei durch Schläge zu Tode gekommen, danebengelegen hatte. Und Isobel irrte sich nie . »Inspector«, sagte sie, während sie den Mann, mit dem sie früher ins Bett gegangen war, völlig ausblendete. »Könnten wir das bitte möglichst schnell hinter uns bringen?«
Insch zeigte auf die dritte Kabine, und Isobel stapfte los, um die Leiche zu untersuchen. Ihre Gummistiefel quatschten auf den Fliesen und schlackerten ihr um die Waden.
»Meine ich das nur«, flüsterte Insch, »oder ist es hier gerade noch ein paar Grad kälter geworden?«
Noch am selben Abend überbrachten sie Peter Lumleys Eltern die Nachricht. Mr. und Mrs. Lumley sprachen kein Wort. Sie mussten Logan und den Inspector nur sehen und wussten sofort Bescheid. Sie saßen nebeneinander auf dem Sofa und hielten sich an den Händen, während DI Insch die schicksalhaften Sätze sprach.
Mr. Lumley stand wortlos auf, nahm seinen Mantel vom Haken und ging hinaus.
Seine Frau sah ihm nach und wartete, bis die Tür ins Schloss gefallen war, dann brach sie in Tränen aus. Die Vertrauensbeamtin eilte zu ihr und bot ihr eine Schulter, an der sie sich ausweinen konnte.
Logan und Insch zogen die Wohnungstür hinter sich zu.
28
Der Plan war simpel. Jeder, der den Tatort aufsuchte oder sich von dort entfernte, sollte dies möglichst unauffällig tun. Die Zahl der Personen, die das Toilettenhäuschen betraten, würde auf ein Minimum begrenzt werden, die Tür repariert und wieder mit dem Vorhängeschloss versperrt. Die Leiche würde heimlich entfernt werden, und zwei Constables sollten die Toilette observieren. Sie würden dies aus ihrem warmen Streifenwagen heraus tun, den sie in sicherer Entfernung und mit freier Sicht auf den Eingang der Damentoilette parken würden. Der unablässig fallende Schnee hatte den von Dutzenden Sohlen zertrampelten Morast um die Toiletten herum schon wieder unter einer sauberen, unberührten weißen Decke verschwinden lassen. Nichts deutete mehr darauf hin, dass jemand hier gewesen war. Den drei Kindern, die die Leiche gefunden hatten, würde eine Anzeige wegen Einbruchs erspart bleiben, solange sie nur den Mund hielten. Niemand sollte erfahren, dass Peter Lumleys Leiche gefunden worden war. Der Mörder würde mit seiner Schere wiederkommen, um sich sein Souvenir zu holen, und die Polizisten würden ihn festnehmen. Was konnte da noch schief gehen?
Millers Gefälligkeitsartikel über das traurige Leben des Bernard Duncan Philips alias Roadkill wurde auf Seite vier abgeschoben, wo er sich den Platz mit einer Reportage über neue Traktoren
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