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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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Stiefvater.
    »Halten Sie doch mal kurz an, ja?«, sagte Logan, und Watson fuhr sofort rechts ran.
    Er stieg aus und stapfte durch die klare Dezemberluft hinter dem schlurfenden Mann her. »Mr. Lumley?« Er streckte die Hand aus und klopfte dem Mann auf die Schulter.
    Lumley drehte sich um. Seine Augen waren so rot wie seine Nase, das Kinn mit schmuddeligen Stoppeln übersät, das Haar ungepflegt und wirr. Einen Augenblick lang starrte er Logan nur verständnislos an, und dann klickte es irgendwo in seinem Kopf. »Er ist tot«, sagte er. »Er ist tot, und es ist meine Schuld.«
    »Mr. Lumley, es ist nicht Ihre Schuld. Ist alles in Ordnung mit Ihnen?« Es war eine saudumme Frage, aber Logan konnte sie sich nicht verkneifen. Natürlich war gar nichts in Ordnung mit dem Mann: Sein Kind war von einem Pädophilen entführt, ermordet und vergewaltigt worden. In ihm drin war alles tot. »Können wir Sie nach Hause bringen?«
    Etwas, was vielleicht mal ein Lächeln gewesen war, kroch über das unrasierte Gesicht des Mannes. »Ich gehe gern spazieren.« Er hob eine Hand und schwenkte sie im Kreis, deutete auf die verschneiten Gehsteige und matschigen Straßen. »Ich suche Peter.« Tränen stiegen ihm in die Augen und rannen über die geröteten Wangen. »Sie haben ihn laufen lassen!«
    »Wen haben wir …« Logan brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er Roadkill meinte. »Mr. Lumley, er …«
    »Ich muss gehen.« Lumley machte kehrt und lief schlitternd und stolpernd durch den gefrorenen Schnee davon.
    Seufzend sah Logan ihm nach und stieg dann wieder in den Wagen.
    »Ein Freund von Ihnen?«, fragte Watson, als sie sich in den Verkehr einfädelte.
    »Der Junge, den wir in der Toilette gefunden haben – das war sein Vater.«
    »Mein Gott, der Arme!«
    Logan erwiderte nichts.
    Sie ließen den Wagen auf einem Parkplatz » nur für Krankenhauspersonal « stehen und betraten den Empfangsbereich. Die Eingangshalle war groß, geräumig und offen angelegt, das Wappen des Krankenhauses schmückte den Fußboden. Eine Ecke wurde von einem ausladenden, geschwungenen Empfangsschalter mit Holzverkleidung eingenommen. Logan fragte höflich, wo er Mr. Douglas MacDuff finden könne, und zwei Minuten später klackerten ihre Schritte über den Linoleumbelag eines langen Flurs.
    Desperate Doug lag in einem Einzelzimmer, bewacht von einem jungen Constable, der ein Buch las. Als sie eintraten, fuhr er hoch wie ein ertappter Missetäter und ließ den Ian Rankin rasch unter seinem Stuhl verschwinden.
    »Ist schon in Ordnung, Constable«, sagte Logan. »Ich werd’s niemandem verraten. Holen Sie uns drei Kaffee, und dann dürfen Sie sich wieder Ihren Heldensagen aus dem schottischen Polizeialltag widmen.«
    Erleichtert machte der Constable sich aus dem Staub.
    Es war heiß in Desperate Dougs Zimmer. Die tief stehende Dezembersonne knallte durchs Fenster herein, Staubkörnchen tanzten träge in ihren Strahlen. Hoch oben an der Wand gegenüber dem Bett flimmerte ein Fernseher ohne Ton vor sich hin. Der Patient lag auf Kissen gestützt im Bett, und er sah fürchterlich aus. Seine rechte Gesichtshälfte war von Blutergüssen übersät, und sein getrübtes Auge war fast völlig zugeschwollen, aber trotz der Schwellungen sah Desperate Doug hager und eingefallen aus. Es fiel schwer, zu glauben, dass dies der Mann war, der Logan gestern beinahe mit bloßen Händen ins Jenseits befördert hätte.
    »Morgen, Dougie«, sagte Logan, während er sich den Besucherstuhl aus der Ecke heranzog und sich am Fußende des Bettes niederließ.
    Der Patient schien Logans Anwesenheit überhaupt nicht zu registrieren. Er lag nur regungslos da und blickte starr zu der lautlos flimmernden Mattscheibe empor. Logan folgte seinem Blick und sah dann Constable Watson an. Sie nahm die Fernbedienung vom Nachttisch und schaltete den Fernseher aus.
    Der alte Mann gab einen gedehnten, rasselnden Seufzer von sich. »Ich wollte das eigentlich sehen.« Seine Aussprache war undeutlich und zischend, und Logan bemerkte zum ersten Mal das Gebiss, das in einem Glas Wasser neben dem Bett stand.
    »Urrgh, steck dir doch um Himmels willen die Zähne rein, Doug. Du siehst aus wie eine Schildkröte!«
    »Leck mich«, sagte Doug, aber er schien nicht so recht mit dem Herzen bei der Sache zu sein.
    Logan lächelte. »So, nachdem wir jetzt die obligatorischen Höflichkeiten ausgetauscht haben, können wir vielleicht mal zum Geschäft kommen, okay? Du hast George Stephenson, genannt

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