Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
›Geordie‹, ermordet.«
»Quatsch.«
»Komm schon, Doug. Wir haben alle Beweise, die wir brauchen. Die Bissspuren an seinen Beinen stimmen mit dem Gebiss deines Hundes überein. Seine Kniescheiben wurden mit einer Machete abgehackt – wenn das nicht die Handschrift von Doug MacDuff ist! Wie ist es abgelaufen? Haben die McLeod-Brüder ihn festgehalten, während du an ihm rumgesäbelt hast?«
Doug schnaubte verächtlich.
»Komm jetzt, Dougie, du willst mir doch nicht weismachen, dass du so einen großen, kräftigen Burschen ganz allein festgehalten hast, während du ihm die Knie abgesäbelt hast? Wie alt bist du – neunzig?« Logan lehnte sich auf dem Stuhl zurück und legte einen Fuß auf die Bettkante. »Wie wär’s, wenn ich dir erzähle, wie es sich in meinen Augen abgespielt hat, okay? Du kannst ja gerne dazwischenfunken, wenn ich Unsinn erzähle.«
Constable Watson stand unterdessen still und unauffällig in der Ecke und machte sich Notizen.
»Geordie Stephenson kommt nach Edinburgh, um ein kleines Geschäft abzuwickeln. Er ist gut drauf, und er denkt sich, wenn ich schon mal hier bin, kann ich doch gleich mal ein Spielchen wagen. Also klappert er die Buchmacher ab, und im Nu hat er einen Haufen Kohle verloren. Nur leider kann er seine Schulden nicht bezahlen. Und im Turf ’n Track wird so was gar nicht gerne gesehen.« Logan machte eine Pause. »Wie viel haben sie dir zugesteckt, damit du ihn erledigst, Doug? Mehr als die Rente von einer Woche? Von zwei Wochen? Von einem Monat? Ich hoffe, es war nicht zu wenig, Dougie, weil George Stephenson nämlich für Malk the Knife gearbeitet hat. Und wenn der rausfindet, dass du einen seiner Leute abgemurkst hast, wird er dir bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren ziehen.«
Ein Lächeln spielte um Dougs zahnlosen Mund. »Du redest einen solchen Scheiß.«
»Findest du? Mensch, Dougie, ich hab mit eigenen Augen gesehen, was übrig bleibt, wenn Malkies Jungs sich einen vorknöpfen. Arme, Beine, Schwänze … Da hast du keine Chance.« Logan zwinkerte ihm freundlich zu. »Aber ich mach dir ’nen Vorschlag: Du erzählst uns alles über Simon und Colin McLeod, und ich sorge dafür, dass du irgendwo eingesperrt wirst, wo Malkie nicht an dich rankommt.«
Und an dieser Stelle fing Doug doch tatsächlich an zu lachen.
Logan runzelte die Stirn. »Was ist?«
»Du hast …« Der Satz wurde von einem Husten unterbrochen, einem trockenen Pfeifen, das den Körper des alten Mannes durchschüttelte. »Du hast doch keinen …« Wieder ein Hustenanfall, von tiefer unten als der erste; langsam schien er sich bis in die Lungen vorzuarbeiten. »… doch keinen …« Wieder Husten. »… doch keinen blassen Schimmer …« Diesmal wackelte das ganze Bett, als der Anfall Doug vor und zurück warf. Zitternd hielt er sich eine hagere Hand vor den Mund. Schließlich fiel er auf das Kissen zurück und wischte sich die Hand an der Pyjamajacke ab. Ein schwärzlich roter Fleck blieb zurück. »Oder, Mr. … Bullenschwein?«
»Soll ich einen Arzt holen?«, fragte Logan.
Der alte Mann lachte bitter, bis das Lachen in einen weiteren Hustenanfall überging. »Hat doch keinen Zweck«, keuchte er zwischen kurzen, rasselnden Atemzügen. »Einer von den Burschen war heute Morgen bei mir. Ich hab’s dir doch schon gesagt, Mr. Bullenschwein – ich hab Krebs. Bloß ist jetzt nicht mehr die Rede von ein oder zwei Jahren. Jetzt sagt der Arzt, ich hab noch einen Monat.« Er klopfte sich mit der blutbeschmierten Hand auf die Brust. »Ein einziger fetter Tumor.«
In dem nun folgenden Schweigen schwebten Staubkörnchen vorüber, jedes einzelne ein goldener Funke im hereinströmenden Sonnenlicht.
»Und jetzt verpiss dich und lass mich in Ruhe sterben.«
Bernard Duncan Philips hatte kein Einzelzimmer. Auf der Intensivstation musste er sich eines mit einem anderen Patienten teilen. Sein schmales Krankenhausbett war umstellt von Apparaten. Monitore, Beatmungsgeräte – sie hatten Roadkills lädierten Körper mit allem verkabelt, was die moderne Technik zu bieten hatte. Logan und Watson standen in der Tür und schlürften den lauwarmen, nach Plastik schmeckenden Kaffee, den der Constable ihnen endlich doch noch gebracht hatte.
Desperate Doug hatte schon übel ausgesehen, aber Roadkill bot einen noch schlimmeren Anblick. Überall weiße Bandagen, die Haut in den Zwischenräumen grün und blau. Sie hatten ihm beide Arme und ein Bein in Gips gelegt, seit Logan ihn zuletzt gesehen hatte. Wie in
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